So richtig dokumentiert ist die Entstehung der Lyra in Eltingen nicht. Aber das war und ist kein Grund für die Musiker, nicht begeistert ihrem Hobby nachzugehen.

Die Geschichte des Musikvereins Lyra Leonberg beginnt im Jahr 1897 mit der Gründung einer Musikkapelle unter dem Namen „Presto“. Doch die Gründungsphase ist unübersichtlich und Dokumente liegen so gut wie keine vor.

 

Das älteste Protokoll des Musikvereins enthält als Eintrag die Aufzeichnung der Versammlung, die am 19. Juni 1920 im Gasthaus „Zur Krone“ stattfand. Der Tag, das Jahr und der Ort der Vereinsgründung sind auch in den späteren Aufzeichnungen nicht erwähnt. Dies ist merkwürdig, weil bei der Ausschusssitzung am 24. März 1921 im Gasthaus „Germania“ beschlossen wurde, das „25-jährige Jubiläum mit Stiftungsfest“ zu feiern.

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Unübersichtlich bleibt es weiter bis zum Fest des 30-jährigen Bestehens. Im Protokollbuch ist dazu allein vermerkt, dass der Vorstand bei der Generalversammlung am 6. Januar 1927 den Antrag stellte, ein Musikfest verbunden mit dem 30-jährigen Bestehen zu feiern. Über das Jubiläum ist weiter kein Eintrag vorhanden. Hier fehlt auch jegliche Begründung dafür, dass erst sechs Jahre nach dem 25-jährigen das 30-jährige Bestehen gefeiert wurde. Beim 30-Jährigen im Jahr 1927 wäre der Musikverein „Lyra“ tatsächlich, wie im Vereinsnamen damals angegeben, 1897 gegründet worden.

Mal zusammen, mal getrennt

In der Festschrift „Einiges aus der Entwicklung der Musik am hiesigen Ort“ steht, dass der ehemalige Militärmusiker Friedrich Riethmüller 1884 die Leitung der Kapelle in Eltingen übernommen und die Kapelle weiter ausgebaut hat. Bei der erwähnten Kapelle handelt es sich aber nicht um den Musikverein „Lyra“, sondern um die Musikkapelle „Presto“. Weiter schreibt der Chronist in der Festschrift von 1927: Im Jahr 1896 wurde eine neue Kapelle gegründet, unter der Leitung des Dirigenten Gustav Dittus.

Rudolf Heck, der Autor der Chronik der „Lyra“ in der Festschrift zum 60-jährigen Bestehen, beschreibt die Entwicklung der Kapelle „Presto“, erwähnt aber kein Gründungsdatum der „Lyra“. Und er gab einen Grund dafür an: „Beim bekannt revolutionären Geist der Eltinger konnte es auch nicht ausbleiben, dass sich die Eltinger Musikerschaft in zwei Lager teilte, und bei dieser Gelegenheit entstand dann die heutige Lyra. Im Laufe der Jahre haben sie sich abwechslungsweise wieder zusammen- und auch wieder auseinander gehändelt. Dabei soll auch das holde weibliche Geschlecht ein gerüttelt Maß Schuld an der jeweiligen Entwicklung der Dinge gehabt haben.“

Reges Vereinsleben

So bestanden also bis etwa zum Jahr 1914 zwei Kapellen im Dorf, und erst der Erste Weltkrieg hat den Haufen der Musiker vereint. Fritz Winkler fasste alle Kräfte zusammen, und so konnte 1921 auch die Feier des 25-jährigen Bestehens mit einem Verbandsfest begangen werden.

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Es gab ein reges Vereinsleben mit Auftritten im Ort und in der Umgebung, geprägt von der Leidenschaft für die Musik, von gemeinsamen Unternehmungen und Freizeiten. Auch stürmische Phasen, in denen der Dirigent gehen musste, verzeichnet die Vereinschronik in der Zwischenkriegszeit. Nachdem das 30-jährige Bestehen offiziell festgezurrt war, wurden später das 60-Jährige 1957 und das 100-Jährige 1997 darauf aufgebaut. In den letzen Kriegsjahren des zweiten großen Weltbrandes hat das Vereinsleben geruht, und so findet am 9. März 1947 im Gasthaus zum Waldhorn eine Neugründung statt.

