Seit einem Jahr gibt es das Repair Café im Bürgerzentrum. Hilfe zur Selbsthilfe lautet das Motto. Die Mitglieder unterstützen andere dabei, Dinge zu reparieren. Auch das Angebot in Merklingen läuft gut.

Leonberg/Weil der Stadt - Ein heißer Sommertag und Schulferien – ganz Leonberg döst oder feiert. Ganz Leonberg? Nein, im Bürgerzentrum Stadtmitte an der Neuköllner Straße herrscht reges Treiben. Einmal im Monat hat das Repair Café geöffnet – und das seit einem Jahr sehr erfolgreich.

 

Im September 2015 begann der Probelauf für das erste Repair Café in der Stadt. Die Idee aus den Niederlanden, kaputte Gegenstände nicht einfach wegzuwerfen, sondern zusammen mit Helfern wieder instand zu setzen, hatte sich zwar schnell in Europa verbreitet. Doch würden die Leonberger tatsächlich mit ihren defekten Lieblingsstücken ins Bürgerzentrum kommen? Und sie stattdessen nicht einfach auf dem Wertstoffhof entsorgen? Würden sie ehrenamtlichen Reparaturhelfern vertrauen und zusammen mit ihnen den Heilungsprozess wagen?

„Das ist eine Erfolgsgeschichte“, erklärt Eckart Matthias, der die Agenda-Gruppe ehrenamtlich leitet und den Einsatz der mehr als 30 freiwilligen Helfer organisiert. Spezialisten gibt es für alles, was repariert werden kann: vom Computer über die Kaffeemaschine, vom angerissenen Lieblingspulli bis zum fahruntüchtigen Drahtesel oder dem angeknacksten Schaukelpferd. Die Helfer sind mit Spaß und Eifer bei der Sache, arbeiten in technischen Berufen oder sind, wie ein ehemaliger Polizist, schon immer Hobby-Reparierer. Einige sind noch berufstätig, zum Beispiel der indische Experte für Handys. Er hat sich für knifflige Aufgaben gemeldet, spricht perfekt Deutsch und kümmert sich ums Innere und Äußere der oft unersetzlichen Kommunikationsgeräte.

Kaputte Elektrogeräte stehen hoch im Kurs

Renate Strauss von der Lokalen Agenda hat sich am Wochenende für den Dienst am Empfang eingetragen, sie schickt die Hilfesuchenden zu den entsprechenden Experten und notiert auf einem Formular den Ausgang des Repariervorgangs. „Natürlich kann nicht jedem geholfen werden, bei alten Elektrogeräten gibt es oft keine Ersatzteile mehr. Aber wir haben festgestellt, dass die Tücke manchmal in ganz einfachen Dingen liegt und der Reparaturhelfer mit einem Blick den Übeltäter entlarvt“, berichtet sie.

Eckart Matthias kann eine eindrucksvolle Statistik für das vergangene Jahr vorweisen: Der Januar bescherte dem Reparatur-Team einen Höhepunkt mit 51 kaputten Teilen, im Mittel wurden samstags knapp 30 funktionsuntüchtige Geräte vorbeigebracht. Die Quote für eine erfolgreiche Reparatur schwankt zwischen 48 und sagenhaften 85 Prozent (im Juli). Die meisten „Kunden“ kamen übrigens mit defekten Elektrogeräten.

Dennoch wünschen sich die Reparatur-Helfer noch mehr Zulauf. Dabei braucht das kaputte Teil erst einmal gar nicht mitgebracht zu werden, falls es zu unhandlich ist. Die Helfer beraten auch, ob sich eine Reparatur überhaupt lohnen könnte. Und wer eine allgemeine Frage hat, sei es zu einer bockenden Software oder einer geeigneten Holzpflege, der ist hier ebenfalls richtig. Die Hilfe bei der Reparatur ist gratis – zufriedene Kunden füllen aber gerne die Spendenbox für weiteres Repariermaterial und für Kaffee und Kuchen an diesen Vormittagen.

Im Weiler Teilort Merklingen hat in diesem Frühjahr das Umweltteam der evangelischen Kirche ein Repair Café eröffnet. Jeden ersten Samstag im Monat wird im evangelischen Gemeindehaus gewerkelt und geschraubt, was das Zeug hält. Der Organisator Bernhard Drollinger ist begeistert: „Das Angebot wird sehr gut angenommen, bisher sind zu jedem Termin etwa 50 Besucher gekommen.“ Und die haben die unterschiedlichsten Dinge im Gepäck: Vom Rasierapparat, über die Kaffeemaschine, Puppen oder Beistelltische bis hin zu kaputten Handys ist alles dabei. „Die jungen Leute kommen meistens mit einem kaputten Smartphone“, erzählt Drollinger. Erst kürzlich hatte der gelernte Feinmechaniker eine Sense auf dem Tisch. Und hat diese fachmännisch und zur vollsten Zufriedenheit seiner „Kundin“ wieder hergerichtet.

Der eine ist 13, der andere 83 – ein starkes Team

30 Mitarbeiter hat das Team in Merklingen. Und die kommen aus allen Weiler Teilorten. Das freut Bernhard Drollinger besonders, denn genau das war das Ziel: Ein Projekt auf die Beine zu stellen, an dem sich alle Weil der Städter beteiligen können. Egal, wie alt sie sind. „Unser ältester Mitarbeiter ist 83, der jüngste 13. Und das Spannende: Die beiden arbeiten erfolgreich als Team zusammen“, erzählt Drollinger. Mit dabei sind Rentner, Schüler und auch Menschen, die noch voll im Berufsleben stehen. „Diese Mischung ist gut, das Konzept geht auf“, ist Bernhard Drollinger überzeugt.

Die Besucher kommen im Übrigen nicht nur aus der Keplerstadt. „Wir haben Stammgäste aus Renningen und Heimsheim“, sagt Drollinger. Auch aus anderen Nachbarkommunen und sogar von den Fildern hätten schon Besucher den Weg nach Merklingen gefunden. Die Mitarbeiter vom Repair Café engagieren sich auch in der Flüchtlingshilfe. Sie haben viele Fahrräder und Nähmaschinen gesammelt und richten sie nun nach und nach her. „Und dann übergeben wir sie den Flüchtlingen“, sagt Drollinger.

Repair Cafés

Leonberg
Hier ist das Repair Café immer am zweiten Samstag im Monat von 10.30 bis 14 Uhr geöffnet. Es befindet sich im Bürgerzentrum Stadtmitte (Neuköllner Straße 5), hinter dem Leo-Center.

Weil der Stadt
Im Remigiushaus Merklingen (Eingang Kirchgrabenstraße 7) befindet sich das Repair Café von Weil der Stadt. Es öffnet am ersten Samstag im Monat von 10 bis 14 Uhr.

Ditzingen
Das Repair Café der Bürgerstiftung findet jeden zweiten Donnerstag im Monat von 16 bis 20 Uhr in der Konrad-Kocher-Schule (Gottfried-Keller-Straße 40-44) statt.

Gerlingen
Einmal im Monat öffnet das Repair Café in der Aula der Pestalozzi-Schule im Schulzentrum (Hasenbergstraße 16) samstags von 11 bis 15 Uhr. Die nächsten Termine sind am 24. September und 22. Oktober.