Auch wenn im Schulbuch viele Antworten zu wirtschaftlichen Fragen stehen: Erfahrungen aus der Praxis sind oft wertvoller. Gymnasiasten haben bei der Aktion „Chef zu gewinnen“ einen Tag mit Steffen Hengstenberg verbracht.

Rutesheim - Ist der Markt für Feinsaures nicht ,unsexy’?“, will eine Schülerin wissen. Steffen Hengstenbergs Antwort kommt prompt: „Natürlich muss ich jetzt ,nein’ sagen. Man kann einige sexy Rezepte mit unseren Produkten machen. Außerdem ist Sauerkraut sehr gesund und ein ideales Mittel zum Abnehmen.“

 

Steffen Hengstenberg, der Geschäftsführer des gleichnamigen Familienunternehmens, ist im Gymnasium Rutesheim zu Gast. 29 Schüler des Faches Wirtschaft haben sich im vergangenen Jahr für die Aktion „Chef zu gewinnen“ beworben, die vom Handelsblatt organisiert wird. Die Aktion gibt es seit einigen Jahren, Schulklassen eines Gymnasiums können dabei einen Tag mit einem deutschen Top-Manager gewinnen.

„Wir haben uns für Steffen Hengstenberg entschieden, weil wir eine gewisse Nähe zu ihm haben und er in Esslingen ein großes Familienunternehmen hier in Baden-Württemberg führt“, erklärt der 17-jährige Schüler Jan Phillipin. „Der Kontakt zu ihm war uns wichtiger als zu den anderen Chefs.“ Die Idee, bei der Aktion mitzumachen, hatte der Lehrer des Wirtschaftskurses, Hans-Jörg Läpple. „Er hat uns darüber informiert und dann haben wir uns gemeinsam dazu entschlossen, eine Bewerbung zu schreiben“, erzählt Jan Phillipin.

Zu Beginn zeigte der Hengstenberg-Chef einige Werbevideos und erklärte, wie genau diese wirken und was die Wirkung ausmacht. Außerdem hatte er eine ganze Produktpalette in petto. Es wurde ausgiebig diskutiert über die Vor- und Nachteile der Verpackungen und welches der Produkte am anschaulichsten ist.

Erfahrungen im Ausland sind sehr wichtig

Dann hatten die Schüler eine ganze Stunde Zeit um alle Fragen, die sie besonders beschäftigen, zu stellen: „Mit welchen Marktstrategien versucht Hengstenberg der Konkurrenz durch Discounter entgegenzutreten? Welche Rolle spielt das Ausland als Absatzmarkt? Weshalb hat Hengstenberg die Rechtsform einer GmbH & Co KG?“. Aber auch persönliche Fragen oder Tipps für die eigene Studienwahl waren den Schülern wichtig.

„Finden Sie ein gutes Abitur wichtig?“, fragte ein Schüler. Nun horchten alle auf. „Also wenn man ein miserables Abi hat, aber dann ein gutes Studium hinlegt, ist es kein Problem. Was am Ende zählt ist die Persönlichkeit“, so Hengstenberg. Eine Sache ist dem Schwaben besonders wichtig: Auslandserfahrungen. Mittlerweile sei das fast unersetzlich geworden – ein Muss quasi. „Es ,reißt den Kopf auf’ und man lernt viele Kulturen kennen“, sagte der Firmenchef. „Wann man es genau macht, ist erst mal nicht so wichtig. Aber nutzt es, geht raus in die Welt“, lautete sein Appell.

Doch die Schüler hatten auch einige Fragen, die ihnen etwas unangenehm waren. „Wir hatten hier und da noch Hemmungen. Nach dem Gehalt wollten wir dann lieber nicht fragen“, sagt Philippe Armbruster. „Über Geld redet man eben doch nicht“, ergänzt Jan Phillipin.

Nach der Fragestunde wurde noch ein Gruppenbild zusammen mit dem Firmenchef von Hengstenberg gemacht. „Im Endeffekt sind wir sehr zufrieden mit der Fragerunde“, stellt Jan Phillipin fest. „Es war wirklich interessant. Er ist unseren Fragen nicht ausgewichen und hat auf alles eine Antwort gegeben.“

Hinter die Kulissen schauen

Im Sommer besuchen die Rutesheimer Schüler dann das Familienunternehmen. Sie haben die Möglichkeit, hinter die Kulissen zu schauen und die Arbeitswelt in einem solchen Unternehmen näher kennenzulernen.

Neben Hengstenberg waren auch weitere Unternehmer aus der Region vertreten, für die man sich bewerben konnte, wie zum Beispiel Carina Verlohr, die Personalleiterin bei EnBW. „Wir möchten mit dieser Aktion das Interesse der Jugendlichen an der Wirtschaft wecken und so die Distanz zwischen den Top-Managern und dem jungen, engagierten Nachwuchs verringern“, erklärt Sven Afhüppe, Chefredakteur des Handelsblatts.