Das Mittelstück der 200 Jahre alten Schuhfabrik im Leonberger Zentrum soll erhalten bleiben, die vorderen und hinteren Bereiche neu gebaut werden.

Leonberg - Immerhin eines steht fest: So wie die alte Schuhfabrik jetzt aussieht, wird es nicht bleiben. Es läuft alles auf einen Abbruch der westlichen und östlichen Gebäudeteile hinaus. Der Kernbereich, in dem bis 1977 noch Schuhe hergestellt wurden, soll hingegen erhalten bleiben. Auch die Künstler, die in dem genau 200 Jahre alten Gebäude ihre Ateliers haben, dürfen hoffen, in einer umgestalteten Schuhfabrik präsent zu sein.

 

Das sind die wesentlichen Punkte, die sich nach einer nunmehr fünf Jahre andauernden Debatte über die Zukunft des nicht denkmalgeschützten Industriebaus an der Ecke Eltinger Straße/Steinstraße abzeichnen. Doch wie genau eine modernisierte Schuhfabrik, in der Ateliers und womöglich Wohnungen gleichermaßen Platz haben, verwirklicht werden kann, darüber gehen die Meinungen weit auseinander.

Heizung nicht zu reparieren

Die Thematik ist in zwei Bereiche zu unterteilen. Erstens: Das Gebäude ist in einem schlechten Gesamtzustand. Im November war die Dampfheizung ausgefallen, eine Reparatur nicht möglich. Als Notlösung wurde eine Elektroheizung installiert, die seither in Betrieb ist. Eine komplette Sanierung der alten Fabrik wird auf rund 7,3 Millionen Euro taxiert.

Zweitens: die Wohnungsnot. Die Freien Wähler hatten bereits 2016 den Bereich neben der Steinturnhalle für moderne Wohnhäuser in bester Lage ins Gespräch gebracht. Auch die CDU konnte sich mit dem Gedanken anfreunden. Für die Künstler gebe es gewiss ausreichend Raum in der benachbarten Altstadt. Bei diesen schrillten sofort die Alarmglocken. Sie werben seitdem mit Vehemenz für den Erhalt und wollen aus der Schuhfabrik eine Begegnungsstätte im Zeichen der Kultur machen.

Grünen unterstützen die Künstler

Seit Jahren schwappt die Debatte hin und her. Unterstützung finden die Künstler bei den Grünen und den Linken, die die Fabrik als Kulturstandort nicht preisgeben wollen.

Eine von Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) initiierte interfraktionell besetzte Arbeitsgruppe, in der auch die Künstler vertreten sind, hat sich mit vier Möglichkeiten beschäftigt: Die Komplettsanierung wird nur von den Künstlern selbst gefordert. Einen Abriss des Vorderhauses mit dem Rahmengeschäft bei gleichzeitiger Sanierung der anderen Gebäudeteile ist auf Zustimmung der Grünen und der CDU gestoßen. Den Komplettabriss und Neubau halten Freie Wähler und FDP für richtig. Als Kompromiss hat der Gemeinderat nun das vierte Szenario auf den Weg gebracht: Vorder- und Hinterhaus müssen fallen und werden neu gebaut, das Kerngebäude saniert.

Kostenfrage ungeklärt

So weit, so gut. Doch die Frage, wer das alles bezahlen soll, steht unverändert im Raum. Geht es nach den Grünen, ist die Kommune in der Pflicht: „Eine liebenswerte Stadt braucht mehr als Wohnblock an Wohnblock“, sagt die Stadträtin Gudrun Sach. „Für manche Dinge muss die öffentliche Hand die Steuern auch nutzen, die sie einnimmt.“

Ganz anders Christa Weiß: „Hier sind einige traumtänzerisch unterwegs“, kommentiert die Sozialdemokratin die Wünsche nach einer Finanzierung durch das Rathaus. „Unsere Schulden bewegen sich in Richtung 100 Millionen Euro. Was hier diskutiert wird, übersteigt klar unsere Möglichkeiten.“

Vorrang für das Alte Rathaus?

Unabhängig von der Kostenfrage sieht Axel Röckle die Sanierung des Alten Rathauses am Marktplatz als sehr viel dringlicher an: „Hier haben wir ein wirklich altes Haus, in dessen Erhalt wir investieren müssen“, mahnt der Fraktionschef der Freien Wähler. Und seine CDU-Kollegin Elke Staubach meint, dass man „darüber streiten kann, ob die Schuhfabrik historisch wertvoll ist“.

Auch der Oberbürgermeister glaubt nicht, dass Leonberg das Projekt aus eigener Kraft stemmen kann, selbst wenn es private Spenden oder einen Förderverein gebe. Zumal niemand wisse, welche bösen Überraschungen eine nähere Untersuchung des Gebäudes noch mit sich bringen würde.

Investor mit Herz für Kunst

Martin Georg Cohn plädiert stattdessen dafür, potenzielle Investoren kreativ einzubinden: „Wir sollten sie nach ihren Ideen für eine Lösung fragen, bei der auch Künstler ihren Platz haben.“ Die Bedenken der Grünen, dass es Investoren nur ums Geld und nicht um die Kultur gehe, teilt Cohn nicht: „Wir verpflichten uns zu nichts.“ Die Mehrheit des Gemeinderates folgt dem OB hier. Jetzt sind die Ideen von Investoren gefragt.