Die wachsende Stadt braucht dringend neuen Wohnraum. Einer Prognose der Statistiker zufolge wird bis 2030 die 50 000-Einwohner-Grenze überschritten. Doch es gibt kaum noch Flächen.

Leonberg - Für Bernhard Schuler liegt es auf der Hand: ein Wohngebiet wie Ezach III würde heute nicht mehr genehmigt. Zu großzügig sei dort gebaut worden. Mit dem drastischen Beispiel will der Oberbürgermeister deutlich machen, wie dramatisch die Wohnsituation in Leonberg ist.

 

Denn wer das neue Viertel zwischen Glems und Schopflochberg kennt, der weiß, dass die Siedlung bestimmt kein Musterbeispiel für großflächigen Wohnungsbau ist. Frei stehende Häuser sind die Ausnahme, viele Reihenhäuser sind dicht an dicht, dazwischen drängen sich Wohnblocks.

Und es wird noch enger werden. Im verzweifelten Ringen um mehr Dächer für immer mehr Köpfe hat der Gemeinderat eine „Wohnraumstrategie 2030“ beschlossen. Denn spätestens dann, so erwartet das Statistische Landesamt, wird die Stadt Leonberg die 50 000-Einwohner-Marke überschritten haben.

Leonberg will die Zahl städtischer Wohnungen verdoppeln

Und bis dahin will die Stadt ihren eigenen Bestand um die Hälfte auf dann 380 Wohnungen verdoppelt haben. Unterkünfte, die hernach zu sozial verträglichen Preisen vermietet werden könnten.

Doch wer nun glaubt, die Stadt müsse einfach nur ein paar neue Baugebiete ausweisen, der verkennt die Schwierigkeit der Ausgangslage. Die Stadt hat schlicht kaum noch Platz. So wollen weder die Rathausspitze noch der Gemeinderat ausschließen, dass es am Ende doch noch einige Freiflächen treffen könnte. Sprich: Felder oder Äcker werden bebaut.

Doch so weit ist es noch nicht. Im Gemeinderat ist ganz klar die Losung „Nachverdichtung“ herausgegeben worden. Will sagen: zunächst werden sämtliche Erweiterungsmöglichkeiten in bereits bebauten Stadtteilen geprüft. Das betrifft besonders das Zentrum und Höfingen, nicht zuletzt weil beide Bereiche an der Bahnlinie liegen.

Die Stadt will die Leerstände ermitteln und Immobilienbesitzer zum Umbauen ermuntern. In manches Haus würden noch ein paar Zimmer passen. Wohnungen im Souterrain oder im Dach wären möglich.

Doch selbst wenn jeder Eigentümer seine freien Räume zur Verfügung stellt, selbst wenn in vielen Häusern an- und umgebaut wird: ohne weitere Quartiere vor allem in der Kernstadt wird es nicht gehen.

In Frage kommen aus jetziger Sicht nur drei Varianten: Die SPD hat schon länger eine Siedlung am Stadtpark ins Gespräch gebracht. Recht neu ist die Aussicht, das Vereinsgelände der TSG an der Jahnstraße in Wohnland umzuwidmen. Dies klappt aber nur, wenn der Verein mit dem TSV Eltingen fusioniert. Nach den jüngsten Aufregungen um die hohen Kosten für ein gemeinsames Vereinszentrum ist der Diskussionsprozess schwieriger geworden.

Geteilte Meinungen im Rat in Bezug auf das Reiterstadion

Schwierig könnte es auch bei der dritten Option, dem Reiterstadion, werden. Der Gemeinderat ist sich uneins, ob das traditionelle Pferdemarktgelände dem Wohnungsbau geopfert werden soll.

Der OB ist strikt dagegen: „Das gibt einen Aufstand“, warnt Bernhard Schuler. „Damit würden auch der Samstagsmarkt, die Leomess und die Autoschau gekillt.“

In der CDU wird darüber nachgedacht, zumindest einen Teil zu bebauen. Einig ist sich der Gemeinderat nur darin, dass es ein Modellprojekt geben soll, in dem freier und sozialer Wohnungsbau vereint werden.

Doch selbst wenn ein Platz gefunden ist: die Finanzierung ist noch unklar. Sollte das TSG-Gelände frei werden, könnte ein Ankaufmodell greifen, wonach nach die Stadt zunächst die komplette Fläche erwirbt.

Gelobt wird auch das Ludwigsburger „Fair-Wohnen“-Projekt. Doch dafür müsste die Wohnungsbaugesellschaft aus der Barockstadt als Partner gewonnen werden.