Zwei bislang Unbekannte haben ein Dutzend Stellen in Malmsheim in der Nacht zum Mittwoch beschmiert, darunter das Gebäude für Asylsuchende in der Voithstraße – nach Polizeiangaben der bislang größte Anschlag dieser Art in der Region.

Renningen - Laute Randale habe es in der Nacht gegeben, berichtet ein Anwohner in der Malmsheimer Voithstraße. Geschrei, Streit, Feuerwerkskörper. Am frühen Mittwochmorgen sieht er dann das Ergebnis: Rote Schmierereien an der neuen Flüchtlingsunterkunft mit eindeutig rechtsradikalen Aussagen, dazu einige Hakenkreuze.

 

Gegen 3 Uhr in der Nacht, so teilt es die Polizei am Mittwoch mit, hätten zwei Angestellte des Sicherheitsdienstes ihren Kontrollgang über das Gelände der Flüchtlingsunterkünfte gemacht und dabei zwei Personen bemerkt. Diese hätten daraufhin die Sicherheitsleute angegriffen, indem sie brennende Feuerwerkskörper in ihre Richtung geworfen hätten, die dann auch explodierten. Das Sicherheitspersonal zog sich daraufhin für kurze Zeit in das Gebäude zurück. Als die Wachmänner wieder ins Freie traten, entdeckten sie die zwei Täter, wie sie in Richtung Malmsheimer Ortsmitte flüchteten. Seitdem fahndet die Polizei nach den beiden.

Die Kripo ermittelt

„Es gibt bereits erste Zeugenhinweise“, sagt Yvonne Schächtele, die Sprecherin des Ludwigsburger Polizeipräsidiums, am Mittwochnachmittag. Die Kriminalpolizei in Böblingen hat in dem Fall die Ermittlungen sofort aufgenommen – für sie ein Novum, denn einen Anschlag dieser Art auf eine Flüchtlingsunterkunft hätten sie bislang noch nicht in den Kreisen Böblingen und Ludwigsburg zu beklagen gehabt. „Vereinzelt gab es bereits kleinere Schmierereien an Flüchtlingsunterkünften“, sagt die Polizeisprecherin Schächtele. „Aber in diesem Ausmaß hatten wir das in unserem Bereich noch nicht.“

Die betroffene Flüchtlingsunterkunft in der Malmsheimer Voithstraße wird vom Landkreis Böblingen als Erstunterbringung betrieben. Vom Kreis ist auch der private Sicherheitsdienst beauftragt, der jetzt bei dem Vorfall angegriffen wurde. „Das zeigt, dass es richtig ist, dass wir Sicherheitspersonal vor Ort haben“, sagt Dusan Minic, der Sprecher des Landratsamtes. Ob dieses Sicherheitskonzept jetzt verstärkt werden muss, konnte er am Mittwoch noch nicht sagen. „Wir wollen den polizeilichen Ermittlungen nicht vorgreifen“, erklärt Minic. „Bevor wir über Konsequenzen nachdenken, müssen wir diese Ergebnisse abwarten.“ Mittlerweile hat der Kreis die Schmierereien überstreichen lassen.

Beigeordneter: Wir tolerieren das nicht

Im Renninger Rathaus zeigt man sich erschüttert über die Vorfälle. „Wir tolerieren so etwas nicht“, sagt Peter Müller, der Erste Beigeordnete und Stellvertreter des Bürgermeisters. Es gebe eine große Willkommenskultur in der Bürgerschaft, das zeige sich zum Beispiel daran, dass man bei der städtischen Flüchtlingsunterbringung bisher auf Container auf der grünen Wiese verzichten konnte, weil genügend Bürger Unterkünfte bereitgestellt haben. „Da passt so etwas nicht dazu“, sagt Müller.

Die roten Kritzeleien auf der Flüchtlingsunterkunft in der Voithstraße sind nicht die einzigen Spuren, die die Täter hinterlassen haben. Zehn bis zwölf weitere Schmierereien bis hinein in die Malmsheimer Ortsmitte finden sich auf Mauern, Hausfassaden und Sichtschutzwänden.

Weitere Schmierereien in Malmsheim

„Das haben sie bei ihrer Flucht angebracht, um noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen“, vermutet die Polizeisprecherin Yvonne Schächtele. Dass die Polizei jetzt ihre Präsenz erhöhen muss, findet sie nicht. „Wir sind bereits präsent und fahren regelmäßig Streife vor Flüchtlingsunterkünften“, sagt die Sprecherin.

Etwa 160 Flüchtlinge hat der Landkreis in der Voithstraße untergebracht, vor allem Familien aus Syrien und Afghanistan. Der Anwohner in der Voithstraße, der die Vorfälle schon in der Nacht beobachtet hat, berichtet indessen von einem guten Verhältnis zu den Flüchtlingen. „Die Kinder kommen manchmal vorbei, dann helf’ ich ihnen bei ihrem Fahrrad“, sagt er. Er hoffe, dass das zukünftig so bleibe.

Zeugenhinweise
erbittet die Kriminalpolizei Böblingen (Telefon 0 70 31 / 13 00).