So düster waren die Prognosen der Kämmerei noch nie. Jetzt heißt es: Sparen und neue Einnahmequellen finden

Renningen - Wer die Haushaltssitzungen der Stadt Renningen regelmäßig verfolgt, der weiß, dass die düsteren Prophezeiungen aus der Kämmerei immer ein wenig mit Vorsicht zu genießen sind. Bereits 2016 und in den Folgejahren wurde für die Haushaltsjahre 2020/21 ein millionenschwerer Schuldenberg prognostiziert, der sich danach immer weiter vergrößern sollte. Und bis heute ist die Stadt quasi schuldenfrei und hat noch 19 Millionen Euro auf dem Konto.

 

Doch dieses Mal ist etwas anders. Denn einen Schuldenberg dieser Höhe – knapp 40 Millionen Euro bis zum Jahr 2024, wenn alles weiterläuft, wie bisher angedacht, – hatte der Erste Beigeordnete und Stadtkämmerer, Peter Müller, dem Rat bislang noch nie angekündigt. Die deutliche Aussage der Stadtverwaltung und Aufgabensetzung an den Gemeinderat lautete am Montagabend daher: Bei allen großen Investitionen, die demnächst anstehen, wird der Rat genau abwägen müssen, welche Prioritäten er setzen will und wo sich ein Vorhaben noch mal um ein oder mehrere Jahre schieben lässt. „Bei dieser Zahl müssen wir nicht diskutieren, die macht uns kaputt“, so Peter Müller. Das bestätigte der Bürgermeister Wolfgang Faißt: „Wir müssen lernen, Chancen von Sackgassen zu unterscheiden, Risiken genau einschätzen und unsere Standards prüfen.“

Pro-Kopf-Verschuldung von 200o Euro?

40 Millionen Euro Schulden würde für Renninger eine Pro-Kopf-Verschuldung von 2000 Euro bedeuten. Bei einer Stadt dieser Größe müsse die Zahl aber deutlich unter der 1000er-Marke liegen, so Müller. Die künftigen Schulden müssten also mehr als halbiert werden.

Doch nicht nur die Investitionen werden für Renningen zum finanziellen Kraftakt, kündigte Peter Müller an. Selbst nach der Coronaphase werden die laufenden Kosten der Stadt (wie Personal, Dienstleistungen) die laufenden Einnahmen (Steuern, Zuweisungen) jedes Jahr um ein paar Millionen Euro übersteigen. Und dieses Geld muss irgendwo herkommen, der Ergebnishaushalt darf nicht über Kredite ausgeglichen werden. Eine Option sind Einnahmen durch Wachstum wie Grundstücksverkäufe – dahingehend ist das Potenzial der Stadt aber bald ausgeschöpft. Eine weitere sind höhere Steuereinnahmen – was einerseits durch Steuererhöhungen bei den Bürgern ermöglicht wird, andererseits durch zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen.

Verwaltung kündigt „spürbare Einschnitte“ an

In diesem Zusammenhang brachte Peter Müller wieder das Gewerbegebiet Renningen Süd ins Spiel, dessen Erschließung zu einem zu frühen Zeitpunkt der Gemeinderat immer kritisch betrachtet hatte. Renningen sollte nicht so schnell wachsen, hieß es. Ein neues Gewerbegebiet bedeute aber sowohl Einnahmen durch die Grundstücksverkäufe als auch mehr Gewerbesteuereinnahmen. „Dieses Projekt sollte man daher nicht leichtfertig verschieben“, mahnte er an.

Eines müsse den Bürgern in jedem Fall klar sein: Die Liquidität der Stadt dauerhaft zu erhalten, „wird ohne spürbare Einschnitte für die Bevölkerung durch niedrigere Standards und höhere Abgaben kaum machbar sein.“