Die Kripo kommt zu dem Schluss, dass mindestens ein Brand in dem Mehrfamilienhaus in der Pforzheimer Straße vorsätzlich gelegt wurde. Die Stadtverwaltung und der Gemeinderat sprechen in einer Erklärung von einer „niederträchtigen Tat“.

Rutesheim - Der Schock über diese schlimme und verabscheuungswürdige Tat, bei der der Tod von Menschen billigend in Kauf genommen wird, sitzt tief.“ Dieter Hofmann ringt um Worte. Der Rutesheimer Rathauschef hat am Mittwochmittag auf Nachfrage bei der Kriminalpolizei erfahren, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit mindestens eines der beiden Feuer in dem Mehrfamilienhaus in der Pforzheimer Straße vorsätzlich gelegt wurde.

 

Was die Rathausspitze trotz des Schreckens etwas aufatmen lässt, ist die Meldung der Brandermittler der Kriminalpolizei, dass kein fremdenfeindliches Motiv hinter der Tat steckt. „Es gibt überhaupt keine Hinweise auf einen möglichen fremdenfeindlichen Hintergrund für die beiden Brände. Aber aufgrund der am Brandort vorgefundenen Situation beim zweiten Feuer wird eine Brandstiftung als mögliche Brandursache nicht ausgeschlossen“, sagte gestern Peter Widenhorn, der Sprecher der Polizeidirektion Ludwigsburg, auf Anfrage.

Beim ersten Mal wohl fahrlässige Brandstiftung

Wie bereits berichtet, hat es in dem Haus sowohl am Dienstag, 5. Januar, als auch am vergangenen Montag in den Abendstunden gebrannt.

Das erste Feuer wurde im Erdgeschoss mit der Waschküche und dem Abstellraum lokalisiert. „Da kann auch fahrlässige Brandstiftung in Betracht kommen“, so Polizeisprecher Widenhorn. Zwei der zehn Bewohner mussten mit leichten Rauchvergiftungen von der Feuerwehr mit der Drehleiter in Sicherheit gebracht werden.

Das Mehrfamilienhaus in der Ortsdurchfahrt gehört der Stadt. Dort haben bis zum 5. Januar, als das erste Feuer ausgebrochen war, insgesamt zehn Menschen gewohnt: Deutsche, EU-Bürger und seit einigen Tagen auch eine fünfköpfige Asylbewerber-Familie aus Syrien. Diese war laut den Ermittlungen der Polizei bei dem ersten Brand am 5. Januar nicht in dem Haus.

„Die Ermittler haben uns mitgeteilt, dass es in dem Erdgeschoss wohl zu wenige technische Anlagen gebe, die hier einen Brand verursachen könnte“, sagt Hofmann. Die Polizei ist sich aber noch nicht hundertprozentig sicher über die Ursache in diesem ersten Brandfall. Die Ermittlungen dauern an. „Ein Sachverständiger schloss eine technische Brandursache jedoch aus“, sagte Polizeisprecher Widenhorn. Da könne aber auch fahrlässige Brandstiftung in Betracht kommen, denn in dem Raum wurde auch Asche aus den Öfen entsorgt, mit denen die Wohnungen geheizt werden,

Beim zweiten Mal brannte es in einem Zimmer im Oberschoss des inzwischen unbewohnbaren Hauses. Einzelheiten zu der am 11. Januar vorgefundenen Situation gibt die Polizei mit Rücksicht auf die aktuellen Ermittlungen derzeit noch nicht bekannt.

Zu der Schlussfolgerung, dass der zweite Brand wahrscheinlich vorsätzlich gelegt worden sei, habe die Tatsache geführt, dass der Hintereingang des Gebäudes gewaltsam geöffnet worden war.

„Die Feuerwehrleute haben sich definitiv nicht über diese Tür Zugang zu dem Feuer im Obergeschoss verschafft“, so Dieter Hofmann. Zudem sei die Tür nach dem ersten Brand vom Technischen Hilfswerk mit einer Holzplatte verschlossen worden. Nun sei sie gewaltsam geöffnet gewesen, schildert der Bürgermeister.

Auch wenn kein fremdenfeindliches Motiv hinter den Bränden vermutet wird, sind sich Stadtverwaltung und Gemeinderat einig, solche Taten aus Schärfste zu verurteilen. „Brandstiftungen sind schlimme Verbrechen“, heißt es in einer Erklärung. Die Täter brächten Menschen in Lebensgefahr, und sie nähmen die unübersehbaren Folgen, schwerste körperliche und seelische Verletzungen bis zum Verlust von Menschenleben, bewusst in Kauf. „Auf diese Taten stehen zu recht hohe Strafen und wir hoffen sehr, dass es der Polizei baldmöglich gelingt, den oder die Täter zu ermitteln.“

Hofmann: Angriff auf grundlegende Werte in der Stadt

Die Bewohner, die zum Teil seit vielen Jahren in dem Haus leben, haben nicht nur ihre vertraute Wohnung, sondern ihr gesamtes Hab und Gut verloren. „Diese Brandstiftung werten wir auch als ein Angriff auf die grundlegenden Werte unserer Stadt und Gesellschaft und das friedliche Miteinander“, ist in der gemeinsamen Erklärung zu lesen.

„Respekt für mich, für dich, für andere“ – das ist das aktuelle Geleitwort der Sternsinger. Das kann und muss auch das Geleitwort für unsere Stadt, für jeden Einzelnen von uns sein“, machen die Rathausspitze und der Gemeinderat deutlich.

„Über dieses Geleitwort hinaus stehen wir für eine offene und soziale Stadt Rutesheim, die in christlicher Nächstenliebe ihre Verantwortung für Menschen, die Bürgerkriegen und vergleichbaren schwersten Schicksalen entkommen sind, wahrnimmt,“ erklären die Politiker.

Deshalb begrüßt und unterstützt die Stadt als wesentlicher Bestandteil einer aktiven Bürgergesellschaft den ehrenamtlichen Einsatz und das Engagement der Menschen, die sich für andere einsetzen und zu einer gelingenden Integration beitragen, heißt es in der Erklärung.