22 Veranstaltungen unter dem gemeinsamen Motto „Miteinander – Füreinander“ in neuen Gotteshäusern, das ist die Nacht der offenen Kirchen.

Leonberg - Dazu gehörte schon etwas Mut: nämlich sich im Dunkeln aus 44 Meter Höhe abzuseilen. Am Ende waren es 35 überwiegend junge Leute, die es wagten. Die 13-jährige Luise und die 14-jährige Joana gehörten dazu. Sie stiegen im Turm der Versöhnungskirche im Ramtel hinauf und betraten die Außenfläche. Dort sicherte ein Mitglied des Deutschen Alpenvereins aus Stuttgart die Abseil-Willigen mit Seil und Haken. Dann hieß es, über die extra angelegte Leiter ein paar Stufen nach herabzusteigen und schließlich loszulassen. Am Seil ging es dann sicher nach unten. „Am Anfang gab es einen Ruck, das war schon ganz kurz etwas komisch“, erzählte Joana immer noch ganz aufgeregt. „Aber es war megaschön!“, stimmte ihre Freundin zu. Den beiden Mädchen hat es sichtbar Spaß gemacht. Würden sie so etwas wieder machen? „Ja, auf jeden Fall, auch aus größerer Höhe.“

 

So wie die beiden Jugendlichen haben wohl viele dieses Abenteuer an der Kirche empfunden. Die Organisatoren des Jugendprogramms rund um Barbara Müller, Juliane Morgen, Anastasios Leontopoulos und Christina Blum hatten offensichtlich das richtige Gespür dafür, womit sie den Nachwuchs für die Nacht der offenen Kirchen begeistern konnten.

Welches Ende nimmt die Geschichte?

Zwei weitere Programmpunkte hatte das ökumenisch zusammengesetzte Team speziell für Jugendliche im Angebot: eine interaktive Videoinstallation in der St. Johanneskirche, bei der die Zuschauer selbst entscheiden konnten, welche Wendung die Geschichte nimmt, und am späteren Abend eine Stunde zum Chillen und Zuhören in der Michaelskirche. Dort lieferte die Leonberger Band Stadtkind die Musik, etwa das durch den kanadischen Sänger Leonard Cohen bekannte Lied „Hallelujah“. Nicht nur durch die sanfte Stimme des Stadtkind-Sängers Laurin Röckle, sondern auch durch den mit Kerzen erleuchteten Raum der Eltinger Kirche gewann dieser Song an Tiefe und beeindruckte die vielen Zuhörer, Jugendliche, aber auch etliche Ältere.

Juliane Morgen, Eltinger CVJM-Jugendreferentin, erzählte von den Vorbereitungen für diese Events, die ein Teil der Leonberger offenen Kirchen-Nacht waren: „Dafür haben wir fast ein Jahr gebraucht. „Das war viel Aufwand für uns“, sagte sie. „Aber es ist vielleicht eine Anregung für Jugendliche, mal wieder in die Kirche zu kommen und auch zu sehen, dass es da nicht langweilig sein muss.“

In der Stadtkirche darf gelacht werden

Gar nicht langweilig, sondern sogar recht lustig ging es um 21 Uhr in der Stadtkirche zu. Denn der Stummfilm „The Pilgrim“ (Der Pilger) mit Charlie Chaplin von 1923 zeigte mit viel Komik und Slapstick die Läuterung eines kleinen Ganoven. Für die musikalische Untermalung sorgte Bezirkskantor Attila Kalman auf der Orgel. „Ich improvisiere völlig frei, habe keine vorgegebenen Noten“, sagte der an diesem Abend Vielbeschäftigte – er kam gerade von einer Veranstaltung in der Pauluskirche herbeigeeilt – auf Nachfrage. Und das machte er ganz hervorragend. Er zog quasi alle Register und entlockte der fünfzig Jahre alten Orgel sogar Anklänge an die „Schwäbsche Eisenbahn.“ Die vielen Zuhörer spendeten Attila Kalman kräftigen Beifall.

Die Vorsitzende des Kirchengemeinderats der Stadtkirche, Ursel Beuttler, erzählte, dass die Gemeinde eine neue Orgel anschaffen möchte und dafür Spenden sammle. Rund eine Million wird ein neues Instrument wohl kosten. Außerdem müsse die neue Orgel im Kirchenraum viel weiter vorne stehen, um auch den Chor im Altarraum besser begleiten zu können. „Kirchenmusikalische Veranstaltungen wie etwa die monatliche Stunde der Kirchenmusik spielen bei uns eine große Rolle und sind immer sehr gut besucht“, sagte Ursel Beutler.

Kurz vor Mitternacht gibt’s Musik

Musik gab es zu später Stunde auch in der Pauluskirche. Allerdings sangen die Besucher in dem weitgehend nur durch einen auf eine Leinwand projizierten Sternenhimmel erleuchteten Raum selbst. „Im Dunkel unserer Nacht entzünde das Licht“ war das passende Lied, denn nach und nach verteilten Irmtraud Klein und andere Gemeindemitglieder viele Lichter an die Besucher. Mit diesen – elektrischen – Kerzen könnten die Gäste nun zur Abschlussveranstaltung in die St. Johanneskirche gehen, hieß es. Dort gab es spät in am Abend um 23 Uhr noch eine ökumenische Liturgie für alle interessierten Besucher der Nacht der offenen Kirchen.