Atrio Leonberg hat das Lindeareal in Weil der Stadt offiziell eingeweiht. Beim Bauen in der historischen Substanz gab es einige Herausforderungen.

Jetzt haben wir den Patienten wieder zum Leben erweckt, nachdem er doch viele Operationen über sich ergehen lassen musste“, sagte Lilian Goldbach, nachdem sie die vielen Herausforderungen geschildert hatte, die ihr und ihrem Architektenteam beim Um- und Neubau auf dem Weiler Lindeareal begegnet sind.

 

„Ich hoffe, dass er noch ein langes Leben hat“, wünschte die Architektin dem Gebäudekomplex an der Stuttgarter Straße. Für die Menschen, die jetzt in der Anlage leben, ist sie teilweise schon seit vergangenem Sommer zum neuen Zuhause geworden.

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Zwei junge Männer, Heimbeiräte in dem vom Verein Atrio Leonberg errichteten und betriebenen Haus, schilderten den Gästen, unter ihnen Landrat Roland Bernhard, Ex-Bürgermeister Thilo Schreiber und dem aktuellen Rathauschef Christian Walter, bei der offiziellen Einweihungsfeier ihre Eindrücke. „Ich bin froh, dass ich jetzt näher bei meinen Eltern wohnen kann“, sagte der eine, und der andere betonte, dass es gut sei, dass es dort einen Garten gebe.

Integratives Wohnen stand von Anfang an auf dem Plan

In der neuen Wohnanlage, an deren Giebelseite das historische Fachwerk erhalten wurde, gibt es elf Zimmer für Menschen mit Behinderung, die umfassende Assistenz benötigen, davon eines für Kurzzeitaufenthalte. Dazu kommen acht Apartments für jeweils eine Person sowie ein weiteres für zwei Bewohner.

Hier leben Menschen, die je nach persönlicher Situation nur zeitweisen Assistenzbedarf haben, „aufsuchende Betreuung nach Bedarf“, wie die Fachleute das nennen. Weil von Anfang auch integratives Wohnen auf dem Plan stand, gibt es zusätzlich vier Wohnungen, die auf dem freien Markt vermietet werden.

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Neben den Wohnungen in den oberen Geschossen befindet sich im Erdgeschoss einerseits der Treff Linde, der schwerpunktmäßig für Veranstaltungen für die von Atrio Leonberg betreuten Bewohner und die Hausgemeinschaft genutzt wird, aber auch für öffentliche Veranstaltungen, sowie der bereits im vergangenen November eröffnete neue Bürgertreff, dessen Räume die Stadt angemietet hat und der den Vereinen und der Öffentlichkeit zur Verfügung steht.

Größter finanzielle Herausforderung in der Atrio-Geschichte

Durch die vielen Hindernisse während der rund zehnjährigen Planungs- und Bauzeit sind auch die Kosten gestiegen. Aus den bei Baubeginn geplanten 4,5 Millionen wurden 6,8 Millionen Euro. Davon trägt Atrio 5,3 Millionen Euro aus Eigenmitteln selbst, wie der Aufsichtsratsvorsitzende von Atrio Leonberg, Klaus Grunwald, erläuterte. Das sei die größte finanzielle Herausforderung für Atrio in seiner Geschichte, sagte er. Zuschüsse gab es vom Kommunalverband für Jugend und Soziales, von der Aktion Mensch und vom Land.

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„Bei der ersten Begehung der alten Gebäude hätte man Zweifel bekommen können, dass da was Brauchbares rauskommt“, erinnerte der Atrio-Vorstand Bernhard Siegle an die Anfänge des Projekts. Der alte Stall konnte nicht erhalten, sondern musste abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Zuvor hatten Archäologen Reste von Gerbergefäßen im Boden gefunden, was auch einen alten Kanal unter dem Gebäude erklärte, so Lilian Goldbach.

Atrio kaufte von der katholischen Kirchengemeinde, die auf der anderen Seite der Stadtmauer ihr Gemeindehaus hat, deren Parkplätze ab. Wie sich später herausstellte, hatte man damit auch ein Stück der Stadtmauer erworben, die man aber für den symbolischen Betrag von einem Euro an die Stadt verkaufte. „Das ist nur eine der Geschichten rund um die Entstehung dieses Hauses“, sagte Klaus Grunwald.