Seit 50 Jahren sind Renningen und Malmsheim eine Einheit. Beide Orte haben eine lange eigene und gemeinsame Historie.

Renningen - Seit genau 50 Jahren, seit dem 1. März 1972, sind Renningen und Malmsheim eine Einheit. Wie viele Gemeinden in Baden-Württemberg, darunter Weissach und Flacht, haben sich die beiden Kommunen im Zuge der Gemeindereform zusammengeschlossen. Aufgrund der Coronapandemie hat die Stadt die Feierlichkeiten, die ursprünglich für Anfang März angesetzt waren, auf September verschoben.

 

Renningen wie auch Malmsheim blicken auf eine spannende Vergangenheit zurück, die selbst vor ihrem Zusammenschluss vieles verband, aber auch trennte, weiß der gebürtige Malmsheimer und frühere Renninger Stadtarchivar, Mathias Graner. „Beide Gemeinden haben eine jahrhundertelange eigene Geschichte“, erklärt der 40-Jährige. „Durch die direkte Nachbarschaft hat aber natürlich schon immer ein Austausch stattgefunden. Die Menschen haben auch über die Grenzen hinweg geheiratet.“

Um das Jahr 1000 werden beide erstmals urkundlich erwähnt

Wie ähnlich sich die Gemeinden entwickelt haben, zeigt sich schon mit Blick auf ihre ersten offiziellen Erwähnungen: Renningen taucht im Jahr 991 in einer Urkunde des Klosters Weißenburg auf, Malmsheim wird keine 100 Jahre später, im Jahr 1075, im Codex Hirsaugiensis erstmals erwähnt. Dabei reicht die gemeinsame Geschichte der beiden noch viel weiter zurück. Im Renninger Becken – Renningen liegt mitten darin, Malmsheim am Rande – wurden Überreste von Siedlungen gefunden, die zum Teil mehrere 1000 Jahre alt sind.

„Mann kann auf jeden Fall sagen, dass Renningen und Malmsheim beides Dörfer waren, ohne Stadtrechte, die immer landwirtschaftlich geprägt waren“, erklärt Mathias Graner. „Allerdings war Renningen schon immer etwas größer und wohlhabender, weil es die besseren Böden hatte.“ Dafür hatte Malmsheim noch für lange Zeit einen eigenen Ortsadel. Während Renningen schon ab dem 13. Jahrhundert zum Herzogtum Württemberg gehörte, blieb Malmsheim bis ins 15. Jahrhundert eigenständig.

Die Angst vor einer Zwangszusammenlegung treibt viele um

Was also brachte zwei Gemeinden mit so stolzer Geschichte dazu, sich zusammenzuschließen? „Das geht zurück auf die Verwaltungsreform in Baden-Württemberg.“ Nur Kommunen mit mindestens 8000 Einwohnern wurden als überlebensfähig eingestuft. Die Angst vor einer Zwangszusammenlegung wuchs. „Viele Gemeinden haben es trotzdem geschafft, eigenständig zu bleiben, manchen ist es aber tatsächlich passiert“, berichtet Graner.

In Renningen und Malmsheim wollte man es nicht so weit kommen lassen „und hat sich von selbst bewegt“. Natürlich gab es Widerstände, einige Malmsheimer stellten sogar symbolisch einen Galgen vor ihrem Rathaus auf und befürchteten das Schlimmste für ihre Gemeinde. Manche wollten außerdem lieber an Weil der Stadt angeschlossen werden als an Renningen. Letztlich einigte man sich aber auf eine gemeinsame Zukunft von Renningen und Malmsheim.

Viele betiteln sich immer noch gern als Malmsheimer

Heute, 50 Jahre später, haben Renningen und Malmsheim einen gemeinsamen Rat, mehrere Vereine haben sich mittlerweile zusammengetan, darunter das DRK. Seit dem Bau des Wohngebiets Schnallenäcker II sind die beiden Ortsteile sogar baulich näher zusammengerückt. Gleichzeitig identifizieren sich immer noch viele Bürger, besonders dort Geborene, mit ihrem Teilort und betiteln sich stolz als Malmsheimer, nicht als Renninger. Auch unter den Vereinen gibt es noch viele, die eigenständig in beiden Teilorten vertreten sind, zum Beispiel die Landfrauen, die Musikvereine und die Kleintierzüchter. Wie weit also ist die Einheit nach einem halben Jahrhundert vorangeschritten?

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Sehr weit, glaubt Mathias Graner – und das, obwohl er sich selbst offen als Malmsheimer bezeichnet. „Ich finde das aber auch völlig okay, wenn man von sich selbst sagt: Ich bin Malmsheimer. Wieso sollte ein Ort, der Jahrhunderte lang eigenständig war, plötzlich aus den Köpfen verschwinden?“ Das Bewahren der eigenen Identität und das Zusammenwachsen der beiden Teilorte sind für ihn kein Widerspruch.

Die gemeinsamen Schulen leisten einen großen Beitrag

„Ich glaube allerdings, dass dieses räumliche Zusammenwachsen mit Schnallenäcker II, das man von der Luft aus sieht, überhaupt nicht maßgeblich war“, sagt Mathias Graner. „Auch, wenn mein ehemaliger Chef, Wolfgang Faißt, das anders sieht“, ergänzt er schmunzelnd. Liege doch zwischen beiden Teilorten mit der Nord-Süd-Straße weiterhin eine dicke Trennlinie und gegenüber Schnallenäcker II kein Wohngebiet, sondern ein Gewerbegebiet.

Den größten Beitrag zum Entstehen einer Einheit, die nicht nur auf dem Papier existiert, haben nach seiner Erfahrung die Schulen geleistet. Denn die Malmsheimer Kinder wechseln nach der Grundschule auf eine der weiterführenden Schulen in Renningen. „So entstehen die engsten Verflechtungen, das habe ich bei mir selbst erlebt“, sagt Graner. Malmsheimer Schüler freunden sich mit Renningern an, treten in Renninger Vereine ein, Eltern und Familien kommen in Kontakt. Natürlich habe man sich als Jugendliche auch gerne damit aufgezogen. „Da waren wir halt immer die Malmsheimer, die mit dem Rad zur Schule kamen“, erinnert er sich und lacht. „Aber das war dann nur im Scherz.“