Bernhard Schuler, so schien es, wollte Ulrich Vonderheid als OB verhindern. Doch nun setzt er einen eigenen Schlusspunkt unter die Dissonanzen mit seinem Stellvertreter.

Leonberg - Als Bernhard Schuler Mitte Dezember seine Weihnachtsgrüße an alle Mitglieder des Gemeinderates geschrieben hat, da hat er wohl bereits gewusst, dass er nicht erneut als Oberbürgergermeister kandidieren wird. Zu sehr klingen seine Worte nach einem Vermächtnis, zu offenkundig sind die Spitzen gegen jene, mit denen er im Clinch liegt.

 

Dabei handelt es sich in erster Linie nicht etwa um besonders kritische Stadträte. Hauptadressat dürfte vielmehr ausgerechnet sein Stellvertreter, der Erste Bürgermeister, sein. Mit Ulrich Vonderheid hat sich Schuler zwar kaum auf offener Bühne beharkt, hinter den Kulissen umso heftiger.

Es ist ein schleichender Prozess der Entfremdung, wobei beide wohl nie so wirklich zueinander gefunden haben. Hier der sachliche, stets bis an die Übervorsichtigkeit abwägende Jurist, dessen Lieblingsvokabeln Vernunft und Kontinuität sind.

Dort der leutselige Kaufmann, der schon weltweit Geschäfte gemacht hat, und der, so sagt er es von sich selbst, nach pragmatischen Lösungen sucht. Und der, anders als Schuler, eine Partei im Rücken hat.

Vonderheid ist Christdemokrat und hat seine kommunalpolitische Laufbahn, sei es an der Verwaltungsspitze im südhessischen Lampertheim oder bei der erfolglosen Kandidatur als Oberbürgermeister in Leimen, stets mit dem CDU-Ticket in der Tasche gestaltet.

In Leonberg musste sich der heute 51-Jährige zumindest teilweise umgewöhnen. Im hiesigen Gemeinderat wird weniger als in Hessen nach parteitaktischen Erwägungen agiert. Ein eigener Mann an der Stadtspitze ist zwar ein wichtiges, aber nicht das allein entscheidende Kriterium.

So konnte sich Vonderheid nicht immer auf die geschlossene Rückendeckung der CDU-Fraktion verlassen. Gerade bei der OB-Frage wurde das deutlich. Als der Erste Bürgermeister im Frühsommer intern durchblicken ließ, dass er sich den Griff nach dem ersten Amt in der Stadt durchaus zutrauen würde, hielt sich seine Partei auffallend zurück. Ein Zustand, der sich bis heute nicht erkennbar geändert hat. Den Amtsinhaber ließen die offenkundigen Ambitionen seines Stellvertreters weniger ungerührt. Das ohnehin nicht eben enge Verhältnis Schuler – Vonderheid kühlte noch mehr ab.

Bei Ratssitzungen saßen beide oft mit versteinerten Mienen nebeneinander. Selbst einige Fraktionsvorsitzende bemängelten in Gesprächen mit unserer Zeitung die Dissonanzen an der Rathausspitze.

Zum Eklat kam es im November bei einer Aufsichtsratssitzung der stadtnahen Versorgungsgesellschaft Leo-Energie. Der Aufsichtsratsvorsitzende Schuler warf dem Geschäftsführer Vonderheid dem Vernehmen nach nicht rechtmäßiges Handeln vor. Dieser soll daraufhin die Geschäftsführung hingeschmissen, seine Demission später aber wieder zurückgezogen haben.

Spätestens nach diesem Vorfall war für nahezu alle Insider klar: Schuler wird alles tun, um einen möglichen Oberbürgermeister Vonderheid zu verhindern. Schuler wird für eine vierte Amtszeit antreten.

Liest man aber die Weihnachtsworte des Oberbürgermeisters genauer, so ist ein Resümeecharakter und ein gewisser Abstand zu erkennen. Schuler bedankt sich bei den Stadträten für die „konstruktiv-kritischen Diskussionen und das gute Miteinander.“

Dann ein bemerkenswerter Satz: „Dort, wo einer sich zu weit von der konstruktiven Zusammenarbeit entfernte, hat der Gemeinderat Grenzen gesetzt.“ Es ist müßig darüber zu spekulieren, ob die Spitze Vonderheid gilt. Auffällig ist, dass Schuler gemeinsam mit dem Baubürgermeister Klaus Brenner, der sich aus den ganzen Debatten bewusst heraus hält, den Stadträten alles Gute wünscht und auf einen separaten Brief des Ersten Bürgermeisters verweist. Und tatsächlich hat Ulrich Vonderheid eher allgemein gehaltene Weihnachtsworte versandt. Nur die Formulierung, wonach „die eigene Meinung zwar subjektiv die richtige sein mag, was aber nicht zwingend von allen anderen so gesehen wird“, deutet auf die aktuellen Diskussionen hin.

Noch bevor das nie offen ausgerufene Duell zwischen Schuler und Vonderheid amtlich werden konnte, hat der OB Fakten geschaffen und an Silvester seinen Rückzug angekündigt. Mag sein, dass er sich an die Erkenntnis seines Vorgängers Dieter Ortlieb erinnert hat, der abgetreten war, als die meisten das noch bedauert hatten. Mag sein, dass sich der „ewige OB“ nun doch etwas gönnen will, was er in den vergangenen 24 Jahren quasi nicht hatte: ein Privatleben. Mit seiner Verzichtserklärung am Altjahrabend hat Schuler auf jeden Fall gezeigt, dass er der allein Handelnde ist. Auch wenn es um die eigene Amtszeit geht.