Fast ein Viertel der kommunalen Finanzanlagen könnten durch die Pleite der Privatbank verloren gehen. Wie hoch das Finanzloch wirklich werden könnte, ist noch nicht abzusehen.

Weissach - Der Greensill-Skandal kann das reiche Weissach bis zu 16 Millionen Euro kosten. So hoch sind die Termingeld-Anlagen, die die Heckengäugemeinde bei der Bremer Pleitebank hält. Erst nachdem unsere Zeitung bereits am Montagabend Weissachs Bürgermeister um Aufklärung in der Sache gebeten hatte, ging Daniel Töpfer (CDU) am Dienstag mit einer Pressemeldung in die Offensive. Bis dahin hatte sich das Rathaus öffentlich, obwohl die Schließung der Bank längst bekannt war, nicht zu den Greensill-Einlagen der Kommune geäußert.

 

Nun ist klar: „Die Gemeinde hat in den Jahren 2019 und 2020 insgesamt Geldanlagen im Umfang von 16 Millionen Euro bei der Greensill Bank getätigt“, erklärte Daniel Töpfer. Diese Einlagen seien jetzt durch die staatlichen Maßnahmen gesperrt. „Ob ein finanzieller Schaden für die Gemeinde auftritt und falls ja, wie hoch dieser letztlich ausfällt, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen“, sagte der Weissacher Rathauschef. Die Kommune wolle nun zunächst alle Schadensersatzmöglichkeiten prüfen.

Weissach hat im Herbst bei der Greensill Bank angelegt

Die Krux: Anders als bei Privatkunden sind seit 2017 kommunale Guthaben bei Privatbanken nicht mehr durch den Einlagesicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) vor Ausfall geschützt. Gleichzeitig müssen die Kommunen, um für ihre Einlagen keine Negativzinsen zu erwirtschaften, seit geraumer Zeit höhere Risiken eingehen.

Töpfer betont, dass die bei der Greensill Bank getätigten Anlagen von den Analysten mit „A minus“ geratet waren, was einer guten Bewertung entspreche. „Im Ergebnis stelle ich fest, dass alle Entscheidungsträger der Kämmerei korrekt gehandelt haben“, sagte Töpfer.

Heftige Kritik äußerte der Bürgermeister an der Bankenaufsicht Bafin, die nach Medieninformationen angeblich schon 2020 gegen die Greensill Bank ermittelt hatte, ohne die Öffentlichkeit zu informieren. „Das hat mich schockiert“, sagte der Bürgermeister Daniel Töpfer. Weissach hatte noch im Herbst 2020 bei der Bank Geld angelegt.

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Erst im Januar hatte die Gemeinde zum zweiten Mal nach 2019 ihre Anlagerichtlinie für kommunale Investments gelockert. Standen dabei Ende 2019 die Gemeinderäte noch geschlossen hinter Bürgermeister Töpfer und seiner Kämmerin Karin Richter, so hatte die neuerliche Lockerung Anfang des Jahres für reichlich Kritik im Gremium gesorgt.

Der Grünen-Fraktion ging es deutlich zu weit, dass künftig eine Ratingbewertung von „BBB“ als Sicherheit ausreichen sollte, um die Weissacher Millionen gewinnbringend anzulegen. Die Bewertung „BBB“ gilt zwar noch als sicher, bewegt sich aber an der unteren Grenze.

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Zu hoch, kritisierte damals der Grünen-Gemeinderat Pierre Michael, sei das Risiko in der gegenwärtigen instabilen globalen Wirtschaftslage. Wo genau die insgesamt rund 69,9 Millionen Euro, die Weissach Stand Ende 2020 in 41 einzelnen Kapitalanlagen aufgeteilt hatte, schlummern, erfuhren die Gemeinderäte im Januar nebenbei zum ersten Mal.

Damals erregte es freilich bei den Gemeinderäten noch keinerlei Aufmerksamkeit, dass 22,89 Prozent der Finanzeinlagen der Gemeinde bei einer Bank namens Greensill ruhen – mithin also nahezu ein Viertel des Gesamtinvestments. 5,5 Millionen Euro sind bei der Bank in kurzfristigen Geldanlagen angelegt, 10,5 Millionen Euro in mittelfristigen.

Von der Schließung der Privatbank durch die Bafin in der vergangenen Woche sollen Berichten zufolge mehr als 50 Kommunen in Deutschland betroffen sein, die allesamt den vergleichsweise üppigen Renditeversprechen des Geldhauses erlegen waren. Auch Bürgermeister Töpfer bestätigt: „Die Zinssätze waren höher als alle anderen – wenngleich immer noch sehr niedrig.“

„Uns geht es um Transparenz“

Grünen-Gemeinderat Pierre Michael, Mitglied im Finanzausschuss, betonte am Dienstag, dass es seitens der Fraktion keine Schuldzuweisungen gebe: „Uns geht es um Transparenz.“ Der Kommunalpolitiker sieht jedoch seine Mahnung zur Vorsicht, die er im Januar im Rahmen der Debatte um die Einlagerichtrichtlinie im Gemeinderat deutlich geäußert hatte, bestätigt. Pierre Michael hält es nicht für ausgeschlossen, dass die damals verabschiedete Lockerung nun zurückgenommen werden muss.

Dafür sieht der Weissacher Bürgermeister Töpfer jedoch trotz der Ereignisse keine Notwendigkeit, da es, so der Rathauschef, für die Gemeinde zu keinen Zeitpunkt einen Anlass gab, die gute Greensill-Bewertung anzuzweifeln.

„Der logische Schluss aus diesem Ereignis wäre vielmehr, dass die Gemeinde überhaupt nirgendwo mehr Geld anlegt als bei der heimischen Hausbank und dort dann Negativzinsen bezahlt.“ Für den Rathauschef wäre dies jedoch ein „fataler Entschluss“.