Herr Röckle, als Ort des Gesprächs haben Sie sich die Stadthalle ausgesucht. Warum?
Hier kommt jetzt vieles in Bewegung. Während der Sommerferien beginnt die erste Stufe der Sanierung, bei der die Belüftung und die Gebäudetechnik erneuert werden.
Die Investitionen waren im Gemeinderat nicht unumstritten.
Eine Stadt wie Leonberg braucht eine Stadthalle für die unterschiedlichsten Anlässe. Und wir sind ja auf einem guten Weg. Zum wieder positiven Image trägt auch die Gastronomie erheblich bei.
Beklagt wird der Zustand des Vorplatzes.
Nach mehr als 30 Jahren ist hier dringend eine Aufhübschung angebracht. Wir nehmen viel Geld in die Hand, damit die Stadthalle besser belebt und bespielt wird und ihr teilweise schmuddeliges Image verliert. Dann gehört aber das Umfeld dazu.
Zum Umfeld gehört auch der Stadtpark. Dort könnte ein neues Wohngebiet entstehen.
Das sehen wir kritisch. Es passiert ja viel. Layher baut auf dem alten Bausparkassen-Areal. Das TSG-Gelände soll bebaut werden, und es gibt ja weitere Optionen. Der Stadtpark ist die grüne Lunge der Stadt, man kann sie nur einmal verbrauchen.
Wohnungsnot ist ein sehr großes Problem.
Das ist richtig. Die Baulandpreise sind hoch. Außerdem haben die frühere grün-rote und jetzige grün-schwarze Landesregierungen die baulichen Standards bei Brandschutz, Energie und Sicherheit derart hochgefahren, dass alles nur noch teurer wird. Wenn wir diese Standards beibehalten, werden wir in Leonberg bezahlbaren Wohnraum nicht mehr hinbekommen. Wobei bezahlbar ein sehr dehnbarer Begriff ist. Angesichts der zu erwartenden weiteren Zuwanderung müssen wir die Standards absenken.
Ein weiteres Riesenproblem ist die Verkehrsbelastung...
...die in der Innenstadt noch zunehmen wird, wenn das TSG-Gelände bebaut wird, insbesondere in der Feuerbacher Straße und der Grabenstraße.
Als Lösungsansatz wird wieder über einen Altstadt-Tunnel diskutiert.
Der Tunnel würde eine partielle Verbesserung bringen, ist aber immens teuer. Der Leidensdruck muss wohl noch größer werden, um mit einer finanziellen Förderung zu rechnen.
Ist ein guter Nahverkehr keine echte Alternative?
Das einzige, was beim Verkehrsverbund Stuttgart wirklich funktioniert, scheint die Erhöhung der Fahrpreise zu sein. Die Leistungen hingegen lassen doch sehr zu wünschen übrig. Die Menschen steigen aber erst um, wenn der Nahverkehr eine echte Alternative ist, also wenn er bezahlbar und pünktlich ist. Deshalb sehen wir auch die Hesse-Bahn kritisch. Durch die zusätzlichen Züge gerät der Takt der S 6 in Gefahr.
Beim aktuellen Wirtschaftsbarometer unserer Zeitung machen viele heimische Firmenchefs das tägliche Stauchaos für Geschäftsprobleme mitverantwortlich.
Der Just-in-Time-Lieferverkehr wird in der Tat belastet. Und man muss ehrlich sagen, dass kurzfristig keine Lösung in Sicht ist. Im Gegenteil, die Probleme werden zunehmen. Und auch hier werden wir an anderer Stelle erst gehört werden, wenn der Leidensdruck noch größer wird.
Immerhin soll der so genannte Verflechtungsstreifen auf der A 8 zwischen Stuttgart und Leonberg für flüssigen Verkehr sorgen.
Faktisch ist das eine neue Fahrspur. Dass das jetzt Verflechtungsstreifen genannt wird, ist eine Mogelpackung, um die Standards beim Lärmschutz nicht einhalten zu müssen. Und selbst wenn er eine kurzfristige Verbesserung bringt, danach ist wieder die Erneuerung des Flüsterasphalts fällig. Und die Tunnelbaustelle kommt so sicher wie ein neuer Oberbürgermeister. Wirklich helfen würde nur eine großräumige Verkehrsverlagerung. Doch dann kriegen die dortigen Anwohner von dem Dreck etwas ab, den wir hier schon lange haben. Sie werden nicht begeistert sein.
Nicht ganz unschuldig am steigenden Verkehr ist auch der Wachstumskurs in Leonberg: Mehr Menschen, mehr Betriebe, mehr Gebäude.
Es ist richtig: Mehr Gewerbe produziert mehr Verkehr. Deshalb müssen wir uns überlegen, wie weit wir noch wachsen wollen. Zumal wir mit dem Stadtumbau noch einiges vor uns haben. Möglicherweise ist dann die Zeit für eine gewisse Phase der Konsolidierung reif, auch in finanzieller Hinsicht.