Russland-Ukraine-Krieg: Bei strömendem Regen feiert Franz Pitzal eine orthodoxe Osterfeier mit Einheimischen und Menschen aus dem Konfliktgebiet.

Das Wetter hätte kaum ungünstiger sein können für die orthodoxe Osterfeier, zu der Franz Pitzal eingeladen hatte: Es regnete in Strömen. Der langjährige Renninger Pfarrer, seit Kurzem im Ruhestand, wollte mit den Christen aus der Ukraine deren wichtigstes Fest im Kirchenjahr begehen – unter freiem Himmel auf dem Platz vor der Mediathek.

 

Ikonen-Malerei fällt buchstäblich ins Wasser

Auch Andreas Furtwängler war zusammen mit seiner aus der Ukraine stammenden Partnerin vor Ort. Der in Malmsheim lebende Künstler, der einst selbst aus Venezuela gekommen war, unterstützte Franz Pitzal bei der Organisation des Ostergottesdienstes mit ukrainischen Kirchenliedern vom Band. Eigentlich wollte Furtwängler während des Gottesdienstes eine Ikone nach ukrainischem Vorbild malen, was das schlechte Wetter aber verhinderte. „Wir werden das Fest nachholen, es gibt zurzeit schlimmere Dinge als das Wetter“, lautete der Kommentar des Pfarrers.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Renninger zeigen Flagge für den Frieden

Trotzdem fanden sich nach und nach weitere Gäste ein, und noch während der Seelsorger seine Begrüßungsworte sprach, war die Besucherschar mit rund 40 Personen – Einheimische und Menschen aus der Ukraine gleichermaßen – so groß geworden, dass längst nicht alle unter dem Vordach der Mediathek Schutz vor dem Regen fanden.

Hoffen auf ein Ende des Krieges

Punkt 16 Uhr startete das Glockenspiel, das der katholische Pfarrer initiiert und der Stadt quasi als Abschiedsgeschenk übergeben hatte. Für die Osterfeier hatte er es mit fünf Liedmelodien programmieren lassen wie „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ über „We shall overcome“ bis hin zu „Freude schöner Götterfunken“, der Hymne des vereinten Europas.

Damit die Gäste aus der Ukraine verstehen, was er sagt, hatte Franz Pitzal einen Text auf Ukrainisch verteilen lassen. „Fassungslos hören wir, wie Macht missbraucht wird. Unsere Herzen und Gedanken sind bei den Menschen in der Ukraine“, sagte er. „Wir hoffen, dass eine Verständigung möglich wird, wir hoffen, dass ein Wunder geschieht, wir bitten, dass der Krieg endlich aufhört.“

Rote Eier und roter Wein

Bei der Verkündung der Osterbotschaft, die spontan von Anna Shamrylo, einer aus der Ukraine stammenden Ingenieurin mit Wohnsitz in Malmsheim, übersetzt wurde, wies der Pfarrer darauf hin, dass der Auferstandene als Erstes „Friede sei mit euch“ gesagt habe. Dann segnete Pitzal bunte, vor allem rote Eier als Sinnbild der Auferstehung, wie es in der Ukraine am Ostertag Brauch ist und verteilte sie an die Besucher. Andreas Furtwängler und seine Partnerin Oksana reichten den Gästen Rotwein als Symbol für das Blut Christi. Mit den Worten „Christos anesti – Christus ist auferstanden“ stießen die Besucher miteinander an.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Alle Verbindungen sind unterbrochen

Oksana stammt aus Charkiw im Osten der Ukraine und lebt seit Jahren in Deutschland. Ihr 56 Jahre alter Vater sei aber noch dort und verteidige die zivilen Hilfseinrichtungen, erzählte sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Sie habe große Angst um ihn und davor, dass jedes Wort, das sie in den täglichen Telefonaten wechseln, das letzte sein könnte. „Ich könnte ständig losheulen.“

Und diese Angst griff auch Pfarrer Pitzal in seinem Schlussgebet auf: „Wir schauen mit Angst und Unsicherheit in die nächste Zeit. Wir sind erschüttert über den Krieg und ratlos.“ Der Herr möge sich der Menschen erbarmen, die unter dem Krieg leiden und er möge Wege und Türen für Verhandlungen öffnen sowie die Herzen und Gedanken für den Frieden. „Und Frieden heißt in Ihrer Sprache Myr“, rief der Pfarrer den Gottesdienstbesuchern zu.