Die Vorstände beider Vereine wollen die Mitglieder über eine Zusammenführung informieren.

Leonberg - Die beiden Obst- und Gartenbauvereine haben es vorexerziert, die zwei großen Sportvereine haben nachgezogen. Nun denken auch die Stadtkapelle Leonberg und die Lyra Eltingen laut darüber nach – über eine Fusion. Doch erwartungsgemäß löst das nicht überall Stürme der Begeisterung aus. Nun sollen die Mitglieder über das Vorhaben der beiden Vereinsvorstände informiert werden.

 

„Es ist eine Initiative der beiden Vorstände“, sagt Wolfram Kienle, der stellvertretende Vorsitzende des Vereins Stadtkapelle, der gegenwärtig 127 Mitglieder hat. Seit fast zwei Jahren würden „sanfte“ Gespräche untereinander geführt. „Eine Fusion ist das Ziel“, sagt Kienle. Die Idee sei nicht neu, denn die Vorstände der 1897 gegründeten Lyra und der 1911 gegründeten Stadtkapelle hätten sich im Laufe der Geschichte schon mehrfach mit dem Gedanken einer Fusion befasst. Doch so richtig ernst sei es nie damit gewesen.

Die Zeiten seien seither nicht einfacher und Nachwuchskräfte zu gewinnen, werde für alle Vereine immer schwerer, sagen die Vorstände der beiden Musikvereine und wollen nun auf die Mitglieder zugehen. Auch in den Reihen der aktiven Kapellen sei man teilweis an einem Limit angelangt, womit die untere Grenze der Spielfähigkeit erreicht sei, oder Auftritte oft nur mit Gastspielern stattfinden könnten.

Zusammenführung auf partnerschaftlicher Basis

Vor diesem Hintergrund habe man sich des Themas Fusion wieder angenommen. „Ziel ist die Erhaltung eines spielfähigen, leistungsstarken Blasorchesters, die Jugendarbeit zu bündeln für eine effektivere Zusammenarbeit mit der Jugendmusikschule und der Stadt“, erläutert Kienle. Die Zusammenführung werde auf einer partnerschaftlichen Basis stattfinden, in der sich jeder Verein wiederfindet.

Um das zu unterstreichen, müssten ein neuer Vereinsname, ein neues Wappen und eine neue Uniform gefunden werden. Doch ein „Aber“ gibt es trotzdem. Aus steuerlichen Gründen soll der Verein, der keinen Grundbesitz hat, aufgelöst werden.

Das ist in diesem Fall die Stadtkapelle. Der Lyra gehört der Eltinger Hof. So bleibt der Verein mit Grund formal erhalten. Die Vorstände hätten gemeinsam eine Absichtserklärung unterschrieben und sich dazu verpflichtet, die Zusammenführung auf Augenhöhe umzusetzen.

Wolfgang Rückert ist Moderator

Rechtlich begleitet wird die Zusammenführung von Rechtsanwalt Axel Röckle, dem Vorsitzenden der Fraktion der Freien Wähler im Gemeinderat. Als Moderator wurde Wolfgang Rückert, Finanzstaatssekretär a.D. und ehemaliger Erster Bürgermeister von Leonberg, gewonnen. „Es geht darum, vorsichtig und sensibel vorzugehen, denn niemand will den anderen über den Tisch ziehen“, sagt Rückert. „Es ist erst ein offener Gedankenaustausch, denn noch keine Mitgliederversammlung hat irgendeinen Beschluss in diese Richtung gefasst. Also muss nichts übers Knie gebrochen werden“, sagt Rückert. Allerdings heißt es in dem Informationsschreiben der Vorstände an die Mitglieder, dass als Umsetzungszeitpunkt 2019 angestrebt werde.

„Da wird ja ein erschreckender Zustand des Orchesters und des Vereins dargestellt“, ist Erwin Gutmann erbost, der seit 2010 die Stadtkapelle dirigiert. Diese stehe im Gegenteil finanziell und musikalisch sehr gut da. „Wir haben ein gut besetztes und jederzeit spielfähiges Orchester – viele wären froh, einen solchen Musikerstamm zu haben.“ Gutmann, der Stadtmusikdirektor in Asperg ist, fragt sich, woher der Vorstand der Stadtkapelle das Mandat für die Fusionsverhandlungen habe. Denn einen Auftrag durch die Hauptversammlung des Verein gebe es nicht.

Als Musikalischer Leiter und Vereinsmitglied sehe er sich in der Verantwortung, für den Erhalt des Vereins und seine „Nichtauflösung“ zu kämpfen, sagt Gutmann. Was zwei Weltkriege nicht geschafft haben, wolle man jetzt ohne Not durchziehen. Zurückgehende Nachwuchszahlen seien symptomatisch für alle Vereine. „Also alle Verein auflösen?“, fragt sich Gutmann.

Es gibt viele rechtliche Hürden

Viel Geld, Zeit und auch Herzblut sei in den Aufbau der Jugendarbeit investiert worden. „Während wir diesen Aufbau vorantreiben, sind hintenrum im Geheimen ganz andere Dinge abgelaufen“, sagt Gutmann enttäuscht.

Letztendlich liegt alles im Ermessen der Vereinsmitglieder. Denn rechtlich gesehen ist die Auflösung eines Vereins an viele Hürden gebunden. Sie muss mit einer Mehrheit von vier Fünfteln der Mitglieder beschlossen werden, dabei muss mindestens ein Drittel aller Mitglieder in der Versammlung anwesend sein. Interessant ist auch, wie es dann mit dem Vermögen der Stadtkapelle weitergeht. Denn in der Satzung ist festgehalten, dass das an die Stadt fällt und diese es ausschließlich für gemeinnützige Zwecke verwenden darf.