Kunden, Bürger und Landwirte bedauern das Sessler-Aus. Der Bürgermeister gibt eine Stellungnahme ab.

Renningen - Von Untertürkheim bis Reutlingen gibt es Sehne-Filialen. Und überall Produkte aus Mehl, das bislang in Renningen gemahlen wurde. Denn der Großbäcker Sehne aus Ehningen bezieht sein Mehl nicht nur von der Rettenmeier-Mühle in Horb, sondern auch von der Renninger Sessler-Mühle – noch. Sessler hat Anfang dieser Woche angekündigt, zum Jahresende zu schließen.

 

„Wir bedauern das, das ist richtig schade“, sagt der Chef Gerd Sehne. Täglich bekommt er eine Lieferung aus Renningen. „Wir setzen auf regionales Getreide, das ist auch unseren Kunden wichtig“, erklärt der Bäckermeister. Jetzt muss er sich umschauen und mit anderen Mühlenbetreibern in Baden-Württemberg verhandeln.

Nicht nur bei Sehne, Sesslers größtem Kunden, ist das Bedauern über das Aus der Mühle am Rankbach groß. Kunden des Mühlenladens sprechen darüber, auch in der LKZ-Redaktion melden sich am Tag nach Bekanntwerden der Nachricht Kunden, Bürger und Landwirte. In den sozialen Medien wird ohnehin rauf und runter diskutiert.

Im Februar wird die Mühle abgerissen

Weil er krank sei, könne er den Betrieb nicht weiterführen, hatte Martin Sessler erklärt. Das Grundstück mit dem Mühlen-Gebäude ist bereits verkauft, im Februar kommenden Jahres wird die Mühle abgerissen. Eine gemeinnützige Stiftung wird dort eine Wohnanlage mit Betreutem Wohnen errichten.

Die meisten Menschen wollen wissen: Warum hat die Stadt sich nicht mehr engagiert – sei es, um das historische Mühlengebäude aus den 50er Jahren zu erhalten, sei es, um das Filetstück in der Stadtmitte selbst zu entwickeln. Grundstücksangelegenheiten sind zwar vertraulich, die im Gemeinderat laut Gemeindeordnung unter Ausschluss der Öffentlichkeit beraten werden.

Der Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt (Freie Wähler) hat sich am Dienstagmorgen dann aber doch geäußert und ein schriftliches Statement veröffentlicht. Seine Kernthese: „Es handelt sich hierbei um eine rein private Angelegenheit“, schreibt Faißt. Weil das Gebäude nicht denkmalgeschützt sei, habe die Stadt „keine rechtlichen Einflussmöglichkeiten“.

Stadt hat schon vor Abschluss des Kaufvertrags von dem Immobiliendeal erfahren

Die Frage, ob der Renninger Bürgermeister überhaupt Interesse gehabt habe, das Gelände für die Stadt anzukaufen, bleibt damit weiterhin offen. Tatsache ist: Die Stadtverwaltung hat schon vor Abschluss des Kaufvertrags von dem Immobiliendeal erfahren. Denn „immerhin“, wie Wolfgang Faißt schreibt, habe er Sessler davon überzeugen können, an einen Investor für Betreutes Wohnen zu verkaufen, was für die Stadt ein „wünschenswerter sozialer Aspekt“ darstelle.

Wie es nun weitergeht, bleibt ebenfalls offen. Martin Sessler will, wie er am Dienstag angekündigt hatte, eine gegenüber dem Rankbach liegende Scheune als Getreideannahmestelle erhalten und eventuell um einen Mühlenladen und ein Café ergänzen. Er wolle diesen Teil der Mühlentradition erhalten und seinen Mitarbeitern weiter Arbeit geben, erklärte der Müller. Dieser Teil des Areals liegt allerdings im Außenbereich, weshalb dort strengere Bauvorschriften gelten. Die Frage, ob die Genehmigung eines Cafés dort überhaupt möglich sein könnte und wie die Chancen dafür stehen, lies die Renninger Stadtverwaltung am Mittwoch unbeantwortet.