Das ehemalige Deponiegelände hinter dem Malmsheimer Wertstoffhof soll an den Landwirt Kindler als Weidefläche verpachtet werden. Doch das gefällt nicht jedem. Die Naturschützer befürchten, dass wichtiger Lebensraum für Tiere verloren geht.

Renningen - Hans Riedling kramt einen Fotoapparat aus seiner Tasche. „An klaren Tagen kann man ganz dahinten am Horizont bis nach Hamberg im Enzkreis sehen“, sagt er und lässt seinen Blick schweifen. Riedling steht auf einem großen Erdhügel, gleich hinter dem Wertstoffhof in Malmsheim. So friedlich war es nicht immer hier. Bis vor 30 Jahren hatten hier die Sprengköpfe der Firma Gehring einen Steinbruch in die Erde gegraben. Dann hat der Landkreis das Gelände erworben und den Steinbruch als Erddeponie benutzt. Bis 2013 haben Laster das Gelände angesteuert und tonnenweise Erdaushub abgeladen.

 

Dem Landkreis gehört das neuneinhalb Hektar große Gelände noch immer, genauer gesagt dem Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB). Von Baustelle, Erdaushub oder Steinbruch ist aber nicht mehr viel zu sehen. „Das ist jetzt ein tolles Naherholungsgebiet, was der Abfallwirtschaftsbetrieb hier geschaffen hat“, sagt Hans Riedling und zeigt Fotos, die er hier gemacht hat. Füchse, Rehe und Hasen sind darauf zu sehen, aber auch ganz seltene Arten wie die Gelbbauchunke und die Wechselkröte.

Steppenartiger Charakter

„Das Gelände ist wegen seines steppenartigen Charakters für die Tiere so attraktiv“, erklärt Riedling. Steppenartig bleibt es aber nur, wenn das Gebiet auch gepflegt wird. Und da liegt das politische Problem. Denn der Kreis will die Pflege des Geländes verpachten. Auch der zukünftige Pächter steht schon seit Längerem fest. „Eine Fläche von rund 6,5 Hektar wird im Rahmen eines Pacht- und Pflegevertrags an Andreas Kindler verpachtet“, heißt es in einem Brief des Abfallwirtschaftsbetriebes an eine Kreistagsabgeordnete von Anfang Februar.

„Als wir das gehört haben, waren wir sprachlos“, sagt Udo Schäfer, der zusammen mit Hans Riedling im Vorstand des Renninger Naturschutzbundes (NABU) sitzt. „Wir, das heißt die örtlichen Naturschutzgruppen, waren an der Planungen der Renaturierung des Geländes beteiligt. Und jetzt soll das Ganze an diesen Unternehmer gehen.“ Ihm sei zu Ohren gekommen, Kindler plane dort eine Art Freizeitpark für Familien. Schäfer befürchtet, dass es dort künftig einen Streichelzoo und einen Aussichtsturm geben könnte.

Auch im Gemeinderat hat der Plan des Abfallwirtschaftsbetriebs für Empörung gesorgt. „Dass diese tolle Landschaft unter der Hand dem Herrn Kindler versprochen wurde, erinnert mich an alte Seilschaften der DDR“, ärgert sich etwa Erwin Eisenhardt (Grüne). „In allen Fraktionen sind wir der Meinung, dass man diesen Geschäftsgebaren des Abfallwirtschaftsbetriebs endlich Einhalt gebietet.“

Damit will Erwin Eisenhardt übrigens keine Kritik an Andreas Kindler üben, den er als „rührigen, urschwäbischen Unternehmer“ sehr schätzt, wie er betont.

„Herzblut reinstecken“

Und was meint Andreas Kindler, der Renninger Landwirt, selbst zu der ganzen Angelegenheit? „Das ist ein ganz tolles Gelände. Da bin ich zuhause, und deshalb will ich da mein Herzblut reinstecken“, sagt er. Selbstverständlich wolle er sich an den vom Landratsamt vorgelegten Landschaftsschutzplan halten. „Es wird keine Bauwerke oder sonst irgendwas geben.“ Stattdessen will er hier nur eine Schaf- und Ziegenherde anschaffen, verspricht er.

Am Montag gab es ein Krisengespräch zwischen Andreas Kindler, dem Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt und dem Abfallwirtschaftsbetrieb. „Wir haben vorgeschlagen, dass die Stadt in die Vertragsbeziehung zwischen uns und dem Herrn Kindler miteinbezogen wird“, sagt AWB-Leiter Wolfgang Bagin. Einen Pachtvertrag mit drei Parteien also will man abschließen. „Damit kann die Stadt Renningen dann Einfluss nehmen, was auf dem Gelände passiert, und sie kann kontrollieren, ob der Naturschutz eingehalten wird.“

Jetzt muss die Stadt prüfen, ob sie diesem Kompromiss zustimmen kann. Die örtlichen Naturschutzverbände jedenfalls hoffen, dass sie auf jeden Fall in die zukünftige Nutzung miteingebunden werden – von welchem Pächter auch immer. „Wir haben erst vor kurzem ein riesiges Naherholungsgebiet an Bosch verloren“, sagt Hans Riedling und packt seinen Fotoapparat wieder ein. „Hier wäre jetzt der geeignete Ersatz dafür. Aber eben nur, wenn das Gelände nicht kommerziell genutzt wird.“