Der Gemeinderat stimmt gegen Mehrfamilienhäuser im Neugebiet Lailberg II. Auf den freien Bauplätzen sollen Doppelhaushälften entstehen.

Heimsheim - Wie fast überall im Speckgürtel der Region Stuttgart sind Mietwohnungen, dazu noch für Normalverdiener bezahlbare, absolute Mangelware. Das trifft auch in Heimsheim zu. Im Neubaugebiet Lailberg II hatte die Stadt sechs Grundstücke im Steinkauzweg beim Verkauf zurückbehalten, die eigentlich für drei Doppelhäuser vorgesehen waren, um eine Bebauung mit Mehrfamilienhäusern zu prüfen. Wie vom Gemeinderat beauftragt.

 

Keine Mehrheit für Mietwohnungen

Dies ist nun geschehen. Die Firma IEP Wohnen aus Leonberg hat die Grundstücke untersucht und hält auf der freien Fläche zwei Sechsfamilienhäuser für möglich. Weil die Zahl der Wohneinheiten aber von den Vorgaben im Bebauungsplan abweicht, müsste eine Befreiung erteilt werden. Das Landratsamt des Enzkreises habe zunächst in dieser Angelegenheit zurückhaltend reagiert und kein grünes Licht dafür gegeben, erklärte der Leiter des Bauamtes, Andor Varszegi. Inzwischen sei das Baulandmobilisierungsgesetz des Bundes verabschiedet, sodass das Projekt genehmigungsfähig sein müsste.

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Nach einiger Diskussion fand sich aber im Gemeinderat keine Mehrheit für den Mietwohnungsbau in diesem Neubaugebiet. Der Bürgermeister Jürgen Troll befürwortete zwar das Konzept und sagte, die Stadt habe schon viel gemacht für Menschen, die bauen wollen. Doch es gebe auch viel Bedarf an Mietwohnungen.

Ralf Rüth (CDU) sprach sich gegen diese Pläne aus und auch gegen den Verkauf an einen Bauträger: „Wir sollten die Grundstücke so verkaufen, wie es ursprünglich vorgesehen war.“ „Wir kriegen das dort nicht hin“, so die Einschätzung von Rolf Vetter (SPD) mit Blick auf die Mehrfamilienhäuser. Bei einem neuen Baugebiet müsse man den Mietwohnungsbau von Anfang an richtig einplanen.

Zwei-Zimmer-Wohnung für 1200 Euro

Seine Fraktionskollegin Hannah Hensler hätte zwar die Mehrfamilienhäuser mit bezahlbaren Wohnungen gut gefunden, aber im Sinne einer zügigen Bebauung sollten dort dann doch Doppelhäuser für junge Familien entstehen. Sie plädierte abermals für das Projekt eines Mehrgenerationenhauses in Heimsheim. Stefan Adelmann (Freie Wähler) sprach sich für die Option aus, die Flächen als Tauschobjekte zurückzubehalten, etwa für die bevorstehende Stadtkernsanierung. „Wir stehen nicht unter Zugzwang, das jetzt sofort zu bebauen.“

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Ganz anders beurteilten Sabine Kiedaisch und Gaby Wulff (Bürger für Heimsheim) die Situation. „Ich könnte mit der vorgelegten Planung mitgehen, der Bedarf ist da“, sagte Kiedaisch. Wulff pflichtete ihr bei. Ihre Fraktionskollegin Petra Beermann berichtete von ihrer schwierigen Suche nach einer Mietwohnung in der Stadt. „Da wird einem eine Zwei-Zimmer-Wohnung im Hochhaus für 1200 Euro angeboten“, so ihre Erfahrung.

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Bauamtsleiter Varszegi erklärte, dass es sich bei den angedachten Mehrfamilienhäusern nicht um sozialen Wohnungsbau handele, von dem bei den Bewohnern im Neubaugebiet rasch die Rede gewesen sei. Vielmehr gehe es um Mietwohnungen, bei denen sich der Bauträger verpflichtet, unterhalb der für Heimsheim geltenden Mietpreisschwelle zu bleiben, um Förderungen für das Projekt zu erhalten.

Wegen des geringen Angebots an Mietwohnungen in Heimsheim gilt in der Stadt die vom Land Baden-Württemberg verordnete gesetzliche Mietpreisbremse. Diese greift jedoch nicht bei Neubauten. Bei sechs Ja- und sechs Nein-Stimmen sowie zwei Enthaltungen gab es im Gemeinderat keine Mehrheit für die Option von zwei Mehrfamilienhäusern im Lailberg II.

Der Bürgermeister ist enttäuscht

Rathauschef Troll zeigte sich nach der Sitzung auf Nachfrage gegenüber unserer Zeitung enttäuscht: „Der Rat hat hier aus meiner Sicht die unterschiedlichen Begriffe – bezahlbarer Wohnraum contra sozialer Wohnraum – und die Ziele der Stadt – Daseinsvorsorge, Deckung des Bedarfs mit ausreichenden, bezahlbaren Mietwohnraum, möglichst dezentral in kleineren verträglichen Mehrfamilienhäusern – nicht vollumfänglich erfasst.“

Heimsheim gehöre zu den „wenig ruhmreichen Städten des Landes mit angespannten Wohnungsmärkten, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet“ sei, sagte Troll. „Die Gemeinderatsmehrheit verschließt meiner Meinung nach die Augen vor diesem Problem und der Realität und schenkt den Einzelinteressen einiger Nachbarn zu viel Aufmerksamkeit“, so die Kritik.

Es fehlen bis zu 80 Mietwohnungen

Eine kleine Befreiung vom Bebauungsplan, ohne die Anzahl der möglichen Wohneinheiten insgesamt zu überschreiten, wäre möglich gewesen. Damit sei eine wertvolle Gelegenheit, Mietwohnraum zu schaffen, vertan. 2018 fehlten in Heimsheim bereits 54 Mietwohnungen, heute seien es bestimmt schon 70 bis 80.