Sie muss es wissen: Helen Langehanenberg ist Olympia-Silbermedaillengewinnerin in der Mannschaftsdressur von London. Bei der hippologischen Fachtagung gibt sie talentierten Dressurreitern aus der Region ihre Ausbildungs-Tipps mit auf den Weg.

Leonberg - Mit Losgelassenheit zum Erfolg – so lautete das Motto der Reitlehrerfortbildung, zu der „so viele Zuschauer wie schon lange nicht mehr ins Leonberger Tilgshäusle gekommen sind“, wie der Präsident des baden-württembergischen Pferdesportverbandes, Gerhard Ziegler, zufrieden resümierte.

 

In drei Trainingseinheiten mit Reitern auf unterschiedlichem Leistungsniveau demonstrierte die Weltklassereiterin die Bedeutung der Losgelassenheit für das Pferd. Sie ist nach dem Takt die zweite auf der sechsstufigen Ausbildungsskala und wie jede Basisarbeit tragendes Fundament für den sportlichen Erfolg und die Gesunderhaltung des Pferdes. „Die lösende Arbeit ist mehr als nur ein bisschen Aufwärmen“, erklärte die Trainerin Maria Siegle, Isabell Kochan und Florian Adam in der ersten Gruppe. „Ich rate immer in Ruhe aufzuwärmen, sich Zeit zu nehmen und individuell auf das Bedürfnis des Pferdes einzugehen“. Diese Phase diene dazu, das Pferd auf die Arbeitsphase vorzubereiten und den Rücken tragfähig zu machen.

In der Ausbildung bei Ingrid Klimke und Klaus Balkenhol

Helene Langehanenberg hinterließ in ihren Trainingseinheiten deutliche Spuren ihrer Auffassung von klassischer Ausbildung. In der Tradition ihrer eigenen Lehrer, Ingrid Klimke und Klaus Balkenhol, achtete sie darauf, dass die Reiter ihre Pferde zu Losgelassenheit führten. Hartnäckig hat sie mit den überwiegend jungen Pferde der ersten Gruppe daran gearbeitet, dass diese sich nach Vorwärts-Abwärts vertrauensvoll an die Hand dehnen konnten. „Die Pferde sollen am besten mit der Nase über dem Sand pendeln“, so die Trainerin.

Maria Siegle von der Ditzinger Tonmühle hatte mit einem vierjährigen Wallach das jüngste Pferd in der Gruppe gesattelt. „Lass ihn gucken und nimm dir Zeit. Fühle, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, etwas zu tun. Es muss nicht alles perfekt sein am Anfang“, versuchte Langehanenberg die Reiterin in der ungewohnten Situation vor großem Publikum selbst zu innerer Gelassenheit zu ermutigen. „Ich muss Fehler machen um zu sehen, was geht und was nicht. Fehler sind wertvoll und zeigen mir auch Grenzen auf“, ermutigte die Trainerin Reiter und Zuschauer, Perfektion nicht durch Zwanghaftigkeit zu erreichen.

Auch die Pferde müssen ein Körpergefühl entwickeln

Konsequent und freundlich motivierte sie die Reiter aller Klassen – auch die Nachwuchsreiter des Landeskaders Marie-Christin Kogel, Jana Schlotter, Karla Knoop und Mona Sophie Gohr-Bimmel – sich mehr auf Sitz und Schenkelhilfen zu konzentrieren. „Rückwärtswirkende Zügelhilfen blockieren das Hinterbein“, wurde die Ausbilderin nicht müde zu erklären, da dies praktisch wie ein Abwürgen des Pferdemotors sei und die Tragfähigkeit des Rückens beeinträchtige. „Pferde müssen die Chance haben, zu verstehen, was wir von ihnen wollen, um ein Körpergefühl daraus zu entwickeln. Dann erst kann ein Lernprozess in Gang kommen“, gab Langehanenberg den Reitern und Zuschauern auf den Weg.

Besonders eindrucksvoll zeigte die Trainerin bei der Arbeit mit der Weil der Städter Landeskaderreiterin Jana Schlotter auf Showman, welche Wirkung die gründliche Lösearbeit hat. Zu Beginn zeigte der Braune eine etwas feste Hinterhand aber spektakuläre Vorhandbewegungen. Im Verlauf der Arbeit konnte die junge Reiterin ihrem Pferd federnde taktsichere Trabbewegungen entlocken und am Sitz in einen Versammlungsgrad reiten, der nur noch einen Wimpernschlag von einer Passage entfernt lag. „Die Gewichtshilfe ist eine wunderbare Hilfe. Bei Pferden, die an Gewichtshilfen gewöhnt sind, wird man unabhängig von Zügelhilfen“, so die Dressurreiterin. „Denk nicht an Passage“, ermunterte Langehaneberg die Nachwuchsreiterin zum mutigen Sondieren der Grenzen des Pferd-Reiter-Paares. „Wenn ich piaffiere, denke ich immer an Trab. Denk einfach an kleinen Trab“, gab sie Schlotter mit auf den Weg.