Auch die Grundsteuer wird angehoben. Zugleich wird an vielen Stellen der Rotstift angesetzt.

Renningen - Seit Jahrzehnten hat die Stadt Renningen keine neuen Schulden gemacht und ist quasi schuldenfrei. Ein Umstand, von dem Städte wie Weil der Stadt oder Leonberg nur träumen können. Doch bald wird es ernst, warnt die städtische Kämmerei.

 

Jährlich braucht die Stadt etwa drei Millionen Euro mehr im Säckel, um den Haushalt ausgleichen zu können. Das heißt, dass allein für Ausgaben, die unvermeidlich sind, zum Beispiel Personal- und Instandhaltungskosten, nicht genügend Geld hereinkommt. Diese Ausgaben darf die Stadt nicht über Kredite bezahlen. Zugleich erwartet die Stadt aufgrund vieler teurer Investitionen, von Schulsanierungen über eine neue Kita bis zum neuen Rathaus und der neuen Sporthalle, einen achtstelligen Schuldenberg.

Gewerbeverein wendet sich an den Gemeinderat

Die Verwaltung hat daher gemeinsam mit dem Gemeinderat in der Klausurtagung ein umfangreiches Maßnahmenpaket geschnürt, in dem es vor allem um eines geht: Sparen, sparen, sparen. Gleichzeitig werden die Hebesätze für die Grundsteuern A und B sowie für die Gewerbesteuer erhöht, um höhere Einnahmen zu erzielen. Gerade die Gewerbesteuer sorgte im Gemeinderat für Diskussionen, auch der Gewerbe- und Handelsverein (GHV) hatte sich in einem offenen Brief an den Rat und die Verwaltung gewandt. Letztlich ging die Entscheidung aber bei nur vier Gegenstimmen mehrheitlich durch. Das Votum für die Grundsteuererhöhung war sogar einstimmig.

„Aktuell haben viele Firmen die Folgen der Coronapandemie noch nicht überstanden“, schreibt Roland Ebner, Vorstand des GHV. „Und im Fahrwasser dieser Schwierigkeiten kommt nun die Stadt Renningen und schröpft die Gewerbetreibenden durch die Erhöhung der Gewerbesteuer.“ Von der Grundsteuer gar nicht erst zu reden. Unter den Erhöhungen würden vor allem kleine Betriebe leiden – und letztlich auch der Verbraucher, wenn Kosten der Produkte oder Dienstleistungen dafür steigen müssen.

„Das alles muss bezahlt werden“

Marcus Schautt von den Freien Wählern positionierte sich klar gegen eine Erhöhung. Er berief sich unter anderem auf die Erhöhung von vor fünf Jahren, auf die eigentlich auf absehbare Zeit keine weitere mehr folgen sollte. „Ich habe die klare Vermutung, dass die Firma Bosch sich nicht in dem Maß an der Gewerbesteuer beteiligt, wie sie es könnte. Da gibt es eine Gerechtigkeitslücke, die wir als Gremium nicht vergrößern wollten.“ Teile seiner Fraktion stimmten ebenfalls gegen die Erhöhung. Für die meisten anderen führte aber kein Weg daran vorbei.

„Wir vier sind als Bürger und Unternehmer direkt von beiden Steuererhöhungen betroffen“, stellte Ralph Geyer als Sprecher der CDU klar. Er selbst ist der Geschäftsführer des Einkaufszentrums Renningen Süd. Man müsse aber auch sehen, dass Renningen eine großartige Infrastruktur biete, von der die Menschen, die hier leben und arbeiten, profitieren. Drei S-Bahnhöfe, unterschiedliche Schularten, eine Musikschule und die neue Mitte Renningen nannte er als nur vier Beispiele. „Das alles muss bezahlt werden und zieht auch die Erhaltung der Gebäude nach sich.“

Auch Jan Hambach, Sprecher der SPD-Fraktion, stellte sich in Anbetracht fehlender Alternativen hinter die Erhöhung. Denn im Gegenzug alle wichtigen Projekte zu verschieben und zu allem Nein zu sagen, könne auch nicht die Lösung sein. Andreas Kindler von der CDU brachte erneut die Problematik ins Spiel, dass immer mehr Aufgaben des Landes auf die Kommunen abgewälzt werden. „Und die Zeche dafür muss irgendwer bezahlen.“

Höhere Gebühren, weniger Geld für Lernmittel

Steuererhöhungen dürfen laut Gesetzgeber erst erfolgen, wenn alle anderen Möglichkeiten, Geld zu sparen oder zu gewinnen, ausgeschöpft sind, erklärte der Erste Beigeordnete und Stadtkämmerer, Peter Müller. Renningen stehen daher noch viele weitere Einschränkungen ins Haus: In der Verwaltung zum Beispiel sollen frei werdende Stellen nicht automatisch besetzt und betriebliche Standards gekürzt werden. Mieten, Pachten und Gebühren für städtische Gebäude und Leistungen sollen steigen, bei den Ausgaben beispielsweise für Veranstaltungen und Städtepartnerschaften, aber auch für Lernmittel wird pauschal gekürzt.

Die Stadt verfolgt außerdem das Ziel, die zu erwartende Neuverschuldung auf maximal 15 Millionen Euro zu begrenzen. Das bedeutet allerdings, dass bis 2024 mehr als 20 Millionen Euro für geplante Investitionen eingespart werden müssen. Das geht nur, wenn Projekte verschoben oder ganz gestrichen werden. Beim Rathausneubau waren sich Rat und Verwaltung bereits einig, dass dieser zugunsten der neuen Sporthalle hinten angestellt wird. Über weitere Projekte muss erst noch diskutiert werden.