Seit einigen Monaten leitet Szilvia Kahn einmal pro Woche ein zweistündiges Nachwuchstraining beim TSV Korntal, um aus den Tischtennis-Talenten noch mehr Potenzial heraus zu kitzeln. Die 44-Jährige war ungarische Nationalspielerin und gewann mit 17 Jahren bei der Weltmeisterschaft in Indien die Mannschafts-Bronze.

Korntal - Die erste Herrenmannschaft des TSV Korntal war in der Tischtennis-Verbandsklasse fast schon eine Institution. 17 Jahre lang spielte das Aushängeschild des Vereins in der sechsthöchsten Spielklasse – doch das hatte seinen Preis: Die besten Akteure erhielten eine Aufwandsentschädigung, für ehrenamtliche Tätigkeiten beim Stadtfest oder bei Ranglistenturnieren waren sie nicht zu haben. Als zwei Spieler den TSV vor zwei Jahren verließen, traf die Abteilungsleitung eine grundsätzliche Entscheidung: Aufwandsentschädigungen werden nicht mehr gezahlt, der Großteil des Budgets sollte in die Jugendarbeit fließen. Denn tischtennisbegeisterte Jugendliche gibt es in Korntal reichlich: Rund 50 Nachwuchs-Schmetterkünstler trainieren beim TSV, was vor allem dem umtriebigen Jugendleiter Knut Radke zu verdanken ist.

 

Für die erste Herrenmannschaft hatte die Grundsatzentscheidung Folgen: Fünf von sechs Spielern verließen den Verein, der TSV stieg in die Landesliga ab und hielt diese Klasse in der abgelaufenen Saison mit dem achten Platz gerade so. Dennoch war die Entscheidung in den Augen des Sportlichen Leiters Friedemann Wagner absolut richtig: „Wir brauchen keine Spieler, die sich nicht mit dem Verein identifizieren. Jetzt sprechen mit den Eltern unserer 50 Jugendlichen 100 Menschen positiv über Tischtennis beim TSV Korntal, in der Verbandsklasse waren es gerade einmal die fünf regelmäßigen Zuschauer“, erklärt er. Ziel der Abteilung ist es, den Jugendlichen in den drei Aktivenmannschaften in der Landesliga, Bezirksliga und Kreisklasse A eine Perspektive für den Übergang in den Erwachsenenbereich zu bieten. Deshalb schlägt Friedemann Wagner, der einst in Frickenhausen in der zweiten Bundesliga gespielt hat, auch im Alter von 43 Jahren noch immer im Landesligateam auf. „Pro Jahr rücken zwei Jugendliche in den Aktivenbereich auf, aber wir Alten werden noch ein paar Jahre durchhalten müssen, bis wir die Teams komplett mit eigenem Nachwuchs besetzen können“, sagt Wagner.

Mit Fabian Haupt, Louis Straub und Achim Johann haben bereits drei 16-Jährige gelegentlich bei den Herren III in der Kreisklasse A ausgeholfen. Insbesondere Achim Johann konnte mit einer Bilanz von 6:6 überzeugen. Als eines der größten Talente gilt Benjamin Schlechter, der den Sprung zu den U11-Jahrgangsmeisterschaften geschafft hat. „Er ist der erste nach mir, der mal wieder für Korntal auf regionaler Ebene spielt“, ordnet Friedemann Wagner den Erfolg ein. Große Hoffnungen setzt man beim TSV Korntal auch in Peter Waddicor, der im Alter von neun Jahren schon einen Ausrüstervertrag mit einer Tischtennisfirma hat. „Wir haben ungefähr zehn Jungen, die auf Bezirksebene gute Leistungen bringen“, freut sich Friedemann Wagner.

Mit den rund 50 Nachwuchstalenten ist man beim TSV Korntal an die Kapazitätsgrenzen gekommen. Nachdem der langjährige Jugendleiter Knut Radke nach der Geburt seines zweiten Kindes kürzer treten wollte, haben sich die TSV-Verantwortlichen überlegt, wie sie diese Lücke schließen könnten und dabei einen echten Coup gelandet: Seit einigen Monaten leitet Szilvia Kahn einmal pro Woche ein zweistündiges Nachwuchstraining, um aus den Talenten noch mehr Potenzial heraus zu kitzeln. Die 44-Jährige war ungarische Nationalspielerin und gewann im Alter von 17 Jahren mit der Mannschaft bei der Weltmeisterschaft in Indien die Bronzemedaille. Ihre Mannschaftskameradin war die spätere neunmalige Europameisterin Csilla Bártofi. Nachdem sie sich mit dem damaligen ungarischen Nationaltrainer Laszlo Ormai überworfen hatte, wechselte sie nach Deutschland und spielte mehrere Jahre in der Bundesliga bei 07 Ludwigsburg, beim TV Busenbach und beim SV Böblingen. Mit Olga Nemes gewann sie bei den Senioren-Europameisterschaften in Kroatien 2009 den Titel und holte im Einzel Silber. Zuletzt war sie für den Regionalligisten Wolframs-Eschbach im Einsatz. Ihre Tochter Leonie Hartbrich ist bereits im Alter von 13 Jahren Mitglied der ungarischen Nationalmannschaft.

Den Kontakt zu Szilvia Kahn stellte Friedemann Wagner her, der mit der Ungarin bei 07 Ludwigsburg zusammen gespielt hat. Ihr Ehemann ist Martin Maletta, der bei der KSG Gerlingen aktiv ist. Zwischen zwölf und 15 Kindern im Alter von sechs bis 17 Jahren gibt Szilvia Kahn ihr Wissen mittwochs zwei Stunden lang weiter. „Wir machen alles von der Grundausbildung bis zur Bewegungskoordination“, erklärt die ehemalige Weltklassespielerin, die auch noch in Affalterbach und Ilsfeld unterrichtet. Bestimmte Ziele setzt man für den Nachwuchs beim TSV Korntal bewusst nicht: „Sie sollen Spaß am Tischtennis haben uns ihr Potenzial ausschöpfen“, erklärt Friedemann Wagner.

Und so langsam spricht es sich auch herum, dass beim TSV Korntal, der für die aktuelle Runde mit zehn die meisten Jugendmannschaften im Bezirk Ludwigsburg gemeldet hat, gute Nachwuchsarbeit geleistet wird: Mit dem neunjährigen Colin Ankenbauer vom SV Gebersheim ist erstmals ein Jugendlicher aus freien Stücken zum TSV gewechselt.