Die „Stiftung Zeit für Menschen“ lädt zu einem musikalisch-literarischen Abendspaziergang auf Mörikes Spuren ein. Die Schauspielgruppe „Dein Theater“ bringt heitere Szenen, die zum Nachdenken anregen.

Leonberg - Wäre Mörike, der naturverbundene Dichter, heute Mitglied im Albverein? Mit diesem Gedanken spielte Stefan Österle von der Stuttgarter Schauspielgruppe „Dein Theater“ beim musikalisch-literarischen Abendspaziergang durch Eltingen.

 

Weit mehr als 100 Bürger hatten sich auf dem Hof des evangelischen Gemeindehauses getroffen, um gemeinsam vier Stationen in Eltingen aufzusuchen. Veranstaltet wurde der Abendspaziergang von der „Leonberger Stiftung Zeit für Menschen“ in Verbindung mit der Samariterstiftung und dem städtischen Kulturamt, unterstützt vom Eltinger Bürgerverein.

Viele kommen wieder

Die Sprecherin des Stifterkreises, Inge Horn, freute sich besonders, im Anschluss an die Jahresversammlung der Stiftung den schon traditionellen Abendspaziergang mit den zweiten Eltinger Mörike-Tagen verknüpfen zu können. Davon war Klaus Hettler, Vorsitzender des Eltinger Bürgervereins, ebenfalls angetan: „Ich sehe hier viele Besucher, die auch bei unseren Mörike-Lesungen der vergangenen Woche dabei waren“, stellte er zufrieden fest.

Nach der kurzen Einführung in Leben und Werk des schwäbischen Dichters vor dessen ehemaliger Wohnstätte, dem evangelischen Pfarrhaus, machte sich die Gruppe der Spaziergänger über die Carl-Schmincke-Straße auf zur zweiten Station, dem Friedhof. Von dort ging es über die Karlstraße und die Poststraße zur Metzgerei Kicherer und dann gemächlich zurück zur Michaelskirche und zum Pfarrhof.

Heitere und nachdenkliche Verse

An allen drei Wegstationen schlüpften die Akteure des Stuttgarter „Dein Theater“ in die Rolle von Senioren und ließen die Zuschauer mit heiteren und nachdenklichen Versen teilhaben an den Gedanken und Gefühlen von Menschen jenseits des Rentenalters. Von Menschen auf dem Weg in die Demenz oder auch an Dialogen zwischen Freunden, die auf viele gemeinsame in Lebensjahre zurückblicken.

Wenn auf dem Friedhof etwa das alte Mütterchen mit weißem Dutt und im schwarzen Gewand beteuert: „Ich will nicht klagen, ich will es nur sagen“, steht vielen Zuschauern das Wiedererkennen ins Gesicht geschrieben, und unwillkürlich kommt ein Lachen über die Lippen.

Doch wenn die alte Frau mitten in der Ode über die gut gemeinten Ratschläge ihrer Tochter leise sagt: „Ich lebe gern, das ist der Kern!“ und damit auf ihrem eigenen Lebensrhythmus beharrt, auch wenn dieser für Tochter und Enkel zu langsam und nicht mehr zu begreifen ist, bleibt manchem doch das Lachen im Hals stecken.

Und wenn im Kicherer-Hof zwei Freundinnen über die dritte tratschen, die im Heim lebt und sich bitterlich über ihre Situation beklagt, führt der locker hingeworfene Satz: „Kindheit stirbt, Jugend verdirbt. Das Leben ist Verbrauch, für Lore gilt das auch“, zu einer bedrohlichen Kernfrage: „Ist altes Leben weniger wert?“

Engagierte Menschen helfen gerne

Die „Leonberger Stiftung Zeit für Menschen“ hat darauf eine eigene Antwort. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, alten und kranken Menschen in den drei Leonberger Häusern der Samariterstiftung, dem Samariterstift in der Seestraße, dem Seniorenzentrum am Parksee und dem Altenpflegeheim Höfingen, zusätzliche Zuwendungen zu ermöglichen. Dafür braucht es neben finanziellen Spenden auch engagierte Menschen, die ihre Zeit und ihre Fertigkeiten zur Verfügung stellen.

Einen Einblick in die oftmals schwierigen Alltagssituationen von älteren oder dementen Menschen und ihren Angehörigen hat das Ensemble von „Dein Theater“ mit den eigens dafür entwickelten Texten sehr humorvoll und ohne erhobenen Zeigefinger gegeben.

Und noch bevor das letzte Lachen verklungen ist, dringen unbehagliche Gedanken nach vorne und enthüllen die nicht immer willkommene Wahrheit hinter den witzigen Versen. Damit wurde ein Anliegen der Stiftung erfüllt: Aufmerksamkeit wecken für die Menschen, die in besonderer Weise auf die Geduld, die Hilfe und Zuwendung anderer angewiesen sind.

Wenn dabei ein unterhaltsamer Abend helfen kann, macht auch das Wetter mit. Die mitgebrachten Regenschirme kamen nicht zum Einsatz. Die milden Temperaturen sorgten für rege Gespräche und einen angenehmen Ausklang der Veranstaltung bei einem Glas Wein und herzhaftem Gebäck im Hof des Gemeindehauses.