Amtsinhaber Jürgen Troll will Heimsheimer Bürgermeister bleiben, Nastassia Di Mauro möchte die neue Rathauschefin werden.

Heimsheim - Für einen ersten Versuch hat sie eigentlich ganz gut geklappt, die virtuelle Kandidatenvorstellung zur Bürgermeisterwahl am Sonntag, 25. April, auch wenn für eine echte Live-Atmosphäre die direkten Fragen und Reaktionen des Publikums fehlten. Ein Klick auf den entsprechenden Link auf der Homepage der Stadt – und schon war man am Freitagabend pünktlich per Livestream dabei.

 

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Zu sehen sind an mit Blumen geschmückten Bistrotischen die beiden Bewerber um den Bürgermeistersessel, Jürgen Troll und Nastassia Di Mauro. Neben ihnen steht Stadtrat Walter Müller, stellvertretender Bürgermeister und Vorsitzender des Wahlausschusses. Er begrüßt das unsichtbare Publikum an den Bildschirmen und den Moderator des Abends, Eberhard Stößer aus Heimsheim, einen ehemaligen Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Stuttgart. Nicht zur Online-Kandidaten-Schau erschienen ist der Dauerbewerber Samuel Speitelsbach aus dem Neckar-Odenwald-Kreis. Er hatte gar nicht auf die Einladung reagiert, erklärt Walter Müller.

Jürgen Troll ist seit 2013 Bürgermeister in Heimsheim. Foto: Brunhilde Arnold

Die Bewerber dürfen sich jeweils alleine 15 Minuten vorstellen. Amtsinhaber Jürgen Troll, der in Weissach wohnt, weist mehrfach auf seinen Wahlkampf-Flyer mit den wesentlichen Inhalten hin. Als „sein besonderes Anliegen“ nennt er die Stadtkernentwicklung, deren Realisierung nun bevorstehe. Die Kinderbetreuung sei in den acht Jahren seiner Amtszeit von zehn auf jetzt 21 Gruppen ausgebaut worden. Die Finanzlage der Stadt sei gut.

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Bei seinem Amtsantritt vor acht Jahren habe die Stadt 5,5 Millionen Euro Rücklagen gehabt und 800 000 Euro Schulden, heute habe man 7,4 Millionen Rücklagen und 200 000 Euro Schulden. „In den letzten Tagen höre ich, dass der Heimsheimer Haushalt wieder in Ordnung gebracht werden muss“, sagt Troll. Er wisse nicht, von welchem Haushalt da die Rede sei. „Unserer ist es nicht“, betont er. „Etwas anderes zu behaupten, ist nicht seriös.“

Damit zielt er wohl auf Äußerungen seiner Mitkandidatin ab, die später in ihrem Statement sagt, die Leistungsfähigkeit des Heimsheimer Haushalts habe sich verschlechtert, der Ergebnishaushalt 2021 weise ein Defizit von 3,6 Millionen auf, und erstmals seit Jahren sei eine Kreditaufnahme geplant. „Das will ich ändern“, verspricht sie. Vielleicht ebenfalls mit Blick auf seine junge Herausforderin weist Troll nicht nur auf seine langjährige Erfahrung in der Kommunalpolitik hin, sondern auch auf seine persönliche Situation: Er sei 56 Jahre alt, noch fit, die Kinder erwachsen. Und bei der Familienplanung haben er und seine Frau „längst einige Haken drangemacht“.

Nastassia Di Mauro will am 25. April neue Rathauschefin werden. Foto: Brunhilde Arnold

Die aus Tuttlingen stammende Nastassia Di Mauro hingegen beschreibt sich als ledig, 32 Jahre alt und Verwaltungsfachangestellte mit Fortbildung zur Verwaltungsfachwirtin, seit 2013 im gehobenen Dienst. Sie leitet den Fachbereich Bürgerservice und Zentrale Dienste (vormalige Bezeichnung: Hauptamt) in der Gemeinde Marxzell. Seit 15 Jahren arbeitet sie in der öffentlichen Verwaltung und hat die Erfahrung gemacht, dass man an verantwortlicher Stelle stehen muss, wenn man Strukturen verändern will.

