Der Renninger muss sich wegen versuchten Totschlags am Stuttgarter Landgericht verantworten.

Leonberg - Der 63 Jahre alte Renninger, der sich derzeit am Stuttgarter Landgericht wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchten Totschlags verantworten muss, war bei seiner Tat im Juli offenbar nicht zurechnungsfähig (wir berichteten). Zu diesem Ergebnis kam der psychologische Sachverständige, der am dritten Verhandlungstag des vor der 9. Schwurgerichtskammer geführten Prozesses sein Gutachten vorlegte.

 

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Renninger vor, dass er im vergangenen Juli seine Ehefrau gewürgt haben soll. Zwar hatte dieser nach Einschätzung der Rechtsmedizinerin seiner Frau fast eine ganze Minute lang den Hals zugedrückt. Doch laut der Ärztin hatte für die 46-Jährige noch keine „konkrete Lebensgefahr“ bestanden, zumal diese bei dem Übergriff auch nicht das Bewusstsein verlor. Bei der Tat handelt es sich womöglich um ein Eifersuchtsdrama. Der angeklagte Rentner war offenbar ausgerastet, nachdem er seine Frau mit einem früheren Arbeitskollegen beim Trinken in der Küche angetroffen hatte, weil er die beiden laut eigener Aussage schon mal fast in flagranti erwischte.

Angeklagter hatte einiges intus

Die hohe Alkoholisierung des Angeklagten – damals wurden 2,2 Promille bei dem Mann gemessen – reiche zwar nicht aus, um von einer verminderten Steuerungsfähigkeit zu sprechen, weil dieser Alkohol in großen Mengen gewöhnt gewesen sei. „Aber rechnet man zu der alkoholischen Enthemmung auch noch die affektive Einengung hinzu, so muss man von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgehen“, erklärte der Facharzt für Psychiatrie. Zuvor hatte der Sachverständige nach einer Untersuchung des Mannes im Gefängnis in Stammheim psychologische Krankheiten wie auch eine krankhafte seelische Störung ausgeschlossen. Eindeutig sei hingegen, dass der 63-Jährige ein Alkoholproblem habe. „Sein Trinkverhalten deutet darauf hin, dass er im Übergang zwischen einem schädlichen Missbrauch und einer Abhängigkeit ist“, erklärte der Facharzt, verneinte aber einen Vollrausch bei der Tat.

Folglich hielt der Experte eine Unterbringung des Mannes in einer psychiatrischen Klinik nicht für notwendig. „Ich kann dem Angeklagten lediglich empfehlen, dass er sich an eine Beratungsstelle wendet, um sein Alkoholproblem in den Griff zu bekommen“, sagte der 56-Jährige, der auf Nachfrage des Richters, wie er denn die Erfolgsaussichten im Falle eines gerichtlich angeordneten Aufenthalts im Maßregelvollzug einschätze, von einer zügigen Genesung sprach.

War es Alkohol oder waren es die Tabletten?

Dass sich der angeklagte Rentner weder an seine Würg-Attacke noch daran erinnern konnte, dass er sich den Schnitt am Arm durch Glasscherben beim Herumwälzen auf dem Boden zugezogen hatte, lag dem Psychiater zufolge aber nicht an dessen erheblicher Alkoholisierung, sondern an den Beruhigungstabletten, die ihm der Notarzt verabreicht hatte – damals war der Renninger nicht ansprechbar und wurde bei der Einlieferung ins Krankenhaus direkt auf die Intensivstation gebracht. „Die verabreichte Menge hätte den Angeklagten auch töten können, weil der Notarzt nicht wissen konnte, wie stark alkoholisiert er war“, monierte der Sachverständige.

„Ich muss zugeben, dass ich nach dem Lesen der Akte einen gänzlich anderen Gesprächspartner erwartet hatte“, sagte der Sachverständige, der von einem gefassten und sympathischen Mann erzählte. Dieser habe in der „zerrütteten Ehe“ nur deswegen nicht schon früher den Schlussstrich gezogen, weil er befürchtete habe, dass damit auch der Kontakt zu den beiden Kindern abreiße.

Das Urteil in diesem Fall wird in den nächsten Tagen erwartet.