Bohrungen entlang der maroden Stadtmauer sollen Erkenntnisse über das weitere Vorgehen der Sanierung liefern. Denn Handeln ist bei der in die Jahre gekommenen Mauer dringend angesagt.

Weil der Stadt - Auch wenn der ein oder andere im Geiste schon die Petrodollar gezählt hat, die Erschließung einer sprudelnden Ölquelle blieb bei den Bohrungen an der Weiler Stadtmauer leider aus. Doch darum ging es auch nicht. Denn auf dem Plan standen die ersten Voruntersuchungen des geschichtsträchtigen Mauerwerks, das im Rahmen eines groß angelegten Sanierungskonzepts auf Vordermann gebracht werden soll.

 

Dass der Startschuss am Abschnitt zwischen dem Roten und dem Storchenturm fiel, hatte einen guten Grund. Denn gerade in diesem Bereich gibt es dringenden Handlungsbedarf. „Wenn man sich hier an die Mauer stellt, dann kann einem auch der Regen nichts anhaben“, scherzte der Geologe Hans-Jörg Brehm vom beauftragten Ingenieurbüro und spielte damit auf die bedenkliche Neigung der Mauer nach außen an – oben ragt sie fast einen Meter weiter hinaus als unten.

Bodenproben mittels Sondierraupe genommen

Bei den Arbeiten auf dem knapp 40 Meter breiten Abschnitt am Fuße der Mauer kam eine sogenannte Sondierraupe zum Einsatz. Mit dieser wurden mittels Rammkernsondierungen mehrere Bodenproben entnommen, die später geotechnisch im Labor untersucht werden. „Mit dem Antriebsgerät wird eine Schlitzstange in eine Tiefe von mehreren Metern gerammt. Baut man die Stange wieder aus, dann bekommt man Informationen über das Bodenprofil“, erklärte Geologe Brehm, der beiläufig mehrere Zehntausend Jahre alte Ablagerungen aus der Eiszeit sowie Matsch und Gestein aller Art aus dem tiefen Erdreich nach oben befördern ließ.

Eben jene Bodenproben sollen schließlich Aufschluss darüber geben, was zur Verformung der historischen Mauer führte und wie es letztlich weitergehen soll. Dafür kommen laut Herbert Heiser, der beim Bauamt für die Stadtmauer zuständig ist, zwei Szenarien in Betracht. „Entweder ist die Verkippung bereits beim Bau der Mauer eingetreten oder sie hat sich im Laufe der Zeit nach außen gewölbt“, erklärte Heiser, der auch Kernbohrungen durch die Mauerwand veranlassen wird. Erst dann setzen sich die Verantwortlichen zusammen, um über entsprechende Sanierungsmaßnahmen zu beraten. „Denkbar ist eine Nachgründung im Fundament“, sagte Heiser. „Dabei wird die Erde Segment für Segment ausgehoben und dafür neue aufgeschüttet.“ Allein für diese Maßnahme hält die Stadtverwaltung ihm zufolge 100 000 Euro bereit.

Damit es keine bösen Überraschungen gibt, vergewisserte sich das beauftragte Ingenieurbüro im Vorfeld der Bohrarbeiten auch über mögliche Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg. Dazu dienten die im Jahr 1945 durch amerikanische Streitkräfte angefertigten Luftbildaufnahmen. „Etwa 15 Prozent der abgeworfenen Bomben, die schon mal bis zu sechs Meter tief in den Boden eingedrungen waren, sind nicht detoniert“, wusste Brehm, der den Kampfmittelbeseitigungsdienst aber nicht bemühen musste.

Der notwendigen Sanierung des historischen Gemäuers stimmte der Gemeinderat im vergangenen Sommer zu. In der Folge nahmen der Bauforscher Michael Hermann und der Statiker Johann Grau dessen Zustand unter die Lupe. Im April wurde schließlich ein Masterplan mit einem umfangreichen Schadenkatalog vorgestellt. Dieser listet neben einem defekten Fugennetz auch Strukturschäden und Risse an dem Bauwerk auf. Davon betroffen sind unter anderem der Wehrgang und der Treppenaufgang an der Nordseite zwischen dem Roten und dem Storchenturm, der Wehrgang zwischen dem Sailer- und dem Rabenturm sowie der Treppenaufgang am Brenzhaus. Für die Sanierung, die sich über drei Bauabschnitte bis ins Jahr 2021 erstrecken wird, nimmt die Stadt rund zwei Millionen Euro in die Hand.

Hoffnung auf Hinweise auf das Baudatum der Mauer

Gleichzeitig erhoffte sich Herbert Heiser auch Hinweise, um die Erbauung der Stadtmauer noch exakter zu bestimmen. „Bei der Datierung um das Jahr 1400 richten wir uns vor allem nach dem Bau der Türme“, erklärte er. „Rückschlüsse könnten aber auch Holzreste liefern, die damals für das Baugerüst genutzt und die auch in den Fugen gefunden wurden.“ Gegen sprudelndes Öl vor den Toren der Keplerstadt hätte übrigens auch er nichts einzuwenden. „Gold wäre aber noch besser“, sagte er mit einem Augenzwinkern.