Einen ersten Eindruck vom täglichen Verkehrswahnsinn bekommt Carsten Linnemann nach der Landung. Fast genauso lange wie von Berlin nach Stuttgart braucht der Bundesvorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung (MIT) auf der A 8 vom Flughafen nach Leonberg.

Leonberg - Einen ersten Eindruck vom täglichen Verkehrswahnsinn bekommt Carsten Linnemann nach der Landung. Fast genauso lange wie von Berlin nach Stuttgart braucht der Bundesvorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung (MIT) auf der A 8 vom Flughafen nach Leonberg.

 

Der MIT-Kreisvorsitzende Oliver Zander hat seinen obersten Verbandschef eingeladen, auf dass der in Herrenberg Wahlkampf macht. Zuvor steht ein Treffen mit dem heimischen Unternehmer Andreas Weeber in der LKZ-Redaktion an. Linnemann will von einem Vertreter der Basis wissen, was im Mittelstand los ist.

Mit Weeber hat der MIT-Chef einen guten Gesprächspartner gefunden. Der Geschäftsführer der gleichnamigen Autohausgruppe bewegt sich im Spannungsfeld zwischen dem lokal verwurzelten Familienbetrieb mit hoher Kundenbindung und dem knüppelharten Verdrängungswettbewerb auf dem Automarkt. Dass sein Haus erfolgreich ist, belegen die Fakten. 550 Mitarbeiter hat das Unternehmen, das seine Ursprünge vor mehr als 100 Jahren in einer Schmiede in Weissach hatte. Jetzt verfügt es neben dem Stammsitz in Weil der Stadt über große Häuser in Leonberg. Herrenberg und Calw.

Die Weebers sind Repräsentanten des VW-Konzerns und verkaufen neben den Wolfsburger Modellen Autos der Marken Audi und Skoda. Das läuft recht gut, erklärt der Geschäftsführer dem Gast aus Paderborn. Aber es könnte noch besser laufen, gäbe es nicht diese ausufernde Bürokratie. Fast alles im Betrieb ist mittlerweile reguliert. Das gipfelt darin, dass es allein im Familienbetrieb Weeber „17 Beauftragte für irgendwas“ gibt, wie der Chef mit leicht verzweifeltem Unterton feststellt, Gleichstellungsbeauftragte inklusive.

Weeber stößt bei dem CDU-Politiker, der in seiner westfälischen Heimat seinen Wahlkreis Paderborn direkt gewonnen hat („das schafft mir Unabhängigkeit“) auf offene Ohren. Der heute 38-Jährige ist in den zwei Buchhandlungen seiner Eltern groß geworden. „Ich weiß, wie es ist, wenn man abends mit Sorgen einschläft und morgens mit Sorgen wieder wach wird.“

Deshalb ist Linnemann ein strikter Gegner amtlicher Regulierungsgelüste, lehnt mit der gleichen Vehemenz aber den Wunsch verschiedener Branchen nach Ausnahmeregeln ab: „Wir brauchen den Mut zur Vereinfachung.“

Wenn man schon mal einen echten Auto-Spezialisten am Tisch sitzen hat, kann es freilich nicht nur um Politik gehen. Linnemann erkundigt sich nach technischen Innovationen, spricht von der Vision des rollenden Büros. „Das Thema ist bei den Herstellern angekommen“, erklärt Weeber. An der Entwicklung digital perfekt ausgestatteter Autos werde „mit großer Manpower“ gearbeitet. Die meisten privaten Kunden, so verrät der Händler, könnten freilich nicht viel damit anfangen. „Viele misstrauen sogar einem Tempomaten.“

Im autoverliebten Ländle geht es eben nicht nur um Effizienz, sondern um Fahrspaß. „Das ist definitiv so“, bestätigt Weeber, schildert aber neue Trends. „Die Käufer achten nicht auf dicke Felgen, sondern wollen ihr Smartphone anschließen.“

Keine Diskussion ohne das Flüchtlingsthema. Der Geschäftsführer sieht es pragmatisch: „Viele Asylbewerber haben handwerkliche Grundkenntnisse. Warum ist es so schwer, sie in Ausbildung und Beruf zu bringen?“ Linnemann wäre „sofort dabei“. Mit einer wesentlichen Einschränkung: Ausschließlich anerkannte Asylbewerber sollen hier einen festen Job bekommen.

Dass der Kurs der Kanzlerin nicht seiner ist, verhehlt der MIT-Chef nicht. „Ich bin für Schengen. Aber solange die Außengrenzen nicht funktionieren, müssen wir unsere Grenzen sichern“, fordert der CDU-Mann. Der Ruf der Wirtschaft nach freiem Handel beeindruckt ihn nicht: „Wir müssen wissen, wer im Land ist. Das wiegt schwerer als Wachstum.“ Andreas Weeber wird also kaum auf ausländische Personalverstärkung hoffen können.