Martin Sessler verarbeitet in seiner Mühle jedes Jahr 7500 Tonnen Getreide und beliefert damit Abnehmer von Calw bis Stuttgart. Von dieser kleinteiligen Struktur in der Landwirtschaft profitieren Bauern und Bäcker gleichermaßen.

Renningen - Martin Sessler sieht zufrieden aus. „Ist der Sack zu, kann man schwätzen“, sagt er, der nie um eine richtige Müller-Weisheit verlegen ist. Denn zu schwätzen gibt es so einiges hier, beim Renninger Mehl-Matador, der für die komplette Region seine Produkte mahlt.

 

Aus der Region, für die Region. Was andere sich nur als markige Werbesprüche anheften, ist bei Martin Sessler wirklich drin. „Unser Getreide beziehe ich nur von Landwirten im Umkreis von 30 Kilometern“, erzählt er. „Und ich beliefere auch nur Bäcker in derselben Entfernung.“ Von Calw bis Stuttgart-Möhringen reicht das Sessler-Land.

280 Landwirte sind das insgesamt, die jedes Jahr an den beiden Sessler-Standorten in Renningen und Ofterdingen bei Reutlingen vorfahren und ihre Feldfrüchte abliefern. 7500 Tonnen Getreide kommen so jedes Jahr in die Silos von Sessler. Eine kurze Preisverhandlung, ein Handschlag – das gilt. Einen eigens niedergeschriebenen Vertrag braucht in diesen kleinteiligen Strukturen noch niemand.

Martin Sessler kann seinen Landwirten mehr zahlen

Und auch der Erlös für die Landwirte ist meistens höher als bei den großen Mühlen in Horb oder Heilbronn, die in einer Woche die Menge mahlen, die Martin Sessler im ganzen Jahr produziert.

„Ich bin ja hier alles“, erklärt er. „Ich bin der Erfasser, der Reiniger, der Müller und auch der Vermarkter – bei uns gibt’s also die komplette Produktionskette.“ Am Ende bleibt dann mehr Geld für die Landwirte, weil Zwischenhändler nicht notwendig sind.

Vom Renninger Feld durch die Renninger Mühle zum Renninger Bäcker – das ist das Geheimnis der regionalen Erzeugergemeinschaft, die die Sesslers vorantreiben. Seit 80 Jahren schon. Opa August hat die Mühle gekauft und Papa Otto das große Silo gebaut. Seit acht Jahren erschafft jetzt hier Martin Sessler sein kleines Reich.

Im Jahrestakt kommen neue Projekte dazu, die Getreidehalle, die Fotovoltaik-Anlage, und vor allem der Laden mit Café und selbst gebackenen Kuchen. „Alles, was Sie hier sehen, hab’ ich selbst so geplant“, sagt Martin Sessler und sieht sich um.

Viele gute Ideen sprudeln in Renningen

Und schaut wieder zufrieden drein. Eine richtig gute Idee war das mit dem Mühlen-Café. Eine von so vielen. Alle setzt Martin Sessler um – ob es klappt, wie mit den Heckengäu-Linsen, oder wenn es dann doch schiefgeht – wie mit den gesunden Chia-Samen, denen es in Renningen dann doch zu kühl war. Oder dem Leindotter-Öl. Das ist die neueste Kreation, die Martin Sessler zusammen mit Landwirt Andreas Kindler erfunden hat. Der Leindotter wächst zusammen mit den Heckengäu-Linsen. „Und das ist eines der hochwertigsten Öle, die es gibt“, ist Martin Sessler überzeugt.

Nur „bio“, das steht auf keinem der Sessler-Produkte. „Die Leute kaufen lieber regional anstatt bio“, hat Martin Sessler festgestellt. Ein Glück für den 44-Jährigen und seine 64 Mitarbeiter, die nach dem großen Mühlensterben in den 70er-Jahren wieder optimistisch in die Zukunft blicken. Und ihn noch lange nicht zumachen – ihren Sack mit den vielen, vielen Ideen.

Offene Mühle in Renningen:

Am Pfingstmontag, 16. Mai, ist Deutscher Mühlentag – und auch Martin Sessler zeigt seine Mühle (Mühlgasse 25). „Das wird diesmal ein großes Ding bei uns“, verspricht er. Von 11 bis 17 Uhr gibt es Führungen, Spezialitäten vom „Grünen Michel“ aus Leonberg, einen Flohmarkt und Tipps von einer Ernährungsberaterin. Landwirt Andreas Kindler presst live vor Ort sein neues Leindotter-Öl.