Hauptamt oder Ehrenamt? Die Nachfolge von Jürgen Widmann löst vor der Feuerwehr-Hauptversammlung eine Diskussion aus.

Weil der Stadt - Da hilft die beste Planung nicht: Dass es sich bei der ersten digitalen Mitgliederversammlung der Freiwilligen Feuerwehr von Weil der Stadt eben um genau das handelte – eine Versammlung der Feuerwehr – wurde spätestens klar, als die Veranstaltung am vergangenen Samstag kurz unterbrochen werden musste. „Wie real und wichtig die Feuerwehr ist, hat man zwischenzeitlich deutlich gemerkt, als wir wegen eines Einsatzes pausieren mussten“, erinnert sich der Weil der Städter Bürgermeister Christian Walter, der bei der Hauptversammlung ein Grußwort sprach.

 

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Mit etwas Verspätung brachten die Freiwillige Feuerwehr und die rund 150 Teilnehmer die Veranstaltung dann aber doch glatt über die Bühne – und wählten bei dieser ersten digitalen Hauptversammlung einen neuen ehrenamtlichen Gesamtkommandanten und zwei Stellvertreter. Mit 83 Prozent der Stimmen sprachen sich die Teilnehmer für Wolfgang Bäuerle aus, der in den vergangenen sieben Jahren bereits stellvertretender Kommandant bei der Freiwilligen Feuerwehr war. Außerdem wurden die beiden neuen Stellvertreter Achim Koch und Harald Kschischek gewählt.

Ehrenamt oder Hauptamt?

Mit der Wahl am vergangenen Samstag neigt sich die 15-jährige Amtszeit des bald ehemaligen Feuerwehrkommandanten Jürgen Widmann dem Ende zu. Bereits frühzeitig hatte er erklärt, sich nach diesen drei Amtsperioden nicht mehr zur Wahl aufstellen zu lassen. Wie genau Widmanns Nachfolge gestaltet werden sollte, hatte im Vorfeld zu einigen Diskussionen bei der Feuerwehr und der Stadtverwaltung geführt. Zentrale Frage war dabei besonders: Bleibt der Posten des Feuerwehrkommandanten auch in Zukunft ein Ehrenamt? Oder könnte nicht gar ein hauptamtlicher Kommandant eingestellt werden?

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Widmann, der selbstständig ist und für drei Wahlperioden ehrenamtlicher Feuerwehrkommandant war, spricht mit Rückblick auf seine Amtszeit von einem „großen Arbeitsaufwand“. Die Kommandantenarbeit im reinen Ehrenamt sei „kaum machbar“, selbst mit der Unterstützung eines Stellvertreters. Diese Erfahrung teilt auch sein ehemaliger Vize Wolfgang Bäuerle. „Die Stelle des Kommandanten zu hundert Prozent im Ehrenamt zu stemmen, ist für jemanden, der nebenbei noch berufstätig ist, kaum möglich.“ Viel zu tun gibt es bei der Weil der Städter Feuerwehr allemal: Fünf Einsatzabteilungen in den Ortsteilen Weil der Stadt, Merklingen, Münklingen, Hausen und Schafhausen decken die insgesamt 190 ehrenamtlichen Einsatzkräfte ab.

Feuerwehrausschuss spricht sich für Ehrenamt aus

Um andere Möglichkeiten für Widmanns Nachfolge zu erörtern, hatten sich Feuerwehr und Vertreter der Stadtverwaltung zu zwei Workshops im Februar und März getroffen. „Der Impuls, sich die Hauptamtlichkeit überhaupt anzuschauen, kam von der Feuerwehr“, berichtet der Bürgermeister Christian Walter. Klar sei für ihn von Anfang an aber auch gewesen, dass der Wunsch der Feuerwehr schlussendlich entscheidend sei. „Wenn die Feuerwehr das so will, dann machen wir das so“, sagt Walter.

„Die Verwaltung war immer offen“, kommentiert Bäuerle den Entscheidungsprozess der vergangenen Wochen. Die Entscheidung zwischen Haupt- und Ehrenamt beschreibt er als „Patt-Situation“, beides habe Vor- und Nachteile. Durch das Hauptamt könne eine ganze Stelle für den Feuerwehrkommandanten geschaffen werden. Der Posten müsste nicht mehr zusätzlich zum normalen Berufsalltag gestemmt werden. Ein Kommandant im Hauptamt würde, im Gegensatz zum Ehrenamtler, aber nicht mehr alle fünf Jahre gewählt, sondern eben von der Stadt angestellt werden. „Das kann gut gehen, aber auch in die Hose“, findet Bäuerle.

Um sich dieses Stück Demokratie zu erhalten, sprach sich der Feuerwehrhauptausschuss schließlich doch gegen das Hauptamt aus – und ließ damit den Mitgliedern die Wahl. Mit 83 Prozent der Stimmen sieht Wolfgang Bäuerle das nun auch bestätigt. „Das ist ein klarer Zeichen dafür, dass unsere Basis hinter der Entscheidung steht.“

Zusätzlicher Stellvertreter soll Arbeitspensum senken

Um die Arbeitsbelastung für den neuen Kommandanten zu verringern, wünschte sich der Feuerwehrausschuss allerdings einen zusätzlichen Stellvertreter. Mit einer Änderung der Feuerwehrsatzung, die Ende April im Gemeinderat beschlossen wurde, war das pünktlich zur Wahl möglich. Und noch ein Faktor macht die zukünftige Arbeit für Bäuerle und seine Stellvertreter etwas leichter: Alle drei sind sowieso Angestellte der Stadt, Koch und Kschischek im Gebäudemanagement, Bäuerle sogar bei der Feuerwehr. Dort kümmert er sich als einer von zwei feuerwehrtechnischen Angestellten um die Wartung der Ausrüstung. „Natürlich geht nicht alles während der Arbeitszeit, meine regulären Aufgaben dürfen nicht auf der Strecke bleiben“, sagt Bäuerle.

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Auch der Bürgermeister sieht die Festanstellung des Kommandanten und seiner Stellvertreter bei der Stadt als eine Art Zwischenlösung. „Ich bin froh, dass sich diese drei Ehrenamtlichen gefunden haben“, sagt Walter abschließend. „Wir als Stadtverwaltung geben ihnen auf jeden Fall Rückendeckung.“

In der Sitzung am Dienstag, 18. Mai, folgt noch die offizielle Ernennung durch den Gemeinderat – dann haben Bäuerle, Koch und Kschischek ihre Ämter wirklich inne. Wolfgang Bäuerle ist zuversichtlich: „Mir ist diese Feuerwehr ans Herz gewachsen“, sagt er. „Wir schaffen das.“ Davon ist auch sein Vorgänger Widmann überzeugt. Er freut sich auf weniger Stress: „Jetzt wird für mich und meine Familie vieles einfacher.“