Kommentar: Bosch macht in Leonberg vor, wie kreative Stadtgestaltung ohne lähmende Debatten zügig funktioniert, meint LKZ-Redaktionsleiter Thomas K. Slotwinski.

Die Bosch-Baustelle in Leonberg steht sozusagen auf einer Bühne. Hier ist die Publikumsfrequenz besonders hoch, sind doch gleich vier große Märkte und eine stark angefahrene Tankstelle in unmittelbarer Nachbarschaft.

 

So bleibt den Menschen auch nicht verborgen, mit welch rasantem Tempo das neue Boschgebäude wächst und wächst. Auch gewaltige Gruben können bestaunt werden, die gleichsam über Nacht entstanden sind. Dass die Bauherren ein klares Ziel vor Augen haben und das zügig verwirklichen wollen, ist unverkennbar.

Negativbeispiel Postareal

Das Bosch-Projekt steht im krassen Gegensatz zu einigen anderen Baustellen in Leonberg, die genau genommen noch nicht einmal als solche bezeichnet werden können, weil es sie noch gar nicht gibt.

Allen voran das Postareal. Die Post ist hier seit Jahren raus, das Gebäude hat als Impf- und Testzentrum wie auch als Annahmestation für die Ukraine-Hilfe in der Zwischenzeit gute Dienste geleistet. Doch eigentlich sollte es längst abgerissen sein, damit endlich mit dem Bau eines neuen Quartiers begonnen werden kann, das den Marktplatz mit dem Neuköllner Platz verbindet.

Negativbeispiel Sparkassen-Projekt

Ein Brachfläche ist seit Jahresbeginn auch die Ecke an der Sonnenkreuzung, an der die Kreissparkasse ihre Leonberger Direktion hatte und jetzt einen Neubau mit benachbartem Wohnkomplex errichten will. Im Grunde könnte dort längst gebaut werden, doch in der Kommunalpolitik wurde um das Vorhaben heftig gestritten, nicht zuletzt befeuert durch die Vorbehalte einiger Anwohner von der Burghalde, die sich um ihre Aussicht sorgen. Wann es an der Stuttgarter Straße losgehen kann, steht noch nicht fest.

Um ein Baugebiet an der Berliner Straße wurde ebenfalls jahrelang politisch gerungen. Jetzt gibt es ansprechende Pläne – mal schauen , wann die umgesetzt werden.

Bedenken aufgrund persönlicher Befindlichkeiten

Es ist auffällig, dass immer dann, wenn die Planung zum Politikum gerät, die Vorhaben allenfalls im Schneckentempo vorankommen. Immer wieder, das ist beim Postareal besonders gut zu verfolgen, tauchen neue Bedenken auf, sind nicht selten mehr oder minder ideologischer Natur, dienen zur Befriedung der jeweiligen Klientel oder entspringen persönlichen Befindlichkeiten einzelner Lokalpolitiker.

Eine stringente Stadtentwicklung wird so zusehends zum zähflüssigen Frustrationsprozess, der normal denkenden Menschen kaum vermittelbar ist.

Bis ins Detail seziert

Das betrifft übrigens nicht nur große Projekte wie das Postareal, sondern auch kleinteilige Vorhaben, die in gut aufgestellten Unternehmen einfach umgesetzt werden. Im Leonberger Gemeinderat werden sie bis ins Detail seziert, um sie dann zu verschieben, nicht selten auf den Sankt-Nimmerleinstag.

Dass es anders geht, macht Bosch gerade vor. Interessanterweise schmücken sich viele Kommunalpolitiker mit den in der Tat innovativen Plänen für eine neue Art der Stadtgestaltung – obwohl sie de facto nichts damit zu tun haben. Aber hier bleibt ihnen der Auftritt als Bedenkenträger ja verwehrt.