Die zahlreichen mit Helmen bestückten Fahrräder machen schon draußen klar: viele Fahrradfreunde sind ins Rathaus Eltingen gekommen, um bei der Bürgerbeteiligung zum Radverkehrskonzept ihre Stimme zu erheben.

Leonberg - Die zahlreichen mit Helmen bestückten Fahrräder machen schon draußen klar: viele Fahrradfreunde sind ins Rathaus Eltingen gekommen, um bei der Bürgerbeteiligung zum Radverkehrskonzept ihre Stimme zu erheben. Doch auch viele Anwohner sind erschienen, beinhaltet doch das Verkehrskonzept drei Vorhaben, die besonders Eltingen betreffen: In der Renninger Straße und in der Rutesheimer Straße sind Radschutzstreifen geplant. Und die gesamte Bismarckstraße soll zu einer sogenannten Radstraße umgewidmet werden. Besonders dieses Projekt ist im Vorfeld kontrovers diskutiert worden.

 

Um im mit 80 Menschen voll besetzten Saal die Emotionen halbwegs im Zaum zu halten, haben sich der Baubürgermeister Klaus Brenner, der Planungsamtsleiter Peter Mauch und die städtische Fahrradbeauftragte Andrea Wexel ein besonderes System der Meinungsbildung ausgedacht. Auf roten Karten können die Besucher ihre Kritik äußern, auf grünen ihre Zustimmung. Weiße Karten sind für wertneutrale Vorschläge gedacht.

Begrifflichkeiten werden erläutert

Doch bevor es zum Votum geht, erklärt Andrea Wexel erst einmal die Begrifflichkeiten: Ein Radstreifen hat eine durchgezogene Linie. Hier haben Autos nichts zu suchen. Ein Schutzstreifen hat eine unterbrochene Linie. Auf ihn können Autofahrer zur Not ausweichen. Nach dem Schutzstreifen in der Grabenstraße sollen nun zwei auf beiden Seiten der Renninger Straße angelegt werden. Vier bis fünf Stellplätze würden so wegfallen.

Das sind doch viel mehr, heißt es im Publikum. Alle anderen dort abgestellten Wagen würden nicht auf offiziellen Parkplätzen stehen, kontert Wexel. Dann müsse man eben 200 Meter ins Wohngebiet Ezach II laufen. Dort gäbe es genügend Parkplätze. Murren im Saal.

Eine intensive Diskussion entspinnt sich um die Bismarckstraße. Würde diese zu einer Radstraße, gäbe es im Grunde nur zwei Änderungen. Radfahrer dürften nebeneinander fahren und nicht überholt werden. Außerdem müssten Autos einen Abstand von 1,50 Meter zum Rad halten. Tempo 30 gilt dort bereits. Die bestehenden Parkplätze bleiben.

An jeder Kreuzung müssten vier Hinweistafeln aufgestellt werden. Bei sieben Kreuzungen kommen so 28 Schilder für insgesamt 17 000 Euro zusammen. „Müssen es wirklich so viele sein?“, fragt der Freie-Wähler-Chef Wolfgang Schaal. „Ich habe sie nicht nachgezählt“, antwortet Andrea Wexel, die auf Nachfrage aus den Zuschauerreihen die Kosten aller drei Vorhaben mit 50 000 Euro beziffert.

Muss es überhaupt die Bismarckstraße sein, wollen verschiedene Zuhörer wissen. Dies sei für Radfahrer eine wichtige Ost-West-Verbindung, die sich die Agenda-Radl-Gruppe wünsche und die gerade von Schülern stark genutzt werde, erklärt die Fahrradbeauftragte. Schüler würden auch die Wilhelmstraße nutzen, meint ein Zuhörer. „Entweder die Bismarckstraße oder gar keine“, entgegnet Wexel.

Ein anderer Zuhörer erkundigt sich nach der jetzigen Nutzung der Bismarckstraße durch Radler: „Wie viele fahren da am Tag: 50, 100, 1000? Wenn die Räder nicht die dominante Verkehrsgruppe sind, kann eine Straße nicht einfach zur Fahrradstraße umgewidmet werden“, sagt er.

Die städtische Mitarbeiterin beruft sich auf Umfragen unter Schülern und im Internet. Die hätten eine große Nutzung durch Radler bestätigt. Zudem sei es ein politisches Ziel, dass die Radler die Hauptnutzer der Bismarckstraße werden sollen.

In der Sache kaum umstritten ist der Schutzstreifen in der Rutesheimer Straße. Hier sind weder Parkplätze noch andere Anwohnerinteressen tangiert. Allerdings gibt es im Publikum Befürchtungen, dass es in der Bahnunterführung für Radfahrer eng, mithin gefährlich werden kann. Gerade weil hier viele Lastwagen mit hoher Geschwindigkeit unterwegs sind. An einer anderen Gefahrenstelle, wo der Glemsmühlenradweg die Rutesheimer Straße überquert, soll eine Bedarfsampel für Radler zusätzliche Sicherheit bringen.

Ausgewogenes Stimmungsbild

Die eigentliche Bürgerbeteiligung, das Ausfüllen der roten, grünen und weißen Karten, deutet auf ein ausgewogenes Stimmungsbild hin, wobei die kritischen roten Karten bei der Bismarckstraße und der Renninger Straße leicht überwiegen.

Für mehr Verwirrung als für Klarheit sorgt ein System, mit dem die Bürger ein für sie wichtiges Projekt mit drei roten Zusatzpunkten aufwerten können. Doch nicht wenige deuten den roten Punkt als Negativvotum und kleben ihn ausgerechnet an jene Vorhaben, die sie ablehnen.

Baubürgermeister Brenner verspricht, dass die farbigen Meinungskarten nun genau ausgewertet werden. Die Ergebnisse bekommt der Gemeinderat für die endgültige Abstimmung über das Radwegekonzept zur Verfügung gestellt. Das ist zwar im Prinzip schon beschlossen worden. Doch weil Kritik an den Vorhaben in der Bismarckstraße und der Renninger Straße laut wurden, wollen die Stadträte die Details erneut beraten.