Das Autobahndreieck und der Abschnitt der Autobahn A 8 bis zur Ausfahrt Leonberg-West, wo die B 295 kreuzt, ist wohl die meistbefahrene Strecke der gesamten Region Stuttgart. Die Anwohner fühlen sich in Sachen Lärmschutz im Stich gelassen.

Leonberg/Renningen - Man verliert es oft aus dem Blick: Das Autobahndreieck und der Abschnitt der Autobahn A 8 bis zur Ausfahrt Leonberg-West, wo die B 295 kreuzt, ist wohl die meistbefahrene Strecke der gesamten Region Stuttgart. Mit der geplanten vierten Fahrspur von den Autobahn A 81 auf die A 8 und dem „Lückenschluss“ von B 295 und B 464 wird dieses System weiter ausgebaut. Dass dabei immer mehr Verkehr und damit Lärm auf die Anlieger zukommt, gerät ebenso gerne aus dem Blick. Schließlich wird immer nur der aktuelle Teilabschnitt betrachtet.

 

Genau dagegen machen nun die Lärmschutz-Initiativen aus Renningen und Leonberg mobil. Ewald Thoma von der Arbeitsgemeinschaft AVGL in Leonberg, Fred-Holger Günther und Wilhelm Schumm von den Bürgerinitiativen Hummelbaum und Kindelberg schließen sich zusammen. „Wir Bürger werden von der Politik im Stich gelassen“, klagen sie. Und meinen damit nicht so sehr die Kommunalpolitiker in den örtlichen Rathäusern – sondern die im Land- und Bundestag.

„Wir müssen das Verkehrssystem als Ganzes betrachten, nicht nur immer die einzelnen Teile“, fordert etwa Ewald Thoma. Weil in Stuttgart kein Nordost-Autobahnring existiere und wohl auch nie kommen werde, fließe der Fernverkehr komplett durchs Leonberger Dreieck. „Alle Autos fahren an Leonberg vorbei“, betont Thoma. Rund 147 000 Fahrzeuge am Tag. Laut Prognosen könnten es in fünf Jahren 170 000 werden.

Ein immer größerer Teil rollt zudem die sogenannte „Ersatzautobahn“ entlang, also die ausgebaute Strecke zwischen Böblingen und Renningen auf der B 464, und dann über die B 295 weiter zur A 8 – heute sind es 23 000 Fahrzeuge, hier rechnet man bis 2019 mit einer Zunahme auf 38 000 Autos. „Der Lärmschutz wird allerdings immer noch nach den völlig überholten Verkehrszahlen berechnet“, schimpft Fred-Holger Günther, der früher Sprecher eines Geschäftsbereichs und lange Zeit auch Direktor der Bosch GmbH war. Seit 2001 ist er im Ruhestand und lebt bereits seit vielen Jahren in Renningen. Nun ärgert Günther sich über die aus seiner Sicht verfehlte Politik.

Etwa beim sogenannten Lückenschluss zwischen B 295 und B 464. „Der Verkehrsminister ist zur Eröffnung im Frühjahr gekommen, obwohl die Planung nicht genehmigt war“, schimpft Günther. Tatsächlich war der provisorische Ausbau der viel befahrenen Kreuzung ein Husarenstreich des Landkreises, der einfach angefangen hat zu bauen – zur großen Verärgerung des Verkehrsministeriums. Seither streiten sich alle Seiten, ob die Kreuzung vollends ausgebaut oder so belassen wird. „Die Folge davon ist: keiner redet über den Lärmschutz“, kritisiert Günther. Dabei entstehe bis zu 65 Dezibel Krach entlang der Autobahn, der auf die Wohngebiete in Leonberg pralle. Auch in Renningen hat das Lärmschutz-Gutachten der Stadt hohe Belastungen für die Wohngebiete Kindelberg und Hummelbaum ausgemacht.

Zusammen mit seinen Mitstreitern Thoma und Schumm hat er an den Verkehrs-Staatssekretär Rainer Bomba in Berlin und ans Stuttgarter Regierungspräsidium geschrieben. „Die Antwort fällt immer gleich aus: Prinzipiell hätten wir Recht – aber man will den Lärmschutz erst prüfen, wenn die Kreuzung endgültig ausgebaut ist“, erklärt Fred-Holger Günther. Das werde aber wohl erst am Sankt-Nimmerleins-Tag der Fall sein – denn eine Einigung zwischen Landesregierung und den Kommunalpolitikern ist derzeit nicht in Sicht. Die Grünen wollen die Kreuzung erst mal austesten.

Auch beim sogenannten „Verflechtungsstreifen“, der die A 81 von Böblingen kommend mit der A 8 Richtung Heilbronn besser verbinden soll, fühlen sich die Lärmschutzgegner missachtet. „Das Regierungspräsidium wendet eine Planung an, die eigentlich für den Aufbau Ost gedacht war“, sagt Ewald Thoma. In diesen Schnellverfahren gebe es keine Bürgerbeteiligung und auch keine neue Messung von Lärmschutzwerten. Es gehe auch nicht nur um eine neue Einfädelspur zwischen den Autobahnen. „Tatsächlich ist das eine vierte Fahrspur, was die Belastung in Leonberg weiter erhöhen wird“, erklären Thoma und Günther.

Weil es also um das große Ganze geht, wollen die Bürgerinitiativen sich nicht nur zusammenschließen – sondern auch mit den Kommunalpolitikern an einem Strang ziehen. „Wir wollen den Kleinkrieg beenden und gemeinsam voranschreiten“, erklärt auch Wilhelm Schumm für die beiden Renninger Lärmschutz-Gruppen.

Der Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt ist in diesen Tagen ohnehin beim Regierungspräsidium, um über den Lückenschluss und den Lärmschutz zu reden. „Wir wollen ihm ein Signal der Unterstützung senden“, erklärt Fred-Holger Günther. Wenn man etwas erreichen wolle, dann gehe das nur gemeinsam – im Schulterschluss gegen Land und Bund, so der Plan.