Der Verein Atrio aus Leonberg baut auf dem Linde-Areal einen Wohnkomplex für Menschen mit und ohne Behinderung.

Weil der Stadt - Eigentlich hätte der erste Spatenstich schon viel früher sein sollen. Doch wie es mit so großen Projekten wie jenem, das der Verein Atrio Leonberg auf dem Linde-Areal plant, oft geht, zogen sich Vorbereitungen, Abstimmungen und Genehmigungen in die Länge. Doch am Dienstag war es schließlich so weit: Zahlreiche Beteiligte, von künftigen Bewohnern über die Architektin Lilian Goldbach und den Atrio-Vorstand Bernhard Siegle bis hin zum Bürgermeister Thilo Schreiber, griffen für den symbolischen ersten Spatenstich zur Schaufel und warfen die extra aufgeschüttete Erde in die Höhe.

 

Nun soll es losgehen auf der Baustelle, die auf einer großen Fläche zwischen der Stadtmauer und den Gebäuden Stuttgarter Straße 34 und 36 liegt, wobei diese Häuser auch Teil des Projektes sind.

Ein Ort der Begegnungen

Vor drei Jahren hatte der Gemeinderat beschlossen, das sogenannte Lindenareal an Atrio Leonberg zu verkaufen. Auch die katholische Kirche trat eine Fläche ab. Der Verein betreut im Altkreis Leonberg Menschen mit Behinderung. Mitten in der Weiler Altstadt soll nun ein „Wohnprojekt und Bürgertreff im Linde-Areal“ entstehen. Geplant sind für Menschen mit Handicap zehn Wohnplätze und ein Kurzzeitplatz für stationäres Wohnen, acht Ein- oder Zwei-Zimmer-Apartments und eine Drei-Zimmer-Wohnung. Außerdem sollen vier barrierefreie Mietwohnungen entstehen.

In der weiteren Planung ist ein Treffpunkt, gedacht als Raum zur Begegnung für die Hausgemeinschaft, für Angehörige und Bürger vorgesehen. In einem neuen Gebäude an der Hermann-Schnaufer-Straße soll ein Ladengeschäft untergebracht werden.

Eine ganz besondere Herausforderung

Auf der Fläche dieses künftigen Neubaus standen zwei ältere Gebäude aus dem 20. Jahrhundert, die abgerissen wurden. Die historischen Gebäude entlang der Stuttgarter Straße bleiben aber erhalten, werden saniert und umgebaut. Dies machte umfangreiche Abstimmungen mit dem Denkmalschutzamt nötig. Dass das Projekt auf dem Linde-Areal eine besondere Herausforderung ist, habe man in den vergangenen Monaten erfahren, sagte Atrio-Vorstand Bernhard Siegle. Man habe sehr viele Ämter und Institutionen im Vorfeld beteiligen müssen. „Außerdem bauen wir im Bestand, da warten wohl noch ein paar Überraschungen auf uns.“ Wegen der sehr aufwändigen Sanierung der alten Gebäude rechne er mit einer Bauzeit von zwei Jahren und hoffe auf Unterstützung der Stadt.

Die Lage ist gut für die Inklusion

„Das Projekt wird eine der größten Baustellen in der Stadt auslösen“, sagte der Bürgermeister Thilo Schreiber. Seit 2007 war Atrio auf der Suche nach geeigneten Flächen. „Dieses Grundstück hier ist mitten im Leben, mitten in der Stadt“, so Schreiber. „Mit diesem Projekt wird unsere Stadt sozialer und etwas wärmer“, fügte er hinzu. Der Schultes wünschte dem Bauherrn, der gerade dabei ist, einzelne Gewerke auszuschreiben, gute und kostengünstige Angebote.

Der Architektin Lilian Goldbach zufolge ist das Grundstück zwar eine Herausforderung. Doch für die künftigen Nutzer habe einen unschätzbaren Vorteil. „Es liegt mitten in der Stadt. Das ist gut für die Inklusion“, sagte Goldbach.

Die Aktion Mensch fördert das Projekt

Der Verein Atrio hat mit Christine Boesen eine sozialpädagogische Fachkraft eingestellt, die das Projekt begleiten und auch künftig mit den behinderten Menschen dort wohnen wird. Ihr Arbeitsplatz wird, ebenso wie das gesamte Vorhaben, von der Aktion Mensch gefördert. Boesen war in Begleitung von zwei jungen Männern gekommen. Einer von ihnen, Sven Griesinger, lebt derzeit noch in der Leonberger Einrichtung von Atrio. Er sei Weil der Städter und wolle wieder zurückziehen in seine Heimatstadt, erklärte er. Außerdem sei er beim Fanfarenzug engagiert. „Ich bin froh, dass es endlich losgeht und hoffe, dass die Wohnung groß genug ist“, betonte er.

Der andere Mann mit Handicap, Johannes Krempels, wohnt noch bei seinen Eltern in Malmsheim, möchte aber auch gern ins Betreute Wohnen umziehen. Seine Eltern hätten in der Nähe einen Garten, zu dem er dann zu Fuß hingehen könne und wo er manchmal auch die Hecken schneide. Auch sein Wunsch ist ein großes Zimmer.

Baukosten liegen bei rund 4,5 Millionen Euro

Das Wohnen vor Ort entspricht dem Konzept des Vereins, der es sich zum Ziel gesetzt hat, Menschen mit Behinderungen mitten in der Gesellschaft ankommen und an ihr gleichberechtigt teilhaben zu lassen. Dies gelinge am besten, wenn die Menschen in ihren Herkunftsorten bleiben könnten. Künftig wird es nun auch für Weil der Städter Bürger mit Behinderung vor Ort bezahlbaren und barrierefreien Wohnraum geben und die Möglichkeit, passgenaue Assistenzsysteme in Anspruch nehmen zu können.

Atrio Leonberg schätzt gesamten Baukosten auf etwa 4,5 Millionen Euro. Der Verein erhält für dieses inklusive Wohnprojekt Zuschüsse, etwa über die Aktion Mensch und auch aus Landesmitteln sowie vom Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg.