Die Aktion „Leonberg sammelt“ ruht vorerst. Die Aktiven haben anrührende Szenen erlebt, aber auch unbrauchbare und verdreckte Sachen annehmen müssen.

Die eigentliche Arbeit ist erledigt, doch Feierabend haben Leila Fendrich, Sebastian Küster, Nadja Reichert und Nils Strassburg noch nicht. Die Frachthalle in der ehemaligen Hauptpost muss wieder aufgeräumt werden.

 

Küster ist Pressesprecher der Stadt Leonberg und hat die Aktion „Leonberg sammelt“ ins Leben gerufen, tatkräftig unterstützt von seiner Kollegin Fendrich, der Citymanagerin Reichert, dem Veranstaltungsmanager Strassburg, mehreren weiteren Rathaus-Mitarbeitern und anderen Helfern. Statt einen Alleingang zu starten, haben sich die Leonberger an das Sindelfinger Projekt „Helfen statt Hamstern“ angeschlossen.

20 Paletten pro Container

Und in beiden Städten ist die Resonanz derart groß, dass weitere geplante Sammeltermine abgesagt werden mussten – die Beförderungskapazitäten reichen nicht. Die nackten Zahlen verschaffen einen Eindruck: Feuerwehr-Chef Wolfgang Zimmermann und seine Leute haben elf Container beladen, auf die jeweils 20 Paletten passen, und nach Sindelfingen gebracht.

Nun ist erst einmal Ruhe: Das Team der Stadt, das die Aktion in seiner Freizeit gestemmt hat, kann durchatmen. Sie haben gemischte Gefühle. „Der Zuspruch und die Hilfsbereitschaft war sensationell“, sagt Sebastian Küster. „Menschen, die ihre Spenden abgegeben hatten, haben sich spontan angeboten, beim Sortieren zu helfen.“

Ausgelatschte Schuhe

Das Leonberger Team hat die Güter nicht einfach ungeprüft weitergeleitet. Alle Spenden wurden in der einstigen Frachtpost gesichtet und nach Warengruppen sortiert. Und dabei haben die Freiwilligen so manch böse Überraschung erlebt. Leila Fendrich und Nadja Reichert berichten von verdreckter Kleidung, ausgelatschten Schuhen oder von Sachen, die für eine Flüchtlingsaktion im Winter schlicht ungeeignet sind: High-Heels, Bikinis oder dünne T-Shirts.

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Doch die anrührenden Szenen und Begegnungen überwiegen: „Ein Mann ist extra noch einmal einkaufen gegangen, um neuwertige Sachen spenden zu können“, schildert die Citymanagerin. Der Pressesprecher berichtet von einem Tschetschenen, der selbst schon einen Angriffskrieg durchlitten hat: „Er ist mit seinen fünf Söhnen gekommen, um mit anzupacken.“ Wildfremde Menschen hätten stundenlang nebeneinander Spenden sortiert. „Da sind neue Kontakte, sogar Freundschaften entstanden.“

Die Tafel bekommt Lebensmittel

Das Rathaus-Team hat die alte Frachthalle wieder auf Vordermann gebracht. Vorhin waren noch Christian Schühle und Lia Heger von der Leonberger Tafel vorbeigekommen. Sie haben sieben Paletten mit haltbarer Nahrung abgeholt. Ein Segen, sagen sie. Seit die Welt auf die Menschen in der Ukraine schaut, geraten andere Hilfseinrichtungen in den Hintergrund. Übrig gebliebene Medikamente sollen jetzt an die internationale Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ gehen.

In der einstigen Frachthalle herrscht eine unwirkliche Ruhe. Da fährt ein Auto vor. Eine Frau will noch warme Kleidung abgeben. Das Helferteam muss sie zurückschicken.