Grüne und Unabhängige Liste beantragen im Zuge des drohenden Verlustes von 16 Millionen Euro Akteneinsicht bei der Weissacher Rathausspitze.

Weissach - Die Fraktion der Grünen und der Unabhängigen Liste (UL) im Weissacher Gemeinderat haben bei der Rathausspitze Akteneinsicht beantragt, um alle Geldanlagen zu überprüfen, die die Kommune seit 2018 getätigt hat. Hintergrund ist der drohende Verlust von 16 Millionen Euro, die Weissach in den beiden vergangenen Jahren bei der insolventen Bremer Greensill Bank angelegt hat.

 

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In den Fokus geraten nun insbesondere die beiden zuletzt am 30. Oktober und 3. November 2020 angelegten Summen von 1,5 und einer Million Euro. Damals hatte nicht nur die Bankenaufsicht bereits gegen die spätere Pleite-Bank ermittelt. Auch die europäische Rating-Agentur Scope hatte das Geldhaus zu diesem Zeitpunkt schon von A- auf BBB+ herabgestuft. Mithin also auf einen Wert, der es nach der 2020 in Weissach gültigen Anlagerichtlinie eigentlich untersagt hätte, die beiden kurzfristigen Anlagen zu zeichnen.

Rathausspitze sieht kein Versäumnis

Sowohl Weissachs Bürgermeister Daniel Töpfer (CDU) als auch Kämmerin Karin Richter hatten in diesem Zusammenhang mehrfach betont, dass die Herabstufung des Ratings erst nachträglich mit dem Moratorium gegen die Greensill Bank bekannt geworden war, also erst Anfang März 2021. Nicht nur in der Sondersitzung des Gemeinderats am 23. März 2021, sondern auch im jüngsten kommunalen Mitteilungsblatt unterstrich deshalb die Rathausspitze, dass den Verantwortlichen kein unrechtmäßiges Verhalten vorzuwerfen sei. So heißt es erneut im aktuellen Amtsblatt der Gemeinde: „Alle betroffenen Geldanlagen waren durch die Anlagerichtlinie der Gemeinde Weissach gedeckt und erfüllten alle gesetzlichen Anforderungen.“

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Genau das, so kritisieren nun Grüne und UL, sei aber inzwischen zumindest in Bezug auf die beiden letzten Greensill-Anlagen der Kommune nachgewiesenermaßen falsch und damit eben auch die wiederholt geäußerte Behauptung, alles sei zu jeder Zeit korrekt verlaufen.

Rating-Herabstufung bereits im September?

Bloß eine kommunikative Ungenauigkeit oder doch bewusste Verschleierung der Tatsachen? Pierre Michael von der Fraktion der Grünen fällt hier kein endgültiges Urteil, unterstreicht jedoch: „Entgegen der immer wieder getätigten Aussage von Bürgermeister Töpfer, die Greensill-Anlagen seien stets konform mit der Anlagerichtlinie vorgenommen worden, steht die Herabstufung der Greensill Bank durch die Ratingagentur Scope vom 17. September 2020.“ Fakt sei, so Pierre Michael, dass die Gemeindeverwaltung das Rating entweder nicht geprüft oder wissentlich missachtet habe.

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Dass die Anlageberater und Finanzdienstleister der Kommune die Greensill Bank im Herbst 2020 tatsächlich noch mit A- bewertet und dies auch ins Weissacher Rathaus übermittelt hatten, wie Rathauschef Töpfer mehrfach betont hat, stellen die Kritiker dabei nicht grundsätzlich in Abrede. Auch andere geschädigte Kommunen, wie die Stadt Osnabrück, hatten Ähnliches im Zuge des Greensill-Skandals zu Protokoll gegeben.

Report zur Bank im Internet öffentlich einsehbar

Doch gerade deshalb bleibt im Zusammenhang mit dem Banken-Skandal eine der größten Ungereimtheiten, wie es dazu kommen konnte, dass der offizielle Scope-Rating-Report zur Greensill Bank AG, der die Abwertung auf BBB+ thematisiert und auf den 16. Oktober 2020 datiert, zwar seitdem im Internet öffentlich einsehbar ist, aber dennoch von niemandem rechtzeitig zur Kenntnis genommen worden war. Viele Kritiker der geschädigten Städte und Gemeinden leiten aus dieser Tatsache ab, dass im Grunde einfaches Googeln ausgereicht hätte, das tatsächliche Rating selbst zu ermitteln, dies aber unterlassen worden sei.

„Im nächsten Schritt hätten dann im Rahmen der regelmäßig vorzunehmenden Prüfungen alle anderen Greensill-Anlagen abgezogen werden müssen. All das ist aber nicht geschehen“, sagt Pierre Michael. Die beantragte Akteneinsicht soll nun mehr Licht ins Dunkel der Weissacher Finanzpolitik bringen.