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In ihrer Vorstellungsrede verwendet sie oft Begriffe wie Vertrauen und Transparenz. So sagt sie etwa, dass sie das zum Großteil verloren gegangene Vertrauen zwischen Gemeinderat und Verwaltung wieder herstellen wolle. Sie wolle ein familienfreundliches Heimsheim mit ausreichend Betreuungsmöglichkeiten schaffen. Bezahlbarer Wohnraum stehe auf ihrer Agenda und die Anliegen von Senioren, das Stärken der Ehrenamtlichen und die Ansiedlung von Gewerbe. „Unsere Stadt und unsere Bürger“ seien für sie eine „Herzensangelegenheit“. Dass sie großen Wert auf die Meinung der Bürgerschaft legt, betonte sie mehrfach. „Ich stelle Ihnen aktiv die Frage, ob all die beschlossenen Maßnahmen in Ihrem Sinne sind“, sagt sie in punkto Stadtkernentwicklung. Sie wolle eine „menschliche, kommunikative und ehrliche Bürgermeisterin sein, zu der Sie Vertrauen haben können“, schließt sie ihr Statement.

Die Bürger haben viele Fragen

In der Fragerunde ist nun der Moderator Eberhard Stößer gefordert. „Prügeln Sie mich nicht für die Fragen, ich lese wirklich nur vor, was Bürgerinnen und Bürger eingereicht haben“, sagt er. „Keine einzige Frage stammt von mir“, betont er. Er habe nicht zensiert, sondern lediglich gebündelt und da gekürzt, wo Statements abgegeben wurden. So trägt Stößer Fragen vor wie etwa zur Stadtkernentwicklung, zum Thema Windkraftanlagen (Troll: „Windenergie ja, aber mit gebührendem Abstand von Siedlungsfläche und Artenschutz berücksichtigen.“, Di Mauro: „Solange es keinen Nutzen für uns hat, sind wir gegen Windkraft.“ - und zur Kinderbetreuung). Die Zukunft des Schleglerschlosses haben beide Kandidaten im Blick, beiden liegt die Förderung der Vereine am Herzen.

Gefragt wird nach den Prioritäten für die großen Projekte und dem Konflikt zwischen Wohnraumbedarf und der Landwirtschaft, für den beide keine leichte Lösung sehen. Was mit den sechs Grundstücken am Lailberg II geschehe, die nicht verkauft wurden, will ein unsichtbarer Fragesteller wissen. Die wolle man an einen Bauträger geben, so Troll. Dort könne man dann auf dem Verhandlungsweg auch bezahlbaren Wohnraum schaffen. Di Mauro erwidert, dass sie darüber mit vielen Menschen vor Ort gesprochen habe, „die wollen keine Änderung des Bebauungsplans, sie haben auf ihn vertraut“.

Von Jürgen Troll will man wissen, wie es um die harmonische Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat bestellt sei. Troll: „Ich bin mit der Zusammenarbeit zufrieden.“ Er würde sich zwar manchmal auch mehr Harmonie wünschen, er werde aber immer seinen Teil dazu beitragen. „Ich gebe aber auch zu, dass es in der Vergangenheit manchmal schwierig war.“

Wer unterstützt wen im Wahlkampf?

Von wem sie unterstützt werde und wie sie ihren Wahlkampf finanziere, wird Nastassia Di Mauro gefragt. „Ich bin nicht Bürgermeisterin für ein paar Gemeinderäte, sondern für alle“, betont sie. Sie werde im Wahlkampf unterstützt, „das ist legitim und in Ordnung“, so die Bewerberin, ohne Näheres zu den Unterstützern zu sagen. Er finanziere den Wahlkampf selbstverständlich allein, wolle unabhängig sein, sagt Jürgen Troll auf Nachfrage.

Was sie künftig anders machen wolle als der Amtsinhaber, will einer von der Bewerberin wissen. Sie möchte, dass Dinge gemeinschaftlicher funktionieren. „Ich will anders, besser kommunizieren.“