Das Mittelalter hat Wochenende auf dem Pferdehof Popp Einzug gehalten. „Seit Ostern proben wir das Stück schon“, berichtet Herbert Keller, der den Piratenkönig mimt. Er hat sein Pferd hier auf dem Grenzbachhof stehen, so wie all die anderen Schauspieler auch.

Mönsheim - Oh nein, er muss nun doch kämpfen. Gerade hat ihn die Kunde erreicht, jetzt ist Stephanus von Urbach, seines Zeichens ehrwürdiger Rittersmann der Schlegler zu Heimsheim, im Stress. Der Kampf ist zwar erst in einer knappen Stunde angesetzt, bis dahin hat er aber einiges zu tun. In eine ganze Ritterrüstung muss er schlüpfen. „Zieh hier bitte noch ein bisschen fester“, sagt er zu seinem Knappen. Und: „Der Riemen dort unten spannt noch nicht genug.“ Also wird’s doch wieder nichts mit dem gemütlichen Wochenende, das Stephanus von Urbach in seinem Zelt verleben wollte, dort, auf dem Mittelaltermarkt, bei den mittelalterlichen Ritterspielen, die am Wochenende in Mönsheim aufgeschlagen haben.

 

Stephanus von Urbach zieht und zurrt noch an seinen Riemen, da ist die Prinzessin schon längst aus den Fängen verbrecherischer Piraten errettet worden. Elf Jahre zuvor nämlich, anno 1215, hatte Euchstasius Le Mont, der Piratenkönig, ihre Königliche Hoheit Gwendolyn vom Königshof ihres Vaters William von England entführt. „Helft mir, meine Tochter zu finden!“, ruft William den vielen Zuschauern zu, die sich beim Turnierplatz eingefunden haben, um dem Spektakel zu lauschen. Mittendrin Monika Popp, die Chefin, Autorin und Regisseurin der „Gefangenen von Sark“. „Die Leute haben hier Spaß, und das ist das Wichtigste“, stellt sie zufrieden fest.

Seit elf Jahren wird das Stück fortgeschrieben

Seit elf Jahren schreibt sie jedes Jahr eine Fortsetzungsfolge dieses Stücks. Und ebenso lange veranstaltet sie die Ritterspiele auf ihrem Pferdehof in den einsamen Mönsheimer Hügeln schon. „Damals wollten wir für unsere Reiterschüler mal was anderes machen“, erzählt Monika Popp. Was da mittlerweile entstanden ist, war damals noch nicht absehbar, 30 Marktstände, 30 Helfer und sechs Lagergruppen tummeln sich heute auf dem Pferdehof. Die Heimsheimer Schlegler sind eine davon. „Wollt ihr was anfassen“, fragt da Benedikt von Hohenscheid, der Knappe von Stephanus von Urbach. Ja, klar, die Kinderaugen leuchten bei all den glänzenden Rüstungen, Schwertern, Lanzen und Dolchen. „Den Schild da drüben haben wir so gebaut und verleimt, wie im Mittelalter auch“, erzählt der Knappe, und holt eine Axt, die er dann krachend und mit voller Wucht auf den Schild fallen lässt. Der zittert zwar ein bisschen, bleibt ansonsten aber am Stück.

Ein leises „Wow“ und „Ohhh“ fällt den beiden Geschwistern Max und Leonie da nur ein. So einen richtig stabilen Schild, den auch Martinus von Weistenstein jetzt braucht, der tapfere Ritter, der die edle Gwendolyn von den bösen Piraten befreien soll. „Dafür veranstalten wir eine große Tureney“, verkündet der königliche Herold. „So macht es der Adel nämlich.“ Kaum hatte er gesprochen, da öffnen sich krachend die großen Tore des Schiffs auf dem Turnierplatz und acht Pferde samt ihren tollkühnen und todesmutigen Reitern ohne Furcht und Tadel stürmen heraus.

Die Mimen haben ihre Pferde auf dem Grenzbachhof stehen

„Seit Ostern proben wir das Stück schon“, berichtet später Herbert Keller, der den Piratenkönig mimt. Der Rutesheimer hat sein Pferd hier auf dem Grenzbachhof von Monika Popp stehen, so wie all die anderen Schauspieler auch. „Wir sind jedes Jahr ganz gespannt, was die Monika uns wieder schreibt“, sagt er. Dann geht die Stallgemeinschaft ans Werk, taucht ab ins Mittelalter.

So wie Stephanus von Urbach (vor einer Stunde noch Stefan Kleiner), der sich allmählich auf in den Kampf machen muss. Mithilfe seines Knappen hat er es mittlerweile ächzend in seine leichte Infanterieausstattung geschafft. 45 Kilogramm trägt er jetzt am Leib, auch wenn das so nicht geplant war. „Immer diese spontanen Kämpfe“, murmelt er. Aber so ist es eben, das Mittelalter.