Meinung: Kultur erfreut nicht nur die Sinne, sondern ist auch ein wichtiger Standortfaktor. Das zeigt nicht nur Leonpalooza, kommentiert LKZ-Redaktionsleiter Thomas K. Slotwinski.

Kultur zieht. Das ist in diesen Tagen bei den Festivals unserer Region zu beobachten: den großen Jazz Open oder dem kleinen, aber nicht minder qualitativen, Leonpalooza. Die Menschen wollen nach einer mehr als zwei Jahre währenden Durststrecke wieder gemeinsam etwas erleben. Sie gehen raus. Davon profitieren nicht nur die Veranstalter, sondern zudem Restaurants, Bars, Geschäfte und andere Anbieter. Viele Menschen entdecken ihre Stadt neu.

 

Kultur ist also das, was im Wirtschaftsdeutsch ein weicher Standortfaktor genannt wird. Die Attraktivität einer Stadt bemisst sich auch an ihrem Angebot. Wenn „etwas los“ ist, steigt die Motivation, dort mehr Freizeit zu verbringen – im Idealfall sogar in diesen Ort der Lebendigkeit hinzuziehen.

Attraktivität ist entscheidend

Diese Gleichung betrifft übrigens nicht nur private Überlegungen. Auch für Unternehmen ist das Profil einer Kommune ein zentrales Kriterium. Im Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte kann ein attraktives Umfeld mitentscheidend sein. Es ist nicht der zentrale Aspekt, aber ein gewichtiger.

Deshalb ist es gut, dass sich die Stadt Leonberg ein Festival vom Format Leonpalooza leistet. Der immer mal wieder zu hörende Vorwurf, das Angebot richte sich nur an ein zahlungskräftiges Publikum, verfängt nicht. Die Eintrittspreise sind zumeist günstiger als bei ähnlichen Angeboten in Großstädten. Und dort sind die Säle und Arenen in der Regel voll.

Einer von vielen Bausteinen

Was aber noch bedeutsamer ist: Dass eine Stadt wie Leonberg mittlerweile zum Zielpunkt internationaler Hochkaräter ist, bringt einen derartigen Imagegewinn mit sich, der mit keiner Marketingkampagne erreicht werden kann. Die Menschen staunen ob des Staraufgebots, und sie freuen sich, dass es bei ihnen ist.

Ein einziges Festival dieses Kalibers ist freilich nur ein Baustein im Gesamtbild. Die anderen Steine müssen auch passen. Etwa die Konzerte von Musikvereinen oder Rockbands, die endlich wieder eine Bühne haben.

Über die Schuhfabrik nachdenken

Die Stadtfeste in Weil der Stadt oder Korntal zeigen gut, dass Basiskultur die Mengen mobilisieren kann. Mit dem Strandsommer hat die Keplerstadt sogar ein Dauerangebot, das sich so eher selten findet.

Vor diesem Hintergrund lohnt es sich, über die Zukunft der alten Schuhfabrik in Leonberg noch einmal intensiver nachzudenken. Gewiss: Für eine aufwendige Sanierung fehlt der Stadt das Geld. Aber vielleicht ist im Dialog mit den dortigen Künstlern ein Weg zu finden, der Kreativität und wirtschaftliche Aspekte zusammenführt.