Nachdem sie das Palliativ-Care-Team für Erwachsene im Landkreis aufgebaut hat, möchte Martina Steinbrenner solch eine schmerztherapeutische Versorgung landesweit auch für kleine Patienten schaffen. Denn im Südwesten gibt es das nicht.

Renningen - Es ist ein Albtraum. Ein Kind erkrankt an einem Tumor, die Diagnose der Ärzte lautet: unheilbar. Es folgt ein Wettlauf gegen die Zeit, an dessen Ende unweigerlich der Tod wartet. Viele Eltern wollen nicht, dass ihre Kinder in einem Krankenhaus sterben. Sie möchten sie zu Hause pflegen und versorgen, ihnen die letzten Tage so würdevoll wie möglich gestalten, ohne allzu starke Schmerzen.

 

Hier kommen die Palliativ-Care-Teams (PCT) ins Spiel. Sie unterstützen todkranke Menschen und ihre Angehörigen in diesen schweren Zeiten. Schmerztherapeuten behandeln die Patienten, stehen mit Rat zur Seite. Der Gesetzgeber schreibt die sogenannte „Spezialisierte ambulante Palliativversorgung“ seit einigen Jahren für jeden Landkreis vor. Und bei Erwachsenen sei die Abdeckung mittlerweile auch recht gut, weiß Martina Steinbrenner. „Doch für Kinder gibt es in ganz Baden-Württemberg kein Palliativ-Care-Team.“

Eine Renningerin will ein landesweites Palliativteam aufbauen

Das will die 45-jährige Renningerin ändern. Eine „Spezialisierte ambulante pädiatrische Palliativversorgung“ (SAPPV) für Kinder und Jugendliche will sie auf die Beine stellen. Landesweit. Sie will Netzwerke spannen, eine Heimversorgung aufbauen, die Hand in Hand arbeitet mit Hospizen und Kinderpflegediensten. „Die Kinder sollen bis zum Schluss versorgt sein“, sagt Steinbrenner. Und das rund um die Uhr, das ganze Jahr.

Die Renningerin steckt viel Zeit in das Projekt. Sie schaut sich die bereits vorhandenen Strukturen an, überlegt, wie man darauf aufbauen könnte. Sie hat Kontakt zu Betroffenen, durchforstet das Internet nach Informationen und liest Artikel über Schicksale von Erkrankten und deren Familien. Das gehe einem schon sehr nahe. „Ich will mir nicht vorstellen, was die Eltern durchmachen und wie sie ihr Leben managen“, sagt die 45-Jährige, die selbst zwei Kinder hat. So eine Situation gehe an die Substanz. „Es muss dringend etwas passieren, wir brauchen diese Teams, die die Familien unterstützen.“

Im Sozialministerium in Stuttgart ist man sich der Notwendigkeit einer solchen Versorgung durchaus bewusst. Für Baden-Württemberg seien vier bis fünf PCTs erforderlich, erklärt die Behörde auf Nachfrage unserer Zeitung. Diese seien auch vorgesehen, jeweils mit Anbindung an große Krankenhäuser oder Kinderkliniken. Das Problem: die Finanzierung. Kostenträger (gesetzliche Krankenversicherungen) und Leistungsträger (Palliativ-Care-Teams) hätten unterschiedliche Auffassungen über die Höhe der notwendigen Kosten, erklärt ein Ministeriumssprecher. Besonders in der Anfangsphase, wenn noch nicht klar ist, welche Versorgung gebraucht wird, sei das problematisch. Es habe bereits mehrere Gespräche und eine Annäherung der Positionen gegeben, so der Behördensprecher. Weitere sollen folgen.

Gerlinde Kretschmann und die VfB-Traditionelf sind dabei

Martina Steinbrenner aber will nicht so lange warten. „Das Geld muss doch aufzutreiben sein“, dachte sie vor einigen Monaten und legte los. Seither rührt sie unermüdlich die Sponsorentrommel, versucht, Persönlichkeiten aus Politik oder Sport für ihr Projekt zu gewinnen. Im vergangenen November fand die erste Benefizgala „Kinder helfen Kindern“ statt. Am 8. November folgt die zweite, mit der Ministerpräsidentengattin Gerlinde Kretschmann als Schirmherrin. Für Sommer 2015 plant sie ein Fußballbenefizturnier mit der Traditionself vom VfB, die Zusage steht.

Es seien zwar noch recht kleine Schritte, die sie da gehe, sagt Martina Steinbrenner. Aber sie ist optimistisch, dass sie noch weitere Promis wie Peter Maffay oder Nena gewinnen kann. Und sie hofft auf viele Sponsoren. Es müssten ja nicht immer riesige Beträge sein. „Wenn viele mitmachen, kommt auch etwas zusammen.“

Die Frau weiß, wovon sie spricht. Ihr Bruder ist an Krebs gestorben. „Er hatte fürchterliche Schmerzen, aber wir haben zu lange gebraucht, bis wir einen Therapeuten gefunden hatten.“ Seither kämpft sie für eine Palliativ-Care-Versorgung, hat den Förderverein und das Team für den Landkreis Böblingen aufgebaut.