Der Abriss der Renninger Sessler-Mühle ist bald abgeschlossen. Die Landwirte bedauern die allgemeine Entwicklung der Mühlenlandschaft sehr.

Renningen - Der Abriss der Sessler-Mühle in Renningen ist schon weit vorangeschritten. Auch wenn die Arbeiten noch bis Ende des Monats andauern werden – Keller und Fundamente müssen auch noch weg –, hat sich das Stadtbild von Renningen schon merklich verändert. Und das nicht nur optisch.

 

Die fehlende Mühle hat im wörtlichen und im übertragenen Sinne eine Lücke hinterlassen. Vor allem die Landwirte in Renningen und im Umkreis bedauerten damals den Verkauf und die Schließung der Mühle. Zwischenzeitlich haben die Betroffenen jeweils für sich eine Alternative gefunden, berichtet der Renninger Landwirt Andreas Kindler, CDU-Mitglied im Kreistag und ehemaliger Vorsitzender des Kreisbauernverbands. Das Bedauern über den voranschreitenden Schwund an regionalen Mühlen bleibt aber.

Landwirte mussten eine Alternative suchen

Letztes Jahr war die Mühle schon nicht mehr nutzbar, die Landwirte mussten sich also neu orientieren, was die Getreideabnahme angeht“, berichtet Kindler. Alternativen fanden sich zum Beispiel in Heimerdingen, Hemmingen und Mönsheim. Eine gute, aber keine ideale Lösung, weiß der Landwirt. „Es ist dadurch natürlich teurer geworden wegen der weiteren Strecken, und die Anfahrt dauert auch länger.“ Manche Betroffenen, die direkt aus dem Ort kamen, mussten sich ein neues Transportfahrzeug zulegen, das für die weiteren Strecken geeignet ist. Ein weiterer Vorteil der Sessler-Mühle: Wenn das Wetter mal nicht so gut und das Getreide feucht war, konnten es die hiesigen Landwirte, die dafür auf dem eigenen Hof keine Möglichkeit hatten, dort trocknen lassen, bevor sie es bei sich einlagerten.

„Und man darf nicht vergessen: Die Mühle war immer auch ein Treffpunkt“, erzählt Kindler. Landwirte nicht nur aus Renningen, sondern auch aus dem Stuttgarter Raum kamen dort zusammen, um sich auszutauschen. „Da ist schon ein Stück Stadtgeschichte verloren gegangen.“

Es fließt kein böses Blut, betont Kindler. Die Wogen, die beim Bekanntwerden des Mühlenverkaufs hochgeschwappt sind, haben sich längst geglättet. Aus Sicht der Nahversorgung bleibe der Verlust jeder regionalen Mühle aber ein großes Problem. Die Zahl der kleinen Mühlen in der Region ist in der Vergangenheit immer weiter zurückgegangen, die Getreideverarbeitung findet hauptsächlich in großen, zentralisierten Einrichtungen statt. „Alle sprechen immer von Nachhaltigkeit“, erinnert Andreas Kindler. Das bedeute vor allem Nähe: zum Erzeuger und zum Verbraucher.

Betreutes Wohnen entsteht

„Es ist schlimm, dass Einrichtungen, die zur Ernährungsnotversorgung dienen, so leichtfertig aufgegeben werden“, bedauert Kindler. Gerade die Pandemie habe gezeigt, wie wichtig es ist, die Grundversorgung aufrechterhalten zu können. „Die paar Mühlen, die wir noch in der Umgebung haben, die könnten einen Kreis wie Böblingen nie ausreichend mit Mehl versorgen.“ Es muss also immer von außen zugekauft werden. Inzwischen sei leider deutlich geworden, dass das in einer Notsituation keine Selbstverständlichkeit ist.

Immerhin: An der Stelle der Renninger Mühle wird eine ebenfalls wichtige Einrichtung stehen, wenn auch ganz anderer Art. Das Unternehmen Schweizer Immo Projekt wird auf dem Gelände der Sessler-Mühle eine Anlage für betreutes Wohnen errichten. Über Jahre hatte die Stadt vergeblich nach einem geeigneten Standort für ein solches Projekt gesucht. Die zentrale Lage der Mühle bot sich besonders an. In der „MeVita Mühlen-Residenz“ sollen mehr als 50 seniorengerechte Wohnungen entstehen. Vor Ort sollen die Bewohner auf individuelle Dienst- und Pflegeleistungen zurückgreifen können. 24 Stunden am Tag sollen Pflegekräfte im Haus präsent sein. Der Abriss der Mühle wird Ende Mai abgeschlossen sein, die Bauzeit der Wohnungen wird auf etwas über zwei Jahre geschätzt.