Die Bemühungen, vor der Schließung der Praxis einen Nachfolger zu finden, waren vergeblich. Bisher haben nur wenige betroffene Eltern eine Alternative gefunden.

Kaum etwas haben die Stadt Renningen und engagierte Eltern unversucht gelassen, um rechtzeitig einen Nachfolger für den in Rente gehenden Kinderarzt Werner Plieninger zu finden – vergeblich. Trotz aller Bemühungen steht Renningen von Montag an ohne einen Kinderarzt da. Einen ersten Hoffnungsschimmer gibt es jedoch: Eine Ärztin hat der Stadtverwaltung zufolge ihr Interesse am Standort Renningen bekundet. Ob eine Übernahme der Praxis erfolgen kann und wird, ist aber noch offen. Alle Beteiligten bleiben daher mit Nachdruck am Ball, um die Versorgungslücke schnell wieder schließen zu können.

 

Bereits im vergangenen Jahr hatte der Bürgermeister Wolfgang Faißt Kontakt zu Entscheidungsträgern in den zuständigen Ministerien sowie zu diversen Abgeordneten aufgenommen, kurzfristige Hilfe gab es jedoch keine. Gemeinsam mit der Bürgerinitiative Kinderärztliche Versorgung Renningen erstellte die Stadt parallel dazu eine Anzeige für ein Nachfolgegesuch, die über verschiedene Kanäle und soziale Medien verbreitet wurde.

Ein Video wirbt für Renningen

In Zusammenarbeit mit einer Gruppe von Eltern, die sich ebenfalls tatkräftig für eine Nachfolge der Kinderarztpraxis einsetzen und unter anderem eine Petition dafür gestartet haben, wurde sogar ein Video gedreht, das auf die Problematik eines fehlenden Kinderarztes in der Stadt hinweist „und das potenziellen Nachfolgenden aufzeigt, was Renningen zu bieten hat“, berichtet Alicia Paulus, Sprecherin der Stadtverwaltung. „Auf unsere Initiative hat der Sender Radio NRJ Stuttgart das Thema aufgegriffen und hier vor Ort einen Videospot gedreht, samt Audioaufnahmen für das Radio, die regelmäßig liefen“, ergänzt Esin Karadeniz, eine Sprecherin der Elterninitiative.

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Auf die Anzeige der Verwaltung hin hat sich zwischenzeitlich eine Ärztin gemeldet, sagt Alicia Paulus. Allerdings muss erst geprüft werden, ob eine Zulassung möglich ist, da die Qualifikationen im Ausland erworben wurden. Außerdem gebe es Gespräche mit der Mednos eG in Calw, um gegebenenfalls ein Angestelltenverhältnis der Ärztin zu ermöglichen.

Ärztehaus als mittelfristige Lösungen im Blick

Das Engagement in dieser Sache soll damit aber nicht enden. Derzeit werde noch mit der Kinderklinik Böblingen an einer Übergangslösung und der ambulanten Behandlung von Kindern aus Renningen und Malmsheim gearbeitet, um die Versorgung in der Zwischenzeit zu gewährleisten. „Weiterhin werden die Möglichkeiten eines Gesundheitszentrums oder eines Ärztehauses in Renningen sondiert, in dem auch Ärzte angestellt werden können“, so Alicia Paulus. Das sei aber allenfalls eine mittelfristige Lösung. Sogar ein gemeinsamer Gesundheitscampus beim Krankenhaus Leonberg sei im Gespräch.

Die betroffenen Eltern wollen bis dahin nicht die Hände in den Schoß legen. „Wir sind an allen Instanzen und Arbeitsgebieten weiterhin dran“, sagt Esin Karadeniz. Denn die Lage ist besorgniserregend: Einer Umfrage ihrer Initiative zufolge haben bisher lediglich acht Prozent der betroffenen Eltern einen neuen Kinderarzt gefunden, „was sehr traurig ist“.

Es gibt noch keine Zwischenlösung

Etwas skeptisch blickt Esin Karadeniz auf den Notfallplan der Stadt mit der Kinderklinik Böblingen, der noch nicht greift. „Wir haben noch kein Go für eine temporäre medizinische Versorgung für die mehr als 3000 Kinder“, bedauert sie. Und selbst bei „unkomplizierten“ Krankheitsfällen, bei denen schon Ruhe und freie Medikamente aus der Apotheke helfen, bestehe immer noch das Problem, dass die Eltern dem Arbeitgeber ein Attest vorlegen müssen, um für die Versorgung zu Hause freizubekommen.

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„Mental erschwerend sind Erfahrungen wie die fehlende Zusammenarbeit der Kassenärztlichen Vereinigungen“, sagt Esin Karadeniz. So habe sie zum Beispiel erfahren, dass im Norden Deutschlands Ärzte zum Teil Praxen suchen, „aber keiner will vermitteln“. Es sei auch traurig, „dass die bislang gesprächsbereite und zuständige Abteilung nun nur noch über die Stadtverwaltung mit uns kommunizieren möchte“, sagt Esin Karadeniz. Auch der Umstand, dass Renningen, wenn die Stelle des Kinderarztes über mehrere Monate unbesetzt bleibt, das Anrecht auf eine Kinderarztstelle wieder verlieren kann, bereite ihr große Sorgen.

Auch an dieser Stelle ein Hoffnungsschimmer: „Wir haben ganz frisch einen Kontakt zur Patientenvertretung im Landesausschuss knüpfen können.“ Dennoch fühle man sich von vielen Stellen im Regen stehen gelassen. „Wir können das nicht akzeptieren und bleiben weiter dran – auch wenn langsam die Ideen ausgehen.“