Die Debatten über die Hermann-Hesse-Bahn von Calw nach Renningen haben einen neuen Vorstoß der Verkehrspolitiker des Verbands Region Stuttgart ausgelöst. In einem gemeinsamen Antrag machen sich gleich fünf Fraktionen für die S-6-Verlängerung stark.

Weil der Stadt - Die nicht enden wollenden Debatten über die Hermann-Hesse-Bahn von Calw nach Renningen haben einen neuen Vorstoß der Verkehrspolitiker des Verbands Region Stuttgart ausgelöst. In einem interfraktionellen Antrag, der am heutigen Mittwoch im Verkehrsausschuss beschlossen wird und der unserer Zeitung vorliegt, sprechen sich CDU, Grüne, SPD, Freie Wähler und FDP in der Regionalversammlung dafür aus, Calw mit einer verlängerten S-Bahnlinie 6 an Stuttgart anzubinden. Die bisher vom Kreis Calw geplante Reaktivierung der einstigen Schienenverbindung mit Dieselfahrzeugen sei aus regionaler Sicht „weder verkehrlich noch eisenbahnbetrieblich eine zukunftsfähige Lösung“.

 

Die Region will nun in Gesprächen mit den Kreisen Calw und Böblingen sowie dem Landesverkehrsministerium die Chancen für eine Verlängerung der S 6 ausloten, die heute in Weil der Stadt endet. Schließlich müssen sich die Beteiligten nicht nur auf Betriebskonzepte einigen, sondern auch darauf, wer wie viel bezahlt – und vor allem, ob ein vom Land zugesagter 26-Millionen-Euro-Zuschuss für die Hesse-Bahn auch für eine S-Bahn-Verlängerung bereitstünde. Hinzu kommt ein nicht unerheblicher Zeitdruck, da Förderprogramme auslaufen.

Ablage Papierkorb

Zur Vorgeschichte: über eine bessere Schienenanbindung des Raums Calw an die Region Stuttgart wird schon lange gesprochen – nicht zuletzt, um die stark befahrenen Straßen zu entlasten. Und auch eine S-Bahn-Verlängerung war bereits ein Thema, die allerdings wegen der hohen Kosten und der unklaren Zuständigkeiten auch rasch wieder in der Ablage P landete.

Dass die Idee nun wieder ins Spiel gebracht wird, hat mehrere Gründe. Bei der vom Kreis Calw forcierten Reaktivierung der Hesse-Bahn auf dem noch nicht stillgelegten Abschnitt zwischen Weil der Stadt und Calw müsste auch ein neuer Tunnel gebaut werden. Das Projekt kommt nur dann in die Nähe der Wirtschaftlichkeit, wenn die Dieselzüge bis Renningen fahren, weil es dort den Anschluss zur S 60 nach Böblingen gibt.

Doch das würde zu einem wirtschaftlich umstrittenen Doppelbetrieb von Hesse- und S-Bahn zwischen Weil der Stadt und Renningen führen, weil sich die Fahrgäste auf die beiden Linien verteilen würden. Zudem müssten für die Dieselfahrzeuge der Hesse-Bahn neue Infrastruktureinrichtungen zusätzlich zum S-Bahn-System geschaffen werden. Und nicht zuletzt könnten sich Hesse- und S-Bahn auf der gemeinsam genutzten Strecke ins Gehege kommen – mit der Folge von Verspätungen ins gesamte Stuttgarter S-Bahn-Netz hinein.

Zusätzliche Belastungen?

Außerdem lehnt man in Renningen und Weil der Stadt von der Bürgerschaft bis zu den Rathauschefs die Hesse-Bahn ab, weil man zusätzliche Belastungen befürchtet. Die beiden Städte haben zudem ein Verkehrsbüro beauftragt, ein vom Kreis Calw vorgelegtes Gutachten für die Hesse-Bahn unter die Lupe zu nehmen – mit dem Ergebnis, dass zahlreiche Mängel von nicht existierenden Buslinien bis hin zu unrealistisch nieder angesetzten Baukosten entdeckt wurden (wir berichteten).

All das erhöht aus Sicht der Regionalpolitiker die Gefahr, dass die Hesse-Bahn doch noch gestoppt wird. Bis jetzt sei „keine wirtschaftlich tragfähige, sinnvolle Lösung, die auch von der Bevölkerung getragen wird, gefunden worden“, heißt es in dem Antrag. Da die Region nun eine klare Zuständigkeit habe, könne über eine S-Bahn-Verlängerung wieder diskutiert werden. Zumal der Regionalverband die Lösung eines weiteren Problems im Blick hat: die komplizierte Flügelung in Renningen (ein Teil der Züge fährt nach Weil der Stadt, der andere nach Böblingen oder zurück), die immer wieder zu Verspätungen führt, könnte beendet werden.