Informationen barrierefrei zur Verfügung zu stellen, fordert Kommunen heraus.

Leonberg - Die Rathäuser sind geschlossen, Stadtverwaltungen verweisen auf die Möglichkeit, Verwaltungsangelegenheiten online zu erledigen. Denn der Termin für eine An- oder Ummeldung im Ort kann digital erfolgen. Auch der Hund kann online bei der Steuerabteilung an- oder abgemeldet werden. Doch selbst wenn für viele dadurch der Gang ins Rathaus entfällt – wer blind ist oder taub oder wer auf einfache Sprache angewiesen ist, steht vor unüberwindbaren Hürden. In Leonberg hatte sich die Vorsitzende der CDU-Gemeinderatsfraktion Elke Staubach des Themas angenommen. Eine erste Anfrage zum Thema einfache Sprache hatte die CDU-Fraktionsvorsitzende Ende September vergangenen Jahres gestellt.

 

Für die Stadträtin ein erster Schritt

Eine öffentliche Stellungnahme der Verwaltung erhielt sie in der November-Sitzung des Gemeinderats. Darin hieß es, dass sich das Web-Team in der Stabstelle Öffentlichkeitsarbeit und E-Government mit dem Thema befasse. Der erste Schritt ist mittlerweile in die Tat umgesetzt. „Seit dem vergangenen Jahr bieten wir zunehmend Inhalte in leichter Sprache an“, sagt Sebastian Küster, Pressesprecher der Stadt.

So befindet sich ganz oben auf der Homepage, oberhalb des Schriftzuges Leonberg, ein Reiter „Leichte Sprache“. Wird dieser angeklickt, bekommt der Benutzer die Internetseite der Stadt Leonberg in einfacher Sprache erklärt. Diese beinhaltet einfache Worte, schwere Begriffe werden getrennt, Abkürzungen vermieden, die Sätze sind kurz. Zudem ist diese Seite mit vielen grafischen Elemente versehen, die anschaulich erklären, wo was zu finden ist.

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Doch Staubach geht das nicht weit genug: „Im Januar habe ich in der Gemeinderatssitzung dankend erwähnt, dass schon etwas passiert ist, doch das ist für mich nur der Anfang. Seitdem habe ich nichts mehr gehört“, sagt Staubach. „Wichtig ist, den Sozialbereich oder die Bürgeramtsinformationen, also dort, wo viel Publikumsverkehr ist, rasch in Angriff zu nehmen.“

Leonberg, wie bundesweit alle anderen Kommunen, agieren nicht allein freiwillig. Vor dem Hintergrund einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2016 mussten entsprechende Vorgaben bis vergangenen Herbst umgesetzt werden. Doch beispielsweise das gesamte Ratsinformationssystem – wo die Beratungsunterlagen des Gemeinderats nachzulesen sind – ist davon bisher ausgenommen. Auch für Menschen mit Sehbehinderung bleibt dieser Bereich nicht nutzbar.

Selbst im Bundestag klappt es nicht perfekt

Den Städtetag verwundert es nicht, dass es in vielen Kommunen bei der Barrierefreiheit noch stockt. „Selbst der Bundestag und viele Landtage schaffen es noch nicht, all ihre Parlamentsdaten barrierefrei zugänglich zu machen“, sagt dessen Sprecherin Christiane Conzen.

Die Stadt Leonberg achte seit langem auf grundlegende Aspekte der Barrierefreiheit, erklärt der Pressesprecher Sebastian Küster. Wie etwa auf starke Kontraste, eine gute Struktur, Lesbarkeit und Verständlichkeit der Inhalte und die textliche Beschreibung des verwendeten Bildmaterials. „Bereits seit über zehn Jahren bieten wir in den Bereichen der Nachrichten und im Bürgerservice die Möglichkeit an, sich Inhalte vorlesen zu lassen.“ Die Vorlesefunktion werde von einem Anbieter eingekauft, der ausschließlich auf diesem Gebiet arbeite. Barrierefreiheit sei ein Dauer-Thema. „Wir sind hier nicht am Ende. Es gibt immer Entwicklungs- und Verbesserungspotenzial“, sagt Küster, „daher sind wir vor allem dafür dankbar, wenn wir aus der Bevölkerung konstruktive Kritik erhalten, um unsere Homepage noch weiter und noch besser an den Bedürfnissen unserer Leser, also den Bürgerinnen und Bürgern, zu orientieren.“

Rutesheim hat eine Neugestaltung beauftragt

Noch nicht ganz soweit ist man in der Nachbarstadt Rutesheim. „Die Homepage der Stadt Rutesheim ist als ein wichtiger Baustein der Öffentlichkeitsarbeit aktuell nicht gerade gut aufgestellt“, formuliert es die Bürgermeisterin Susanne Widmaier. Das hätte Verwaltung und Gemeinderat veranlasst, ein Unternehmen mit der Neugestaltung zu beauftragen.

Doch die Fertigstellung des städtischen Informationsportals verzögert sich. „Wir hoffen, bald online gehen zu können“, sagt die Rathauschefin. Eine der wichtigsten Anforderungen an die neue Homepage sei die Barrierefreiheit. Dazu gehörten neben einfacher Sprache und großem Kontrast nebst klarer Schrift vorerst als erste Fremdsprache Englisch sowie die Möglichkeit, dass auch Menschen mit stark eingeschränkten Sehfähigkeit sie nutzen können. Insgesamt werde das Thema Barrierefreiheit in Rutesheim derzeit stark vorangetrieben – ein Teil davon sei auch der Internetauftritt. „Der ist für viele Menschen der erste Schritt in unserer Stadt“, sagt die Bürgermeisterin.

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