Der Abriss der alten Mühle am Renninger Rankbach begonnen. Wo einst Mehl gemahlen wurde, entsteht in den kommenden Jahren eine Anlage für betreutes Wohnen.

Renningen - Die Tage der Sessler-Mühle sind gezählt. Am Freitag begann der Abriss eines bekannten Renninger Wahrzeichens, das die Stadt nicht nur optisch geprägt hat. Viele Bürger dürften das Ereignis daher mit Wehmut verfolgen – 2019 hatte der Verkauf der Mühle hohe Wellen geschlagen und nicht nur Landwirten, die ihr Getreide dort zur weiteren Verarbeitung abliefern konnten, einen tiefen Stich versetzt. Erwachsen soll aus dem Ende der Mühle immerhin etwas durchaus Positives: eine Anlage für betreutes Wohnen. Über Jahre hatte die Stadt Renningen vergeblich nach einem geeigneten Standort für ein solches Projekt gesucht. Das Unternehmen Schweizer Immo Projekt wird nun auf dem Gelände der Sessler-Mühle eine Anlage für betreutes Wohnen errichten.

 

Das Unternehmen hat bereits mehrere solcher Anlagen errichtet, unter anderem in Sindelfingen, Gerlingen und Nagold. „Das Konzept ist immer das gleiche, dass wir nicht einfach nur das Haus hinstellen, sondern in Zusammenarbeit mit MeVita und der Stiftung Innovation und Pflege die Verwaltung und Hausleitung selbst übernehmen, ohne externe Dienstleister“, erklärt der Geschäftsführer von Schweizer Immo Projekt, Marcus Ziegler.

Auf Renningen hatte das Unternehmen schon länger ein Auge geworfen. „Dass die Stadt schon lange nach einer solchen Anlage sucht, ist ja bekannt“, sagt Ziegler. „Wir waren mit der Stadtverwaltung daher vorher schon im Gespräch.“ Aber zwischen den ersten Bestrebungen und der Realisierung liegen oft große Zeiträume. In Renningen bestand immer das Problem eines geeigneten Standorts für betreutes Wohnen, der die Verwaltung ein ums andere Mal umtrieb. Sogar die Mühlgasse 6 war als mögliche Adresse eine Zeit lang in Erwägung gezogen worden, aber letztlich blieb hinter dem Thema immer ein großes Fragezeichen. „Der Verkauf der Sessler-Mühle war für uns eine glückliche Fügung“, erzählt Marcus Ziegler. Als Standort war das Gelände aus Sicht von Schweizer Immo Projekt ideal: eine ruhige Lage, trotzdem zentrumsnah.

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Um die unglückliche Vorgeschichte und den Wirbel bei Bekanntwerden des Verkaufs der Mühle weiß Marcus Ziegler. „An uns ist dahingehend aber nie etwas herangetragen worden. Damit, dass die Mühle aufgegeben wird, hatten wir ja nichts zu tun. Wir kamen erst auf den Plan, als das schon feststand.“

Das neue Gebäude in der Mühlgasse für Seniorenwohnen wird den Namen „MeVita Mühlen-Residenz“ tragen und soll bedarfsgerechte und zeitgemäße Wohnformen für ältere Menschen enthalten, berichtet Petra Ruppitsch, Sprecherin von Schweizer Immo Projekt. Ergänzt werden die seniorengerechten Wohnungen durch individuelle Dienst- und Pflegeleistungen, auf die bei Bedarf zurückgegriffen werden kann. „Für die Bewohner bedeutet das, dass sie in ihrem häuslichen Umfeld dauerhaft wohnen bleiben können und ein nochmaliger Umzug nicht erforderlich ist.“ Für die Betreuung und Pflege sollen 24 Stunden am Tag Pflegekräfte im Haus präsent sein, außerdem wird ein umfassendes Notrufsystem eingerichtet.

50 Senioren-Wohnungen sollen entstehen

Auf vier Stockwerken werden sich mehr als 50 Senioren-Wohnungen, zur Miete und als Eigentumswohnung, in der Größe zwischen einem und drei Zimmern befinden. Im Erdgeschoss befinden sich unter anderem eine Tagesbetreuung, eine Cafeteria und Platz für eine Wohngemeinschaft. Das Baugesuch wird in Kürze eingereicht, mit der Baugenehmigung rechnet das Unternehmen im Sommer 2021. Danach wird es noch ein paar Monate bis zum eigentlichen Baubeginn dauern, die anschließende Bauzeit schätzt Marcus Ziegler auf etwas über zwei Jahre.

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In der Brust des Renninger Bürgermeisters Wolfgang Faißt schlagen bei dem Thema zwei Herzen: „Wir haben von der damaligen Entscheidung des Eigentümers, das Grundstück zu verkaufen, mit Bedauern Kenntnis genommen“, erzählt er auf Anfrage unserer Zeitung. „Das markante Bauwerk war allseits bekannt, und Renningen hat nicht nur einen wichtigen Betrieb für die örtliche Landwirtschaft verloren, sondern auch den beliebten Mühlenladen, der im selben Zuge geschlossen wurde.“

Die Nachnutzung des Grundstücks als Wohnanlage für betreutes Wohnen sei jedoch ein erkennbarer und wünschenswerter sozialer Aspekt für die Bürger und die Stadt Renningen. „Auch das geplante Café wird sicherlich dazu beitragen, dass das ehemalige Mühlenareal auch in Zukunft ein Aufenthaltsort mit hoher Lebensqualität sein wird, wo man sich treffen kann.“

Gemeint ist damit die geplante Cafeteria des Gebäudes. Diese wird zunächst ausschließlich für Bewohner des Hauses gedacht sein, sagt Ziegler. „Wir können dort nicht einfach ein Restaurant einrichten, bei dem den ganzen Tag fremdes Publikum ein und aus geht.“ Jedoch überlege man, das Angebot zu erweitern nach vorheriger Anmeldung, zum Beispiel für Trauergesellschaften nach Beerdigungen am nahe gelegenen Friedhof. „Aber da ist noch nichts fest.“