Am Standort der Sessler-Mühle soll ein Gebäude für betreutes Wohnen mit insgesamt 57 Wohneinheiten entstehen. Gegen die Größe regt sich Widerstand in der Nachbarschaft.

Renningen - Was ist wichtiger, die Erhaltung eines Ortsbilds oder möglichst viele Plätze für betreutes Wohnen schaffen? Am Standort der einstigen Sessler-Mühle in Renningen soll ein Bau für betreutes Wohnen entstehen. Das Unternehmen Schweizer Immo Projekt plant eine Wohnanlage mit 57 Wohneinheiten. Gegen den Umfang des Projekts möchten jetzt einige Anwohner vorgehen.

 

Die Stadtverwaltung begrüßt das Vorhaben. Denn in Sachen betreutes Wohnen ist Renningen ein weißer Fleck auf der Karte, viele Jahre hat die Verwaltung vergeblich nach geeigneten Standorten für ein solches Projekt gesucht. Ob es nicht auch eine Nummer kleiner geht, fragen sich allerdings einige Anwohner. Sie haben Einspruch gegen das Vorhaben in der jetzigen Form erhoben. Ihre Forderung: der Komplex soll sich optisch besser in das dörfliche Bild rings um die Mühlgasse einfügen.

Die Sessler-Mühle lag im alten Ortskern

„Das ist hier der alte Ortskern“, erklärt Berthold Flocke, einer der Anwohner. Der Bereich Mühlgasse liege in einem historisch gewachsenen und überwiegend dörflich geprägten Teil der Stadt, in dem es auch noch einige alte Hofgebäude gibt. „Im Süden steht zum Teil noch die historische Stadtmauer.“ Bei Neubauten sei deshalb bisher immer darauf geachtet worden, dass dieses dörfliche Ortsbild erhalten bleibe, Vorgaben wie maximale Gebäudehöhen und Schrägdächer mussten eingehalten werden.

Zum Abriss der Mühle wurde angekündigt, dass dort ein Bau für betreutes Wohnen entstehen soll. An dieser Vorstellung war für Berthold Flocke wenig auszusetzen. „Seniorenwohnungen werden gebraucht, und die Lage dafür ist ideal, man ist gut angebunden.“ Über die Größe des Neubaus war zu diesem Zeitpunkt noch nichts bekannt. „Als direkte Nachbarn sind wir dann angeschrieben worden, dass wir die Pläne einsehen können. Da haben wir sehr gestaunt, was das für ein gigantischer Komplex wird.“

„Überaus massig und ausladend“

Gegen diesen haben einige Anwohner schriftlich Einspruch erhoben. Man sei nicht gegen das Projekt selbst, man habe nur ein Problem mit „der Art und der Form, die hier einfach so gar nicht reinpasst“, so Flocke. Während die Mühle sich in das Ortsbild gut eingefügt habe, solle der Bau der Seniorenresidenz „überaus massig und ausladend ausgeführt werden“, wie es wörtlich in dem Schreiben an die Verwaltung heißt. Der Komplex werde demnach nicht nur eine deutlich größere Fläche einnehmen. „Über nahezu die gesamte Fläche würde das Flachdach des Gebäudeteils eine Höhe erreichen, die seither lediglich durch den höchsten Giebel der Mühlengebäude markiert worden ist.“ Es werde zudem mit zweierlei Maß gemessen, da Vorgaben, die andere Bauherrn einhalten mussten, wie die Schrägdächer, hier nicht gelten würden. Auch die Infrastruktur sehen die Anwohner als problematisch an, um etwa den vielen Verkehr, der zu erwarten sei, aufzunehmen.

Für den Ortskern gebe es keinen Bebauungsplan, „es gelten hier die Regelungen des Einfügens“, sagt der Bürgermeister Wolfgang Faißt. Die Dachform sei dabei kein Kriterium. „Das Bauvorhaben orientiert sich an der Sonderbebauung der ehemaligen Mühle. Durch deren Wegfall ist begründbar, dass an gleicher Stelle ebenfalls ein Baustein entsteht, der durch die Nutzung eine Sonderrolle einnimmt, dies begründet die Abweichung in Bezug auf die Baumasse.“ Was den Verkehr betrifft, sei die bisherige Mühle mit dem Mühlenladen zu den Öffnungszeiten von vielen Gästen und Landwirten angefahren worden. Die Verkehrsströme der neuen Anlage würden sich ganz anders verteilen, es sei daher nicht zu erwarten, „dass es zu einer Verschlechterung der Verkehrssituation in der Mühlgasse/Schlossgasse kommt“.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Der Verlust jeder Mühle schmerzt die Bauern

Die Baugenehmigung ist allerdings noch nicht erteilt. Vorher möchte sich Schweizer Immo Projekt zu der Sache auch nicht äußern. Über die Genehmigung wird erst entschieden, wenn alle Stellungnahmen zu dem Projekt vorliegen und abgewogen sind, sagt Wolfgang Faißt. Sie werden dann dem Gemeinderat vorgelegt. „Wenn alles passen sollte, kann hier ein wichtiges soziales Projekt angegangen werden.“ Das Angebot diene nicht nur den Senioren, durch die dann frei werdenden Wohnungen in der Stadt entstünden Möglichkeiten für Familien, sich hier niederzulassen. Und da der Bedarf für betreutes Wohnen sehr hoch ist, habe die Stadt in Schnallenäcker III sogar ein weiteres Bauprojekt dafür ins Auge gefasst.