Franz Pitzal wurde nach 48 Jahren als Pfarrer in Renningen in den Ruhestand verabschiedet. Wohl einmalig seine ganz persönliche Spendenbilanz: Der 86-Jährige hat bis heute etwa fünf Millionen Euro gesammelt.

Renningen - Jetzt ist es offiziell: Pfarrer Franz Pitzal ist im Ruhestand. Kirchliche und weltliche Wegbegleiter verabschiedeten den Seelsorger bei einem Gottesdienst in der Bonifatiuskirche und anschließend bei strahlendem Sonnenschein im Freien. Doch dass der Neu-Ruheständler nur „gemütlich die Füße hochlegt“, daran glaubt wohl niemand. „Das war nie dein Ding“, sagte Pater Gasto Lyimo, „du warst immer umtriebig, hier vor Ort und in der ganzen Welt“, bescheinigte ihm der leitende Pfarrer der Seelsorgeeinheit. Die Krippe, die jedes Jahr viele Besucher lockte, sei Pitzals größtes Projekt gewesen, so Pater Gasto, neben den vielen Partnerschaften auf der ganzen Welt. „Und die seelsorgerliche Begleitung der Menschen war dein größter Schatz“, fügte er hinzu.

 

Für die Verabschiedungsfeier vor der Bonifatiuskirche hatte die Stadt sogar einen Teil der Martin-Luther-Straße gesperrt, zahlreiche Menschen kamen, unter ihnen der frühere Bürgermeister von Renningen und Landrat Bernhard Maier, Gemeinderätinnen und -räte, Mitglieder der Kirchengemeinde, Vertreter anderer Konfessionen und Kollegen. Der Posaunenchor der evangelischen Kirchengemeinde spielte auf.

Aktion Notnagel, den Weltkulturpfad, die Lioba-Hütte

„Heute blicken wir voll Dankbarkeit auf das reiche Wirken von Franz Pitzal“, sagte der Domkapitular Holger Winterholer, der aus einem Brief des Bischofs zitierte. Er dankte dem fast 86-Jährigen für seinen Dienst in den Pfarreien, aber auch für die Linderung der Not in aller Welt. „Du warst und bist ein Mutmacher für die Menschen, mit deiner Krippe und deinem weltweiten Einsatz“, rief er ihm zu. „Hier in den Gemeinden und darüber hinaus bist du für viele ein Mensch geworden, der seine Wurzeln ausgestreckt hat und reiche Früchte eingefahren hat“, zitierte Winterholer ein Bild des Propheten Jeremias. Dafür gebühre Pitzal Dank, was die zahlreichen Besucher mit stehenden Ovationen bekräftigten.

Ulrich Fischenich, Vorsitzender des Kirchengemeinderats, zog am Rednerpult erst einmal die warme Jacke aus. „Das ist ja richtiges Franz-Pitzal-Wetter“, sagte er augenzwinkernd. Der Pfarrer habe allein entschieden, nach 48 Jahren den pastoralen Dienst zu beenden, betonte er und nannte zahlreiche Projekte in Renningen, etwa die Aktion Notnagel, den Weltkulturpfad, die Lioba-Hütte, zahlreiche Gedenksteine und die Krippe. 41 Jahre betreute Pitzal diese.

Insgesamt hat Franz Pitzal mehr als fünf Millionen Euro gesammelt

Das Spendenaufkommen für die Hilfe in mehr als 100 Ländern sei einmalig gewesen. Franz Pitzal sei nicht nur ein Seelsorger, sondern „irgendwie auch ein Marketingstratege“. Die Kirchengemeinde dankte dem reisefreudigen Pfarrer mit einem Reisegutschein. Franz Pitzal habe bis heute 4,1 Millionen Mark und mehr als drei Millionen Euro Spenden gesammelt und als Hilfe zur Selbsthilfe in viele Länder gegeben, konkretisierte der Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt die Zahlen.

Im Alter von 37 Jahren sei Pitzal zum ersten Advent 1973 vertretungsweise nach Renningen gekommen, erzählte Faißt. Der Pfarrer habe rasch deutlich gemacht, dass es auf Gemeinsamkeit ankomme, Musicals und Sportereignisse wurden organisiert „und auch seine Fastnachtsreden machten von sich reden“, so Faißt. Er führte die vielen Ehrungen an, die Pitzal erhalten habe, etwa die Ehrenbürgerwürde und das Bundesverdienstkreuz. Dem könne man nichts mehr hinzufügen. „Wir verneigen uns vor deiner Lebensleistung“, schloss der Bürgermeister seine Abschiedsworte.

Die Vertreter der evangelischen und der neuapostolischen Kirchengemeinden dankten Franz Pitzal „für das geschwisterliche Zusammenwirken“, so die Pfarrerin Renate Egeler. Die Ökumene hatte für den Priester einen hohen Stellenwert.

Pendeln zwischen Leinzell und Renningen

„Ich hatte in Renningen nie eine Investitur, war offiziell immer Pfarrverweser, aber das scherte mich nicht, ich wollte Priester in der Welt sein“, sagte Franz Pitzal. Er gehe in den Ruhestand, das stimme schon, das sei so ein Wort, das man in solchen Momenten sage. „Ich möchte weiter unter Ihnen bleiben“, da scheue er auch keine Mühen. Mithilfe der Stadt habe er eine Unterkunft in Renningen gefunden, so dass er zwischen dort und seinem neuen Wohnort Leinzell pendeln könne. Es gelte, zusammen nach Gemeinschaft, Solidarität und Miteinander zu streben, betonte er und regte die Bildung von „Stammtischen“ an, die er unterstützen wolle.

„Wir müssen Räume schaffen, in denen sich alle angenommen fühlen“, forderte er. „Die Kirche, die nicht auf die Straße geht, erkrankt am Ende an einer verbrauchten Luft“, schloss er.