Die Agrarexpertin und Fachjournalistin Silvia Lehnert hat zum Schweinestall-Projekt der Familie Riehle recherchiert.

Weil der Stadt - Dicke Luft herrscht derzeit im Weil der Städter Spätengrund. Die Landwirte Elena und Georg Riehle wollen ihren Hof um einen Stall mit etwa 200 Bio-Schweinen erweitern, die Stadtverwaltung hat bereits die Genehmigung erteilt. Das stinkt einigen Anwohnern. Es gibt eine Bürgerinitiative, anonyme Briefe kursieren in der Stadt und beim Regierungspräsidium liegt ein Widerspruch gegen die Baugenehmigung vor. Die Kritik reicht von Gestank über Verkehr bis zu Unkosten für die Stadtkasse. Was stimmt, was nicht? Silvia Lehnert hat den Fall als Titelgeschichte für die Fachzeitschrift „top agrar“ recherchiert.

 
Silvia Lehnert Foto: privat
Frau Lehnert, „top agrar“ erscheint in ganz Deutschland. Was macht das Weil der Städter Schweinestall-Projekt für Sie so interessant?
Bisher standen vor allem konventionelle Landwirtschaftsbetriebe aufgrund der Art ihrer Tierhaltung, der damit verbundenen Geruchsentwicklung oder allein aufgrund ihrer Tierzahlen in der öffentlichen Kritik. Dass Verbraucher mittlerweile aber auch gegen Bioställe protestieren, die bisher in der Öffentlichkeit ein gutes Image genießen, das ist neu.
Was bedeutet das?
Dieser Fall zeigt, wie weit sich manche Verbraucher inzwischen von der Landwirtschaft entfernt haben. Letztlich könnte das zur Nagelprobe für die Frage werden, welche Art der Nutztierhaltung hierzulande überhaupt noch akzeptiert ist. Denn der Protest der Bürger gegen den Biostall ist eigentlich paradox: Viele Kunden wollen verstärkt regionale Lebensmittel aus Bioerzeugung, aber offenbar nicht vor ihrer eigenen Haustür.
Die Familie Riehle plant einen sogenannten Pig-Port-Stall. Was ist das eigentlich?
Der Pig-Port-Stall untergliedert sich in drei Teilbereiche: eine Ruhezone, einen Aktivitätsbereich und einen Außenauslauf. Die Tiere liegen in wärmegedämmten Kisten mit Fußbodenheizung, vor den Kisten stehen die Futterautomaten. Durch eine kleine Tür können die Schweine in den Außenauslauf gehen. Die Be- und Entlüftung des Gebäudes funktioniert auf natürlichem Wege: Das heißt, wenn es im Stall zu warm wird, öffnet sich ein Rollo, das an der gesamten Längsseite eingebaut ist.
Davon profitieren die Schweine?
Nach allem, was die Wissenschaft bisher weiß, kommt ein solcher Stall dem artgerechten Verhalten von Schweinen gut entgegen. Der Auslauf sorgt für Bewegung, die Frischluft und die Klimareize fördern die Gesundheit und stärken das Immunsystem. Das Stroh befriedigt das Wühlverhalten der Tiere. Da es keine Zwangsbelüftung gibt, wird zudem weniger Energie verbraucht, was der Umwelt zugutekommt.
Und als Pilotstall wird er vom „Europäischen Innovationsprojekt“ gefördert und von Wissenschaftlern begleitet.
Ja, im Stall sind verschiedene Innovationen vorgesehen, die genauer untersucht werden. Zum Beispiel, wie stark die Trennung von Kot und Urin zu einer Verringerung der Ammoniakbelastung und damit zu geringeren Geruchsemissionen führt, oder, wie gut ein mit Grünschnitt-Kompost eingestreutes Wühlareal zum Tierwohl beiträgt. Darüber hinaus wird auch untersucht, ob sich der Stall gut bewirtschaften lässt. Eine Neuheit darin ist zum Beispiel eine Maschine zum automatischen Einstreuen von langem Stroh.