Gemeinsames Vereinsheim

Mit dem Wiederaufbau der Republik gewann auch die „Lyra“ an Stärke. Die Freude am Musizieren kam zurück, der Verein wuchs und wurde immer professioneller. Auch die gemeinsame Freizeit wurde den Musikern und ihren Familien immer wichtiger. Den Leonbergern wurde die zwanghafte Eingemeindung 1938 langsam verziehen, und gemeinsame Auftritte mit der Stadtkapelle wurden mit der Zeit selbstverständlich.

Die „Lyra“ wollte auch heimisch werden, und so fand am 1. November 1969 die außerordentliche Hauptversammlung des Musikvereins und der Chorgemeinschaft Eltingen statt. Beschlossen wird, ein gemeinsames Vereinsheim zu errichten, die Räume gemeinsam zu nutzen und die Gaststätte zu verpachten. Am 10. April 1972 geht die Baugenehmigung für das Vereinsheim an der Hertichstraße vom Bürgermeisteramt Leonberg ein. Mit vielen Eigenleistungen legen die beiden Vereine los.

Statt Sommerfest ein Straßenfest

Nachdem im Brauereigarten kein Sommerfest mehr gefeiert werden konnte, hatte der Vorsitzende Werner Schweizer den damals revolutionären Vorschlag gemacht, ein Straßenfest („Hafenfest“) in der Glemsstraße abzuhalten. Schnell einigte man sich mit der Chorgemeinschaft, das Fest gemeinsam vorzunehmen. Auch die Anlieger signalisierten ihr Einverständnis.

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Und so hat der damalige Leonberger Oberbürgermeister Dieter Ortlieb am 16. Juni 1973 das erste Fass angestochen. Am Nachmittag sind die Bänke und Tische noch spärlich besetzt, aber abends reichen sie für rund 2000 Personen nicht mehr aus,um den Ansturm der Besucher aufzunehmen. Das Experiment ist gelungen, und das Eltinger Straßenfest ist längst zu einem nicht mehr wegzudenkenden Treffpunkt für Einheimische und Auswärtige, für Jung und Alt geworden. Gefeiert wird einmal im Jahr in der „Hafengasse“ (der Glemsstraße), der I. Querstraße und der Bruckenbachstraße zwischen den alten Häuserzeilen – sofern Corona dies ermöglicht.

Der Musikverein Lyra Eltingen hat 2003 den Musikverein Warmbronn aufgenommen. Im Jahr 2019 ging schließlich die Lyra Leonberg aus der Fusion mit der Stadtkapelle Leonberg hervorgegangen. 2018 kam eine mögliche Fusion der beiden Musikvereine Stadtkapelle Leonberg und Lyra Eltingen ins Gespräch. Die Zeiten für zwei Vereine in der Stadt wurden nicht leichter, und durch die Reform des Schulsystems (Ganztagsschulen) gab es immer mehr Nachwuchsprobleme. Gemeinsam wollte man sich für die Zukunft wappnen. Während das die Eltinger gelassener hinnahmen, kochten in Leonberg die Emotionen hoch.

Gemeinderat ist für die Fusion

Ein wichtiger Meilenstein zum historischen Erfolg der Fusion legte der Leonberger Gemeinderat, der sich dafür aussprach. Auf der außerordentliche Hauptversammlung am 26. Februar 2019 stimmten die anwesenden Lyra-Vereinsmitglieder mit überragender Mehrheit dem Namen und der Fusion zu. Die Stadtkapelle zog nach. Der neue Namen: Musikverein Lyra Leonberg.

Bei der ersten gemeinsamen Hauptversammlung wurde mit Margarete Berndt erstmalig in der 122-jährigen Vereinsgeschichte einstimmig eine Vorsitzende gewählt. Die Stadtkapelle ihrerseits würde dieses Jahr ihr 111-jähriges Bestehen feiern.

Der erste gemeinsame Auftritt des fusionierten Vereins war im Juli 2019 beim Konzert auf der Seebühne im Stadtpark. Seither werden nun gemeinsam die Herausforderungen der Coronapandemie geschultert.