Trotz guter Etatzahlen mahnen die Fraktionen in ihren Haushaltsreden zu Besonnenheit bei den Finanzen. Denn das Gesicht der Stadt hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert.

Rutesheim - Ohne einen einzigen Gegenantrag hat der Rutesheimer Gemeinderat am Montag den Haushalt 2015 gebilligt. Doch die rasante Entwicklung der jungen Stadt lässt viele Räte nachdenklich werden. Sie befürchten in Zukunft hohe Folgekosten. Die UBR-Fraktion fordert sogar mit Nachdruck, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen und dem fulminanten Wachstum Einhalt zu gebieten.

 

Als stärkste Fraktion mit sechs Mitgliedern im Rat hatte die Bürgerliche Wählervereinigung das erste Wort. „Alle geplanten Vorhaben sind solide finanziert, eine positive Investitionsrate ist eingeplant, es müssen keine Kredite aufgenommen und somit auch keine neuen Schulden gemacht werden“, zeigte sich der Fraktionschef Wolfgang Diehm zufrieden. Damit finde die solide, verlässliche, verantwortbare und vorausschauende Haushalts- und Finanzpolitik ihre Fortsetzung.

Weniger Speilraum für Investitionen

Neue Rekordmarke

Diehm sprach dank der Gemeinderatswahlen vom 25. Mai 2014 in ungewohnter Position. Der ehemalige SPD-Stadtrat ist jetzt der Vorsitzende der BWV. Doch Diehm warnte: „Allerdings, und da müssen wir ein waches Auge darauf haben, wird der geplante Bestand der allgemeinen Rücklage stark zurückgehen.“ Der Spielraum für weitere Investitionen werde enger. „Bei einem Haushaltsvolumen von fast 42 Millionen Euro hat der Verwaltungshaushalt mit weit über 30 Millionen Euro eine neue Rekordmarke erreicht“, gab der CDU-Fraktionsvorsitzende Ulrich Köthe zu bedenken. Das liege größtenteils an den gestiegenen Personalkosten und den wachsenden Kosten für eine gut funktionierende Verwaltung und den Betrieb aller städtischen Einrichtungen. Trotzdem blieben noch 1,9 Millionen Euro übrig, die im Vermögenshaushalt für Investitionen genutzt werden können, lobte er die Verwaltung.

Das Auf und Ab der Rücklagen sieht die CDU nicht so tragisch. „Für uns ist das ein Zeichen, dass das Geld nicht als totes Kapital irgendwo schlummert, sondern dass damit geschafft wird und wir so die Aufgaben und Herausforderungen der Zukunft effizient meistern können“, meinte Köthe.

„Das geht uns zu weit“

Gegenwind zur gegenwärtigen Stadtpolitik wurde bei den Unabhängigen Bürgern Rutesheim (UBR) spürbar. Ihr Fraktionschef Harald Schaber mahnte an, dringend ein Stadtarchiv einzurichten. Dagegen will die Fraktion beim Freizeitpark die Bremse ziehen. „Wir sind nicht gegen den aktuellen Freizeitpark“, so Schaber. Er biete viel für Jung und Alt. Aber die vorgesehene Erweiterung mit einer Verdreifachung der Fläche und einem 50 Meter hohen Turm bringe vielfältige Probleme mit sich. „Dies geht vielen Bürgern und auch uns zu weit.“ Es gehe nicht um Kirchturmpolitik, sondern um eine Abwägung zwischen Einzelinteressen und dem Gemeinwohl, erklärte der UBR-Sprecher.

Das über Grundstücksverkäufe finanzierte rasante Wachstum der Stadt sieht die UBR kritisch. Von einem „maßvolles Wachstum“, wie im Stadtentwicklungsplan von 2006 festgehalten, und einer maximale Einwohnerzahl von 11 000 bis 2025 könne nicht mehr die Rede sein – das sei bereits Realität. Die damalige Forderung sei gewesen: Nicht ständig weiter wachsen, wir wollen den Charakter unserer Orte beibehalten. „Die UBR will keinen Stillstand – der künftige Schwerpunkt muss aber auf der Innenentwicklung und nicht in der Erschließung immer weiterer Flächen liegen. Auch können wir die Baugebiete langsamer erschließen und so zeitlich strecken“, forderte Harald Schaber für seine Fraktion.

Wachstumstempo anpassen

In die gleiche Richtung gehen auch die Gabl-Forderungen. „Jeder verkaufte Quadratmeter bedeutet ein kleines Stück von der Substanz abzugeben“, meinte der Fraktionssprecher Fritz Schlicher. Beinahe ein Drittel der Markung sei für Wohnen, Verkehr und Freizeit verbraucht. „Das Wachstumstempo muss angepasst werden, wir müssen zukünftigen Generationen noch etwas übrig lassen“, lautet sein Plädoyer.

SPD-Einzelkämpfer Tommy Scheeff bedankte sich für die offen Arme und Ohren mit denen die Ratsneulinge von den Alt-Stadträten aufgenommen wurden. Er fand, dass die Einnahmenstruktur bei der die Grundstückserlöse den Löwenanteil ausmachen, auf Dauer nicht tragbar sei.