Vor 50 Jahren taten sich Renningen und Malmsheim im Zuge der Gemeindereform zusammen. Über die gemeinsame Zukunft wurde damals auch heiß diskutiert.

Zu den vielen Veranstaltungen der Stadt Renningen zum Zusammenschluss mit Malmsheim vor 50 Jahren gehörte ein Festakt am Samstag in der Stegwiesenhalle: Der frühere Bürgermeister Bernhard Maier und der ehemalige Stadtarchivar Mathias Graner, der jetzt in Weil der Stadt tätig ist, blickten auf die Geschichte der beiden Orte zurück und auf die Ereignisse, die zum Zusammenschluss am 1. März 1972 geführt hatten.

 

„Die Vor- und Nachteile eines solchen Zusammengehens sollten gut abgewogen sein“, führte der Bürgermeister Wolfgang Faißt in den historischen Rückblick ein. „Geht man heute durch unsere Stadt, kann man so viele Entwicklungen und Veränderungen sehen“, meinte Faißt, der seit 22 Jahren Bürgermeister der Rankbachstadt ist.

Malmsheim wollte nicht zu Weil der Stadt

Sein Amtsvorgänger Bernhard Maier war in der Hochphase der Verhandlungen zum Zusammenschluss Malmsheims mit Renningen als 26-Jähriger sehr am kommunalpolitischen Geschehen interessiert, wie er den Festgästen erzählte. Der Malmsheimer, der auch Vorsitzender des TSV war, arbeitete als Kämmerer in Höfingen und verfolgte die Verhandlungen zwischen Malmsheim und Renningen aufmerksam. „Malmsheim war in seiner strukturellen Entwicklung deutlich zurückgeblieben“, sagte er und führte als ein Beispiel die fehlende Kläranlage an. Die Unzufriedenheit sei groß gewesen und „es war klar, dass in diesem Zustand die Selbstständigkeit nicht erhalten werden konnte.“ Klar sei auch gewesen, dass Malmsheim nicht dem Raum Weil der Stadt zugeordnet werden wollte, wie die Zielplanung es zunächst vorsah. Mit Renningen habe es bereits Gemeinsamkeiten gegeben, etwa die Wasserversorgung, die Waldbewirtschaftung oder den Kampf gegen den Militärflugplatz.

Aufgeheizte Stimmung

Als Anfang 1972 schließlich eine Vereinbarung zur Eingliederung des kleineren Malmsheim in das größere Renningen ausgehandelt worden war, hatten einige Malmsheimer, zu denen auch Bernhard Maier gehörte, den Eindruck, dass ihre Interessen nicht hinreichend berücksichtigt wurden, etwa mit Blick auf Möglichkeiten zur künftigen Entwicklung. Per Flugblatt taten sie ihren Unmut kund. In der folgenden Bürgerversammlung sei die Stimmung aufgeheizt und emotional gewesen, sehr zur großen Überraschung der Renninger Vertreter. „Ich sehe sie noch dort sitzen, die alten weisen Männer, und hatte als junger Kerle viel Respekt“, erzählte er von seinem Auftritt bei der Versammlung.

Weil die Zustimmung der Malmsheimer gefährdet schien, bekamen er und seine Mitstreiter den Auftrag, nachzuverhandeln, was ihnen offensichtlich zu ihrer Zufriedenheit gelang. Bei der Bürgeranhörung am 27. Februar 1972 stimmten die Malmsheimer mehrheitlich für die Eingliederung nach Renningen. Er habe seine Mission damit als beendet betrachtet, „aber da sollte ich mich gewaltig irren“, sagte Bernhard Maier. Noch 1972 wurde er Beigeordneter der neuen größeren Gemeinde und 1974 Bürgermeister. Dies blieb er bis zu seiner Wahl zum Landrat in Böblingen im Jahr 2000.

3, 5 Millionen D-Mark für den Zusammenschluss

Der Archivar Mathias Graner spannte einen weiten historischen Bogen von der frühen bäuerlichen Besiedlung der Gegend bis zur von der Landesregierung angeordneten Kreis- und Gemeindereform. Beim Land hatte man auf viele freiwillige Zusammenschlüsse gehofft, so Graner, was aber kaum passierte. So lobte man höhere Schlüsselzuweisungen aus. Im Fall von Renningen und Malmsheim waren das 3,5 Millionen D-Mark, die bei den Verhandlungen zwischen den Gemeinden durchaus eine Rolle spielten.

„Renningen und Malmsheim war klar, dass es keiner alleine schaffen kann, zumal andere Orte wie Warmbronn oder Magstadt kein Interesse an einem Zusammenschluss hatten“, so Graner. „Der vieldiskutierte Vertrag war damals so unglaublich wichtig, weil die Malmsheimer darin ihre Rechte festgelegt sahen“, erklärte er. Allerdings hatte Bernhard Maier schon zuvor gesagt: „Der Eingliederungsvertrag wurde später nicht mehr hervorgeholt, er wurde gelebt.“ Er kenne kein besseres Beispiel für eine gelungene Gemeindereform.

Eine ganze Woche voller Feierlichkeiten

Für ein so bedeutsames Jubiläum lassen es die Renninger und Malmsheimer bei einem einzelnen Festakt aber nicht bewenden. Eine ganze Woche lang wird gefeiert – mit Partys, Konzerten, Vorträgen und mehr. Bereits am Freitag ließ der Verein Kult & Fun mit seiner 70er-Jahre-Party und der Band Yvolution die alten Zeiten noch einmal aufleben. Und beim Familientag in der Mediathek erhielten die Besucher die Möglichkeit, Briefe an die Renninger der Zukunft zu schreiben. Diese sollen 50 Jahre eingelagert und zum 100-jährigen Jubiläum 2072 wieder ausgepackt werden.

An diesem Montag geht es um 19 Uhr direkt weiter mit einem Vortrag zum Jubiläum in der Mediathek, gehalten vom ehemaligen Stadtarchivar Mathias Graner.