Die Arbeitsgruppe „Barrierefreies Rutesheim“ inspiziert das Rathaus und den Platz davor. Die Begehung zeigt auf, wo hier Handlungsbedarf besteht.

Rutsheim - Es handelt sich um eine der aktivsten Bürgergruppen in der Stadt – die Arbeitsgruppe „Barrierefreies Rutesheim“. Zielgerichtet arbeitet sie seit dem Frühjahr daran, den Weg zu einer möglichst barrierefreien Stadt zu ebnen. Nun hat die Arbeitsgruppe bei einer Begehung das Rathausgebäude und den Platz davor in Augenschein genommen.

 

Sobald die Corona-Verordnungen dies zuließen, fanden im Juli und August erste Ortsbegehungen in Rutesheim statt, um einen Überblick über den Handlungsbedarf zu erhalten. Die Ergebnisse und Lösungsvorschläge wurden in einem Workshop im September besprochen. Jetzt war die Stadtverwaltung an der Reihe.

Zentrale Anlaufstelle

„Das Rathaus als zentrale Anlaufstelle für unsere Bürgerinnen und Bürger ist auf unserem Weg zu einem barrierefreien Rutesheim besonders wichtig“, erklärte die Bürgermeisterin Susanne Widmaier bei der Begrüßung der Gruppe. „Es ist gut, dass eine Liste mit konkreten Empfehlungen entstanden ist, wie wir den Zugang für alle so einfach wie möglich gestalten können“, sagte sie nach dem Treffen im Rathaus.

Die Arbeitsgruppe „Barrierefreies Rutesheim“ hatte sich im März erstmals getroffen, nachdem eine große Anzahl an Rutesheimerinnen und Rutesheimern dem Aufruf der Stadtverwaltung und des VdK-Ortsverbandes gefolgt war. Die Idee der Bürgermeisterin dahinter: Zum gerade laufenden Stadtentwicklungsprozess gehöre auch das Thema einer barrierefreien Stadt.

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Den Ausschlag hatte ein Gespräch mit Reinhard Hackl, dem Beauftragten für Menschen mit Behinderung im Landkreis Böblingen, gegeben. „Er hat mich darauf hingewiesen, dass Rutesheim ein weißer Fleck auf der Wheelmap ist, der Online-Karte, mit der rollstuhlgerechte Orte gefunden und markiert werden können“, sagte Susanne Widmaier. Um dies schnell zu ändern, haben Schüler der örtlichen Realschule geholfen. Sie haben in einem Projekt solche Orte in der Stadt ausfindig gemacht und in die Karte eingetragen.

Mit dabei in der Gruppe sind nun interessierte Bürger, die sich für ihre Stadt einsetzen. Menschen mit eingeschränkter Mobilität und Sehkraft sowie Rollstuhlfahrer. Als Experte an Bord ist Alexander Lang, der als Rollstuhlfahrer viele Hürden kennt, auf die Menschen mit Einschränkungen im Alltag stoßen. Mit seiner Agentur „Barrierefreies Leben“ begleitet und berät er Kommunen auf dem Weg zur Barrierefreiheit.

Das Rathaus und der Platz davor

Nach einer Einführung im Sitzungssaal des Rathauses fand die Begehung des Geländes und des Gebäudes statt. Die Idee dahinter war, so Alexander Lang, einen Besuch im Rathaus zu erleben. Von der Ankunft am Parkplatz über den Eingang, den Eingangsbereich und den Fahrstuhl bis hin zu den öffentlichen Sanitärräumen und den Büros. Dabei wurde unter anderem auch auf die Beschilderung geachtet. Im Anschluss legte die Arbeitsgruppe im Sitzungssaal dar, was ihr bei der Begehung aufgefallen war.

Vieles was angesprochen wurde, ist innerhalb weniger Tage bereits umgesetzt worden. So wurde das Schild für den Behindertenparkplatz höher gehängt, damit es besser sichtbar ist. Der Notknopf des Aufzug ist auf ein Telefon geschaltet. Das Bürgeramt hat eine Kladde beschafft, weil der Tresen für Rollstuhlfahrer zu hoch ist. Verbesserungsmöglichkeiten wurden außerdem in der Behindertentoilette ausgemacht. Für sie sind die notwendigen Halterungen bestellt. Auch ein elektrischer Antrieb an der Rathaustür – mit Betätigungstaster und Infrarot-Bewegungsmelder – wurde ins Gespräch gebracht.

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Sonja Pross, die Fachplanerin für barrierefreies Bauen in der Agentur „Barrierefreies Leben“ ist voll des Lobes. „Es ist super, wenn die Anregungen aufgenommen und auch zügig umgesetzt werden.“

Der Marktplatz

Vor einiger Zeit hat die Gruppe auch den Marktplatz unter die Lupe genommen. Dabei ist ihr aufgefallen, dass die beiden Behindertenparkplätze schlecht zu erkennen sind und von der Leonberger Straße oft sehr schnell auf den Marktplatz eingefahren wird. Ein Augenmerk lag auf den Wasserrinnen, die für Rollatoren oder Rollstühle ein Problem sein könnten. Da ein Teilnehmer seinen Rollator dabeihatte, hat man die Überquerung der Rinnen getestet – und dies als unproblematisch empfunden.

Das Fazit: Der Marktplatz ist sehr nutzerfreundlich. An jeder Stufe komme man ein paar Meter weiter barrierefrei zum Ziel. Die meisten Geschäfte sind gut zugänglich, manche Inhaber haben eine Rampe angeschafft. Ein Teilnehmer regte zudem an, hier über ein Blindenleitsystem nachzudenken.

Ein Wegweiser für behindertengerechte Orte

Wegweiser
 Für Menschen mit einer Behinderung, für Senioren oder junge Familien mit Kinderwagen ist ein „Barrierefrei“- Wegweiser ein wichtiges Hilfsmittel. „Wheelmap“ ist eine internetgestützte Karte. Mit Wheelmap können rollstuhlgerechte Orte gesucht, gefunden und markiert werden. Dabei wird ein Ampelsystem verwendet (grün bedeutet vollständig rollstuhlgerecht). Jeder kann Orte eingeben, bewerten und etwa Fotos und Beschreibungen hochladen. Dazu gibt es Apps für iPhone und Android-Phone.

Mitmachen
 Wheelmap wurde von dem Rollstuhlfahrer Raul Krauthausen aus Berlin ins Leben gerufen. Seit 2010 kann jeder rollstuhlgerechte Orte finden, eintragen und bewerten. Weltweit nutzen Rollstuhlfahrer und Rollstuhlfahrerinnen Wheelmap als Werkzeug für ihre Tagesplanung. Die Wheelmap ist in 33 Sprachen verfügbar und lebt vom Engagement der Gemeinschaft.