Pandemiebedingt bezeichnet er die momentane Situation allerdings als die Ruhe vor dem Sturm. Abend- und Wochenendtermine sind sehr überschaubar. „Da kann ich mich in aller Ruhe am Schreibtisch in die Verwaltungsarbeit vertiefen“, sagt Christian Walter. Doch er freut sich darauf, wenn er endlich wieder raus kann zu den Menschen.
Aus dieser kontaktarmen Zeit macht er das Beste, nutzt dabei die modernen Kommunikationsmöglichkeiten auf Facebook und Instagram, um seine Arbeit transparent zu machen, um die Bürgerinnen und Bürger mit ins Boot zu holen, und um ihnen zu erklären, welche Themen gerade anstehen. „Wenn man damit aufgewachsen ist, läuft das so nebenbei. Ich versuche auch, so weit es die Zeit zulässt, möglichst viele Fragen zu beantworten.“
Für seinen monatlichen virtuellen Rückblick will er sich regelmäßig ein Stündchen Zeit nehmen. „Hierfür habe ich mir ein kleines Stativ geleistet, schnappe mein Handy, sitze dann hier in meinem Büro und rede in die Kamera.“ Christian Walter hofft, damit auch junge Menschen für die Lokalpolitik begeistern zu können. „Ich bekomme bis jetzt auf allen Kanälen viele positive Rückmeldungen.“ Auch die telefonische Sprechstunde kam gut an.
Zusammenarbeit mit der „Energie Calw“
Die ersten hundert Tagen seien bereits sehr arbeitsintensiv gewesen, auch mit dem Gemeinderat zusammen. Das erste wichtige Projekt? Die Gründung einer Gesellschaft mit der „Energie Calw“ (EnCW). „Der erste Schritt in Richtung Stadtwerke, was mein Vorgänger schon gut vorbereitet hat.“ Im nächsten Gemeinderat am Dienstag sollen Nägel mit Köpfen gemacht und die Gesellschaft soll beschlossen werden.
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Auch die Diskussion um Tempo 30 für die Ortsdurchfahrt-Straßen von Weil der Stadt, Merklingen, Münklingen und Hausen hat Christian Walter „geerbt“. Der Gemeinderat gab nach einer scharfen Debatte Ende des vergangenen Jahres auf der Grundlage des Lärmaktionsplans nun der Stadtverwaltung grünes Licht, dies zu beantragen. Die Entscheidungen müssen jetzt das Regierungspräsidium Stuttgart und das Landratsamt treffen, da es sich um Kreis- und Landstraßen handelt. „Ich versuche fair zu moderieren, akzeptiere auch andere Meinungen“, beschreibt Walter seinen Führungsstil.
Sanierungen, bezahlbares Wohnen und Bürgerbeteiligung
Auf der To-do-Liste steht einiges mehr: unter anderem das Baugebiet Häugern, bezahlbares Wohnen sowie die Sanierung der Schulen und des Marktplatzes – letzteres ist in vollem Gange. Christian Walter will auch die Bürgerbeteiligung mit Hilfe einer App und Expertenrunden in Angriff nehmen. Im März steht die Verabschiedung des Haushaltes an, noch im ersten Halbjahr wird der Schultes mit dem Gemeinderat zum Thema Finanzen in die Klausur gehen. „Ideen und tolle Themen, die ein neuer Bürgermeister mitbringt, scheitern gefühlt zu 99 Prozent an der finanziellen Lage der Stadt, die weitere Kredite aufnehmen muss.“ Das sei ein grundsätzliches Problem. „Kommunalpolitik ist kein Wettbewerb der Ideen, sondern eine Verwaltung des Mangels und viel Konfliktmanagement.“
Im Rathaus ist das neue Stadtoberhaupt angekommen. Eine kleine Zweitwohnung hat er bereits gefunden, wenn es sich abends nicht mehr lohnt, nach Stuttgart zu fahren. Christian Walter will mit seiner Partnerin nach Weil der Stadt ziehen, sucht noch die passende Wohnung. „Vielleicht finde ich irgendwann auch mal wieder Zeit, Handball zu spielen.“
Eine große sportliche Leidenschaft des 30-Jährigen. Unter anderem hat er beim TSV Weinsberg II in der Landesliga gespielt, bekam sogar bei der Ersten einen Einsatz in der Baden-Württemberg-Oberliga. Zuletzt war er mit der HSG Gablenberg/Gaisburg in der Bezirksklasse aktiv. „Leider gibt es in Weil der Stadt keine Handball-Abteilung, und ich werde nicht die Zeit haben, eine zu gründen“, sagt er und lacht. Immerhin hat er ortsnah in Renningen oder Magstadt Möglichkeiten.